Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting страница 15

Автор:
Серия:
Издательство:
Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting

Скачать книгу

dann auf dem Waldweg. Er wusste, dass er sich links halten musste, lief einfach in dieser Richtung weiter, bekam Seitenstiche – und blieb wie angewurzelt stehen: Vor ihm, nur einen Steinwurf entfernt, stand mitten auf dem Weg der Soldat. Er lehnte an seinem Pferd, so als habe er auf ihn gewartet. Auf dem Pferd sitzend hatte er eben größer ausgesehen, jetzt war er eher klein und rundlich. Dennoch: Wie er so dastand, mitten auf dem Weg, mit seinen dicken braunen Stiefeln, deren Schäfte über die Knie hochgeklappt waren, mit seiner Uniform und dem matt glänzenden Helm auf dem Kopf, da machte er Franz schon ein wenig Angst. Ein Übriges tat der Degen an der Seite, dessen Griff in der Sonne blinkte. Schwer atmend stand Franz auf dem Weg, dem Soldaten gegenüber, wischte sich mit einer unbewussten, raschen Bewegung die Tränen aus dem Gesicht und wagte sich nicht weiter. Einen kurzen Augenblick regte sich weder er noch der Soldat, dann stieg dieser ruhig auf sein Pferd und kam langsam auf ihn zu. Sein Atem flog, sein Herz schlug sich an den Rippen wund, die Furcht zerriss ihn fast, drängte ihn, den Abhang wieder hinunter zu laufen, aber er blieb stehen! Auch dann noch, als das Pferd dicht neben ihm stand.

      „Geh nach Hause, Junge!“ Der Soldat hatte ganz ruhig zu ihm gesprochen. Die Stimme klang freundlich und er wagte es, zu ihm hochzusehen. Er schaute in ein unrasiertes, von schwarzen Stoppeln übersätes Gesicht. Überhaupt wirkte der Mensch da auf dem Pferd, aus der Nähe betrachtet, ziemlich ungepflegt, aber er schaute freundlich und irgendwie verstehend auf ihn herunter. „Komm, geh wieder nach Hause!“

       Franz wagte ein vorsichtiges „Nein! – Ich will zu meiner Mutter!“

      „Ich weiß! Du wärst wohl auch kein richtiger Junge, wenn du nicht wenigstens versucht hättest, sie noch einzuholen. Deswegen habe ich hier gewartet. Ich wusste ganz sicher, dass du kommen würdest.“

       Die Tränen hörten einfach nicht auf zu laufen und Franz wischte sich wieder mit dem Handrücken durchs Gesicht, zog rasch und hörbar die Luft in der Nase hoch. Er hatte plötzlich keine Angst mehr vor dem Menschen, der da so verständnisvoll zu ihm redete.

      „Aber glaube mir: Du wirst sie nicht mehr einholen und kannst nicht mehr mit ihr reden. Geh jetzt nach Hause und warte, es wird schon alles gut.“

      „Aber warum habt ihr sie abgeholt und gefesselt?“ Die Frage kam eindringlich und Franz bemühte sich, das Schluchzen zu unterdrücken, während ihm die Tränen nun erneut über die Wangen liefen.

      „Weil man uns den Befehl gegeben hat das zu tun!“

      „Aber warum denn? Meine Mutter kann niemandem etwas tun?“

      „Warum, warum? – Wenn man einen Befehl bekommt muss man den Ausführen! Da kann man nichts machen. Mir gefällt das auch nicht immer!“ sagte der Soldat.

      „Aber warum denn meine Mutter?“ Die Tränen liefen nun wie Sturzbäche durch sein Gesicht, seine Hand fuhr zur Abwechslung mal unter der Nase durch.

       Der Mensch auf dem Pferd schob seinen Metallhelm etwas nach hinten und wischte sich über die Stirn. „Das kann ich dir auch nicht so genau sagen, mein Junge! Darum sei vernünftig und geh jetzt zurück zum Hof!“ Er ritt ein paar Schritte weiter, wendete sein Pferd und kam dann wieder zurück.

      „Wo habt ihr sie hingebracht?“

       Der Soldat hielt noch einmal an und schaute auf ihn herunter. Irgendwie schauten seine Augen jetzt traurig: „Du kannst fragen Junge! – Wir bringen sie jetzt zuerst in den Turm und wenn alles vorbei ist, bringen wir sie wieder zurück. So, und jetzt geh! Und unterstehe dich, hinter mir herzukommen!“ Sein Finger wies in die Richtung, aus der Franz vor wenigen Augenblicken gekommen war. Dann gab er seinem Pferd die Sporen und im Nu war er fort.

