Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting

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Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting

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erschrecken, erhob sich Therese von ihrem Hocker, wischte sich mit der flachen Hand, ohne den Blick abzuwenden, die Tränen aus dem Gesicht und trat dicht an die Stäbe, um besser sehen zu können. „Wer bist du?“ in dem Gewölbe klang ihre Stimme dumpf, blieb ohne Antwort. Das Wesen auf der anderen Seite schaute sie regungslos an. „Bitte – sag etwas.“ Nichts! „Kannst du mich verstehen?“

       Die müden Augen schlossen sich einen Moment, „Ich kann dich verstehen.“ Flüssig, aber langsam kamen die Worte herüber, getragen von einer Stimme, die vertrocknet krächzte.

      „Was ist mit dir?“ Therese versuchte, durch die Stäbe etwas zu erkennen, musste eine Weile auf die Antwort warten. Deutlich sah sie, wie es in dem Gesicht arbeitete, wie der Mund aufging, sich wieder schloss, so als brächte die Ärmste nicht heraus, was sie schon auf der Zunge hatte. Dann, als müsse es einfach heraus: „Sie - sie haben mich gestern verhört!“

      „Der Pocher?“ fast atemlos schoss sie diese Frage ab und erschrak selbst über ihre ungewollt laute Stimme.

      „Der Pocher und...“ sie kniff die Augen zu, verzog das Gesicht, als plage sie brennender Schmerz. „So etwas dürfte der Herrgott nicht zulassen!“ Aufstöhnend verschwand das Gesicht langsam nach unten.

      „Bist du aus Eichstätt?“ Sie hatte lauter gerufen, wollte das Gesicht aufhalten, hörte ihre Worte als dumpfes Echo. Die Angst war wieder da. Sie zitterte. Wollte noch reden. Nur nicht schweigen und grübeln!

      „Ich bin – die Raußbacher!“ Die Antwort kam von ganz unten, kam gequält mit einer langen Pause.

      „Du bist die Raußbacher? Mein Gott!“ Bestürzt starrte Therese in den anderen Verschlag hinüber, konnte jedoch nichts mehr erkennen.

       Sie kannte die Raußbacher gut, die unten am Fluss eine alte Kate bewohnte. Jeder kannte die alte Raußbacher, die etwas derb im Ton, sonst aber sehr gutherzig war und gefärbte Garne sowie Wässerchen gegen Mundfäule verkaufte. Diese hier war kaum noch als Raußbacher zu erkennen.

       Therese zitterte, spürte plötzlich, dass sie einer dringenden Notwendigkeit gehorchen musste. Dabei: „Was haben sie mit dir gemacht?“ Sie erhielt keine Antwort, kein Laut unterbrach die Stille. „Sag doch etwas!“ Vergebens! Das Schweigen drückte sie wie etwas Großes, Schweres aber Unbekanntes nieder auf den Hocker. Gedankenverloren starrte sie gegen die dunkle Holzwand, merkte nicht wie Stunde um Stunde verrann.

       Ein Geräusch ließ sie hochfahren.

       Irgendwann in der Nacht hatte sie sich in die stinkende Decke gehüllt, in die feuchte Strohkiste gelegt und war eingeschlafen. Jetzt hörte sie deutlich Schritte auf der Treppe, rasche Schritte, keine Stiefel, aber etwas klapperte. Ein Lichtschimmer fiel in den Gang, huschte über das raue Holzgatter auf der anderen Seite des Ganges, sprang dann über die ungleichmäßigen Steine der Gewölbedecke, sprang zurück, fiel mal auf den buckeligen Lehmboden, wurde kräftiger und stand dann endlich still, aber vor dem Gang. Therese zwängte sich ganz in die Ecke zwischen Holzwand und Gatter, versuchte verzweifelt die Quelle des Lichtes zu erkennen, aber die Türhölzer versperrten ihr die Sicht. Unvermittelt begann das Licht wieder zu wandern, flackerte in den Gang hinein, zog mit dem Schein hundsgemeine Hoffnung hinter sich her. Dann kam sie herangewatschelt. Therese erkannte sie sofort am Gang und an den Körperumrissen, die sich deutlich vor dem Licht abhoben: die Jaschke! Klein, aber überaus füllig, schlampig und zänkisch, so kannte sie wohl jeder in der Stadt. Sie blieb am Verschlag gegenüber stehen, schaute kurz suchend hinein und öffnete dann dicht über dem Boden eine Klappe, wobei sie sich, die Füße auseinandergestellt, vornüberbeugen musste. Ihr Kittel rutschte um einiges nach oben, gab den Blick frei auf ein paar kräftige, weiße Waden und deutlich schmuddelige Fesseln und Füße. Dick aufgequollen spannten sie die Riemen der ausgetretenen Latschen.

