Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting

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Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting

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bist gefoltert worden?“ Franz sagte das bestürzt, fast leise, und er musste einen Moment warten, bevor er eine Antwort bekam.

      Therese blickte auf den Tisch, still, sinnend, „Nicht so wie die Raußbacher! Aber auf eine bestimmte Weise doch!“...

       Das war etwas, was sich ganz fest in ihr Gedächtnis eingebrannt hatte, dieser Augenblick, als sich der Narbige damals von der Raußbacher abwandte und sich dann in ihr Verließ zwängte. Sein entstelltes Gesicht war aufgedunsen, wirkte erregt, gewalttätig, trieb ihre Angst bis zum Überschlag. Ohne ein Wort, ohne einen Laut von sich zu geben, griff er sie einfach, so wie man nach einer widerstrebenden Ziege greift, zerrte sie aus ihrem Verließ heraus, durch den Gang, schob sie die Treppe hinauf – rasch, gefühllos. Schob sie oben durch das Turmrund, und endlich durch die tief in der Wand liegende Tür auf einen kurzen, dunklen Gang. Direkt vor ihr sickerte aus einem Türspalt etwas Licht und mit dem Licht Stimmen und einzelne Gesprächsfetzen zu ihr ins Dunkle. Der Narbige hielt einen Augenblick inne, wartete auf den Älteren, der schnaubend hinter ihnen herkam. Dann drängte die Hand auf ihrem Rücken sie wieder vorwärts gegen die Tür. Unwillkürlich schob sie die Tür mit beiden Händen auf, ließ das aufgestaute Licht auf den Gang hinaus, während die Stimmen schlagartig aufhörten zu sickern und verstummten. Dafür guckten ihr aus dem Raum fünf Augenpaare abschätzend, teils verächtlich aus strengen und selbstgefälligen Gesichtern entgegen, erfassten jeden ihrer verhaltenen Schritte, mit denen sie vorwärts in den Raum geschoben wurde.

       Ziemlich genau in der Mitte des Raumes stellte sie der Narbige endlich ab, den Gesichtern gegenüber.

       Sehr vornehm gekleidet saßen diese, auf ihren Stühlen bequem zurückgelehnt, hinter einem großen, grünverhangenen Tisch, der, bis auf schmale Durchgänge an den Seiten, über die gesamte Raumbreite von einer Wand zur anderen reichte.

       Für einen Moment war es still im Raum, und sie fühlte sich unter den Blicken dieser Männer plötzlich klein, schmutzig, minderwertig und hilflos verlassen. Stand da mit hängenden Armen, wagte nicht aufzusehen, allenfalls aus den Augenwinkeln, wartete einfach und zitterte.

       Der riesige, grünverhangene Tisch, vor dem sie stand, war fast leer. Nur auf dem Platz direkt vor ihr lagen drei einzelne Blätter nebeneinander, und sie konnte erkennen, dass alle drei Blätter dicht beschrieben waren.

       Dahinter, auf der anderen Seite des Tisches, bewegte sich einer der Männer nach vorn, griff nach den Blättern. Sie folgte unter den Augenbrauen hervorschauend seiner Bewegung, versuchte Anzeichen für das zu finden, was nun auf sie zukommen würde. Der Mann, der mindestens ihr Vater hätte sein können, wirkte milde auf sie, mit seinen weißen Haaren, seinem vollen, weißen Bart und dem großen, bis auf die Schultern reichenden Spitzenkragen.

       Als er unvermittelt von seinen Papieren aufschaute, war ihr schwacher Hoffnungsfunke im Nu verglüht. Eisig und unerbittlich fuhren seine Augen rasch und prüfend über sie hinweg. Sie empfand Atemnot! Vielleicht doppelt so groß wie eine normale Stube schien ihr der Raum plötzlich zu eng, wollte sie mit seinen dunklen Holzwänden und der niedrigen, inzwischen rußgeschwärzten Decke erdrücken. Die ranzig riechenden Öllampen an der Wand hinter dem Tisch verbrauchten die Luft, die ihr zunehmend fehlte. Sie zog die Schultern hoch, atmete tief durch, wäre am liebsten losgerannt, aber sie konnte die herb-scharfen Ausdünstungen des Narbigen riechen, er stand irgendwo dicht hinter ihr.

      „Ihr seid die Therese Driesner vom Köblerhof!“

       Sie zuckte zusammen, sog aufgeregt die Luft tief ein und schaute in die eisigen Augen ihres Gegenübers, das war keine Frage, eher eine Feststellung! Ihre Hände suchten Halt im sperrigen Gewebe ihres Kittels, ballten und knüllten dort den Stoff. Ihre Stimme versagte, war unfähig den trockenen Hals und Mund zu verlassen.

