Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting

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Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting

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auf den Pater, „Ich sehe ihn noch heute, wie er seine feinen Hände rechts und links des vollgeschriebenen Papiers auf dem Tisch liegen hat und mich mit seinen kalten, grauen Augen zwingt, ihn anzublicken. …

      „Therese Driesner! Wegen zahlreicher Anzeigen und Zeugenaussagen, denen dieses Hohe Gericht nachzugehen hatte, werdet ihr der Hexerei, Zauberei und der Teufelsbuhlschaft beschuldigt und vor diesem Hohen Gericht angeklagt.“

       Als hätte er in einer fremden Sprache zu ihr gesprochen, schaute Therese den Weißhaarigen mit krausgezogener Stirn und geöffnetem Mund an. Seine Stimme tat ihr weh und immer noch glaubte sie an einen Irrtum.

      „Der Schreiber wird euch jetzt die Anklageschrift der Reihe nach vorlesen. Ihr tut gut daran, genau zuzuhören,“ dann etwas langsamer mit drohendem Unterton, „und Punkt für Punkt zu bekennen!“

      „Bekennen? Was soll ich denn bekennen? Ich habe doch nichts Unrechtes getan!“ Unwillkürlich hatte sie ihre Hände in hilfloser Gebärde vorgestreckt, schaute verzweifelt zu ihrem Gegenüber, zu Pater Gregor, der sie reglos und irgendwie erschrocken ansah, zu ihrem Gegenüber, der sich unbeeindruckt im Stuhl zurücklehnte.

      „Das Papier,“ seine Hand wies auf die sauber beschriebenen Blätter vor ihm auf dem Tisch, „spricht eine andere Sprache! Also,“ er zog seine Augenbrauen hoch, wieder der drohende Unterton, „redet nicht lange herum! – Schreiber!“ Ein kurzer Blick zur linken Tischseite, wo ein noch junger Mann, vornüber gebeugt, mit rascher Feder das eben Gesagte auf dem Papier festhielt. Danach griff dieser zu einem anderen Papierstapel, weiter vorn auf dem Tisch, und erhob sich mit einer geradezu eckigen Bewegung. Er war sehr groß, spinnenartig dünn und hatte, obwohl der jüngste im Raum, schon schütteres, rötliches Haar. Nach einem knappen, eckigen Kopfnicken in Richtung des Weißhaarigen, begann er mit überraschend tiefer Stimme zu lesen, eintönig, so als handle es sich bei dieser Schrift um eine unwichtige, amtliche Bekanntmachung.

       Therese fiel es schwer, dem monotonen Vortrag des Schreibers zu folgen. Ungemein schnell reihte er Wort an Wort, ohne dabei die Stimme zu heben oder zu senken.

       Als sein Redefluss dann so unvermittelt endete, als habe er mitten im Satz gestoppt, schaute ihn Therese, entgeistert an, unfähig zu reagieren. Sie schaute wie durch einen Tunnel, sah nichts anderes als den, der sie soeben, in gefühllose Amtssprache gekleidet, schon mit dem ersten Anklagepunkt als berechnend mordende Hexe dargestellt hatte.

       Heimtückisch habe sie sich in der Nacht in den Zagelhof geschlichen, habe plötzlich leuchtend im ansonsten fast dunklen Schlafzimmer gestanden. Und das genau in dem Moment, als die Geburt des ersten Kindes unmittelbar bevorstand, sich die Jungbäuerin in den letzten Wehen wand. Einfach eingemischt habe sie sich, habe den Geburtsvorgang durch Zauber abgebrochen, Mutter und Kind dadurch getötet und sei dann, so plötzlich wie sie gekommen auch wieder verschwunden.

      „Und?“ Die Stimme des Weißhaarigen löste ihren Blick, rief sie zurück, schärfte plötzlich ihre Sinne für die Gefahr, in der sie schwebte. „Steht da nicht schweigend herum! Steht zu eurer Schuld und gebt zu, was man euch vorwirft!“

      „Zugeben? Ich kann doch nichts zugeben, was nicht wahr ist!“

       Der Gesichtsausdruck ihres Gegenübers bekam etwas Lauerndes „Nicht wahr? Und was ist wahr?“

      „Wahr ist ...“ Sie sah eine Möglichkeit. Schilderte minutiös, was sich in besagter Nacht wie zugetragen hatte. Ihr Gegenüber hörte ihr regungslos zu, wartete stumm einen Moment, als sie ihre Schilderung beendet hatte und nickte dann, ohne jegliche Erwiderung, dem Schreiber zu, der in gehabter Manier nun den nächsten Punkt vortrug.