      „Den Eima, Raußbacha!“ Ihre Stimme klang stumpf, gewöhnlich, als wäre sie ihr zu schwer! Einen Augenblick blieb sie so vornüber gebeugt stehen, wartete. Die Öffnung in der Verschlagwand blieb leer, kein Lebenszeichen auf der anderen Seite des Verschlages. „Dann eben nicht!“ Sie schob eine Holzschüssel durch die Luke, schloss diese und watschelte zurück zum Licht, ohne zur Seite zu sehen.

       Gleich darauf erschien sie wieder im Gang, verdrängte für einen Moment das Licht, blieb vor Therese stehen, von ihr getrennt durch das Holzgitter. Die eine Hand auf die ausladende Hüfte gestützt, in der anderen eine Holzschüssel und ein Brotkanten, betrachtete sie Therese aus ihren kleinen, viel zu weit auseinander stehenden Mausaugen. Wie dunkle Löcher wirkten sie in dem breiten, flächigen Gesicht, blickten ruhig, abschätzend von oben nach unten.

       Langsam, etwa so wie eine zähe Flüssigkeit verläuft, verzog sich ihr Gesicht zu einem schmierigen Grinsen, „Guck mal an! Das ist mal was anderes als auf´m Köblerhof – oder?“ und etwas leiser, „Aber brauchst ja nicht lange hier zu bleiben!“ Ihr Grinsen war unerträglich gemein.

      „Jaschke, du kennst mich! Ich habe deiner Schwester bei ihren Kindern geholfen! Du weißt, dass ich nichts verbrochen habe. Jaschke lass mich raus hier! Hörst du?“ Therese stand dicht am Gatter, streckte eine Hand durch die Stäbe – bittend.

       Die Jaschke verlagerte ihr Gewicht etwas rückenlastig. Das Grinsen wurde noch um eine Spur breiter, niederträchtiger „So ist´s recht: Bettle ruhig, solange du´s noch kannst! – Einen Teufel werd ich tun!“ Bückte sich, öffnete die Klappe, die Therese noch gar nicht wahrgenommen hatte, und schob die Holzschüssel mitsamt Brot in den Verschlag. Klappte die Luke mit einem Fußtritt wieder zu und verschwand zum Licht, hocherhobenen Hauptes, mit wackelnden Hüften.

       Einen Moment später war es wieder finster. Auf der Treppe quälte sich die Jaschke nach oben.

       Therese schaute in den Verschlag auf der anderen Seite des Ganges, horchte. Es war absolut still!

      „Raußbacher!“ Sie presste ihr Gesicht nah an das Holzgitter der Tür, horchte angestrengt. Es blieb still, keine Reaktion. Und dann war es das Entsetzen, das sie packte, das sie am Gatter rütteln ließ, sie so laut rufen ließ, dass sie vom Widerhall aus dem Turminneren zurückfuhr: „Raußbacher sag was!“ Stille! Dann, endlich, ein mattes Stöhnen. Stroh raschelte und sie konnte auf der anderen Seite eine Bewegung erkennen. „Raußbacher komm hoch, du musst was essen!“ gespannt schaute sie hinüber, angelte sich die eigene Holzschüssel, die noch unberührt auf der Erde stand, roch daran: Erbsebrei, das Brot lag darin, weichte langsam auf. Unendlich schwerfällig kam auf der anderen Seite der Kopf hoch und wieder schauten sie die Augen nur kraftlos und unverwandt an.

       Therese schauderte, hielt die Holzschüssel zitternd mit beiden Händen, „Raußbacher, lass mich nicht alleine hier unten! Iss was, sonst schaffen wir es nicht!“ Die Alte auf der anderen Seite schloss müde die Augen, schüttelte schwach den Kopf, um gleich darauf mit weit aufgerissenen Augen in Richtung Turm zu schielen. Ungeheure Angst verzerrte das bisher so leblos wirkende Gesicht, presste tiefe Falten in die Stirn, zerrte den Mund weit auf.

       Mit Grausen verfolgte Therese die Veränderung im Gesicht der anderen, stand wie versteinert, hörte die schweren Schritte auf der Treppe, auf dem Gang, vermochte kaum noch die Schüssel zu halten.

       Wieder war es der Ältere, der den Verschlag auf der anderen Seite öffnete, gleichgültig, fast schläfrig. Der Narbige zwängte sich durch die Tür hinein in den Verschlag, bückte sich nach rechts und zog dann etwas Schweres vom Boden hoch. Grässliche, nie zuvor gehörte menschliche Laute, die vermutlich als verzweifelte Schreie gesandt wurden, aber eher wie unendlich in die Länge

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