      „Antwortet, wenn ihr gefragt werdet!“ Die Augenbrauen des Weißhaarigen zuckten nach oben, er blitzte sie drohend an und schnitt jetzt mit geradezu metallener Stimme die Luft in unterschiedlich dicke Scheiben.

      „Ja!“ Sie beeilte sich zu antworten; ihre Stimme klang spröde und fremd.

       Hinter ihr betrat jemand den Raum, ging rasch in ihrem Rücken vorbei.

      „Ah – Pater Vinzenz!“ Alle Strenge ablegend schaute der Weißhaarige an ihr vorbei, „Wir haben das Verfahren gerade erst eröffnet, sind noch bei den Formalien. Ihr habt also nichts versäumt!“ Seine Hand wies nach rechts auf den freien Stuhl am Ende des Tisches, während sich sein Gesicht zu einem sparsamen Dienstlächeln verzog. „Wie ich sehe habt ihr euch Verstärkung mitgebracht! Das ist sehr weitsichtig von euch. Man kann gar nicht früh genug Erfahrungen mit diesen Zauberischen sammeln. Bruder Gregor, nicht? Ihr bekommt sofort einen Stuhl“

       Pater und Bruder zwängte sich eilig zwischen Tisch und Wand hindurch, und Pater Vinzenz, groß, hager, kahlköpfig und auf strenge Ausstrahlung bedacht, setzte sich auf seinen Stuhl, während Bruder Gregor stehend verharrte und Therese mit offenem Mund erschrocken ansah. In rascher Folge flog deren Blick zwischen ihm und dem Weißhaarigen hin und her, um endlich zu erkennen, dass eine Preisgabe der losen Bekanntschaft zwischen dem Bruder und ihr an dieser Stelle nur mehr schaden als nutzen konnte. Noch vor gut einem Jahr hatte dieser Bruder ihr Grüße, Geld und eine lange Haarlocke ihres Mannes von irgendwo aus dem Krieg überbracht. Nun gehörte er zu denen, die hier über sie zu Gericht saßen. Ein winziger Hoffnungsfunke glimmte in ihr auf.

      „Was sagtet ihr?“ Sie beugte sich vor, um den Pater besser sehen zu können, da er hinter Franz an der Hauswand lehnte. „Ich sagte: Gut, dass ihr nicht wusstet, wie gering mein Einfluss war! Meine Stimme war innerhalb des hohen Gerichtes ohne Bedeutung!“

      „Ein Mann der Kirche, noch dazu ein Jesuit, sitzt bedeutungslos in einem weltlichen Gericht, welches nach den Regeln der Kirche Hexenprozesse abwickelt? Wie geht das zusammen?“ Franz sah, die Hände immer noch hinter dem Kopf verschränkt, den Pater von der Seite her an.

      „Ja nun, die damaligen Hexenprozesse in Eichstätt wurden alle im Sinne Bischof Westerstettens geführt, der sein Eichstätt frei von Hexen und Zauberern haben wollte. Aus diesen Gründen gab es für den beisitzenden Geistlichen keine Einwirkungsmöglichkeiten zu Gunsten der Beschuldigten.“

      „Also stand die Schuld der Angeklagten und deren Verurteilung schon zu Prozessbeginn fest! Warum dann diese ganze Quälerei?“ Franz schaute abwechselnd den Pater und Therese an.

      „Ja weil jedes ordentliche Gericht zur Fällung eines Urteilsspruches zwingend den klaren Schuldnachweis braucht, oder ein Geständnis. Ein solches ´Hohes Gericht´ konnte keine Willkürurteile fällen, so darf man sich das nicht vorstellen!“ Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass Therese entschlossen von der Wand abrückte und zu ihm herüber sah, hob beschwichtigend die Hand, „Hexenprozesse waren schon eine kitzlige Sache. Sie stellten auch solch ein hohes Gericht vor besondere Probleme. Hatten die Nachforschungen erst einmal begonnen, gab es fast immer mehrere Anzeigen wegen Hexerei und Zauberschäden und jede Menge Zeugenaussagen. Auch in eurem Fall war das so: Die Lisbeth hatte kaum ihre Anzeige gemacht, da war euer Fall schon im Ort herum und noch am gleichen Tag ging es los.“

      „Was ging los? Zuerst einmal ist doch gar nichts passiert. Deshalb dachten wir ja, Lisbeth hätte sich wieder beruhigt und alles wäre in Ordnung!“

      „Das solltet ihr ja auch wohl denken, in Wirklichkeit liefen längst die Nachforschungen. Ihr habt es ja im Prozess gehört: Es müssen sich damals täglich Leute gemeldet haben, die entweder Zeugen eurer Zauberei gewesen sein wollen oder die ihr geschädigt haben solltet. Als dann die Raußbacher euch unter der Folter benannt hat, waren Richter und Schöffen

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