      „Der Fall Rossschläger!...“ Wieder stand der Schuldvorwurf des „satanischen Kindmordes“ und hier außerdem der Vorwurf des „Leichendiebstahls und der Leichenschändung, wie Hexen dies tun“ im Raum.

       Therese widersprach, erklärte, legte dar: Auch in diesem Fall wurde Therese zu spät gerufen. Das Kind hatte sich die Nabelschnur um den Hals gewickelt, starb praktisch direkt nach der Geburt und ohne Nottaufe. Wie üblich hatte sie es auf dem Gebeineacker oberhalb Eichstätts beerdigt.

       Ohne die Haltung zu ändern hob der Weißhaarige kurz die Hand in Richtung Schreiber, der den nächsten Fall vortrug. Und so ging es immer weiter: Der Schreiber las einen Fall nach dem anderen vor, Therese erinnerte sich, legte dar, erklärte, — „der nächste Fall“!

       Insgesamt waren es vierzehn Anklagepunkte, derer sie sich zu erwehren versuchte, ohne erkennbare Wirkung auf der anderen Seite des Tisches. Rechts und links des Weißhaarigen las sie nur hochmütige Gleichgültigkeit in den Gesichtern, Pater Gregor ausgenommen, der sie geradezu mitleidig ansah.

       Als der Schreiber sich setzte, war es für wenige Augenblicke sehr still im Raum. Der Weißhaarige schaute sie ruhig an – immer noch lag etwas lauerndes in seinem Blick. Die Feder des Schreibers kratzte leise, aber offenbar mit raschen Strichen über das Papier. Hinter ihr räusperte sich einer der Büttel.

       Der Weißhaarige löste sich aus seinem Stuhl, beugte sich vor an den Tisch, wobei sein Blick auf dem Papier ruhte, welches vor ihm auf dem Tisch lag. Als er sie, die nun endlich eine Reaktion, eine Würdigung ihrer Richtigstellungen erwartete, wieder ansah, traf sie ein eigenartiger Blick. Die Augen leicht zusammengekniffen, das Gesicht gespannt, schaute er sie von unten herauf an: hinterlistig oder gar tückisch, „Ist euch aufgefallen, dass ihr zu jedem der vorgelesenen Anklagepunkte eine plausible, euch in jedem Falle entlastende Erklärung abgeben konntet?“ Er sprach leicht verlangsamt, hatte die Lautstärke zurückgenommen, eine Veränderung, die Therese im Zusammenspiel mit dem Gesichtsausdruck Angst machte! „Die drei toten Kinder starben ohne eure Schuld und Einwirkung, ebenso die Zagelbäuerin – ohne eure Schuld! Der von euch lahm gehexte und seiner Manneskraft beraubte Schuhmacher hat euch gewalttätig bedrängt und wurde dann bei eurer Gegenwehr verletzt. Ihr habt kein Unwetter und Gewitter gemacht, sondern eine störrische Kuh rufend und mit den Armen wedelnd nach Hause getrieben und so weiter, und so weiter! Wir alle,“ seine Hand deutete lässig und etwas ironisch einen Kreis an, „sollen also glauben, dass die vorgetragenen Anklagepunkte samt und sonders falsch sind, Meldungen boshafter Nachbarn oder einfach Irrtümer!“

       Umsonst! Therese war schlagartig klar, dass alle ihre Schilderungen und Erklärungen umsonst gewesen waren. Ihr Gegenüber glaubte ihr kein Wort. Tränen schossen ihr in die Augen, verzweifelt ballte sie noch einmal ihre Fäuste vor dem Bauch „Bitte! Ihr müsst mir glauben! Ich habe euch die Wahrheit gesagt! Ich habe nichts Unrechtes getan! Bitte!“ Mehr wusste sie nicht zu sagen, zitterte am ganzen Körper.

       Ihr Gegenüber schaute sie immer noch unverändert an. Da war noch etwas, sie spürte es, sah es hinter seinen Augen. Und dann: „ Gut! Dann bin ich nur gespannt, was euch zum letzten Punkt einfällt!“ Therese wischte sich mit einer hastigen, fahrigen Bewegung die Tränen aus dem Gesicht, starrte ihn an.

      „Die Raußbacher, ihr kennt sie doch, oder?“

       Eine einfache Frage; Therese nickte verwirrt.

      „Die Raußbacher kannte euch auch! Sie hat euch benannt! Hat euch bei mehrfachem Nachfragen einwandfrei benannt!“ Seine Augen wurden stechend, er lauerte wieder!

      „Was hat die Raußbacher mich?“ Sie verstand den Sinn der Worte nicht, zog die Stirn kraus.

      „Die Raußbacher hat euch beim großen Buhlfest mit dem Bösen gesehen,“

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