       Franz schaute ihm hinterher, bis er verschwunden war, dann fielen ihm die Schultern nach vorn und es brach ungehemmt aus ihm heraus. Laut schluchzend, zwischendurch aufheulend wie ein junger Hund schleppte er sich geradezu den Berg wieder hoch. Und erst als Lina ihn tröstend an sich gedrückt hatte, an das Kleid, aus dem immer noch die Angst hervor strömte, beruhigte er sich langsam. Als sie ihn am Brunnen abwusch, merkte er, dass er sich bei seinem Sturz Beine, Arme und das Kinn aufgeschlagen hatte. ...

      „Das war einfach grausam!“ Franz schüttelte langsam den Kopf, „Anna hat damals wohl am meisten gelitten. Sie hat sofort sehr hohes Fieber bekommen und nichts mehr gegessen, tagelang nicht!“

      Eine ganze Weile war es still! Nur das rauschende Atmen des Grases und der Bäume war zu hören.

      Pater Gregor erhob sich mit einem Seufzer, lenkte für einen Augenblick die Aufmerksamkeit auf sich, besser: auf seinen Schatten. Übergroß von der Glut des Feuers an die Hauswand projiziert, bewegte er sich von ihnen fort.

      Therese beugte sich etwas vor, schaute ihm nach bis zum Ende der Hauswand. Wortlos band er dort sein bereits zum Heimritt gesatteltes Pferd wieder los und brachte es in den Stall zurück.

      „Was wohl aus Anna geworden ist?“ Immer noch schaute sie die Hauswand entlang, drehte sich erst um, als sie hörte, wie Franz nach einer ganzen Weile tief einatmete, um ihr zu antworten.

      „Der Pater wusste, dass man sie zu den Zisterzienserinnen nach Landshut gebracht hatte. Sie war dort gut aufgehoben, und er hat dafür gesorgt, dass sie dort bleiben konnte.“ Er sah sie nicht an, sah zu Stefan, der, seinen Kopf auf beide Hände gestützt, Therese nicht aus den Augen ließ, und schweifte dann hinaus zur großen Wiese.

      „Und?“ Als er sich ihr zuwandte, sie einen Augenblick nur ruhig ansah, wusste sie um die Antwort.

      „Das Kloster ist 34 überfallen und geplündert worden und 35 hat die Pest dort gewütet. Der Pater ist später am Kloster gewesen. Er hat niemanden gefunden, der ihm sagen konnte, was aus Anna geworden ist. Vor drei Jahren bin ich selbst drüben gewesen; es gibt keine Spur von ihr.“ Er wandte sich wieder von ihr ab, „Tatsache ist, dass viele Nonnen des Klosters an der Pest gestorben sind – ebenso wie viele Menschen im Umland. Es tut mir leid, dass ich dir nichts anderes sagen kann.“ Ohne sich ihr zuzuwenden sagte er dies, blickte einfach weiter geradeaus, während sie ihn unbewegt ansah.

      Stefan räusperte sich und stand unbeholfen auf von seinem wackeligen Holzklotz, um nach dem Feuer zu sehen.

      „Wenn man sich vorstellt, dass das, was sie mit uns gemacht haben, fast normal ist in diesen Zeiten. Da draußen geschehen jeden Tag Dinge, die mag man gar nicht glauben, wenn man sie nicht erlebt hat!“

      „Du hast sie erlebt?“

      Gedankenverloren nickte sie vor sich hin, „Ja, so einige, Franz!“ Sie schaute den Funken nach, die wild aufwirbelten als Stefan einige Holzscheite auf die Glut schichtete. Unvermittelt dann: „Sei froh, dass du damals den Karren nicht mehr erreicht hast, es ist dir einiges erspart geblieben!“

      „Auf der Fahrt? Warum?“ Er fragte ohne den Blick aus dem Feuer zu nehmen, wandte sich ihr nicht zu.

      „Du hättest mit ansehen müssen, wie deine Mutter auf der ganzen Fahrt durch die Stadt beschimpft und sogar bespuckt wurde. Kannst du dich noch an den Schuhmacher Beuteler erinnern? – Der ist dem Wagen durch die ganze Stadt gefolgt, hat mich ausgelacht und beschimpft, ebenso wie die Wiesner! Alle ihre Kinder habe ich blitzsauber geholt, und dann rennt die keifend hinter dem Wagen her.“ Sie beugte sich rasch über den Tisch und nahm ein bereits abgebrochenes Stück Brot. Stefan hatte gerade die Hand danach ausgestreckt. Und während er sich mit dem anderen Arm durch das erhitzte Gesicht und über die tränenden Augen wischte, grabbelte er suchend auf dem Tisch herum, unterbrach

Скачать книгу