Zwielicht 11. Michael Schmidt

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Zwielicht 11 - Michael Schmidt

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haben könnte.

      „Äh, okay. Dann bleibt es also bei hundert Euro?“

      „Sie hat mir nur Unglück gebracht“, fuhr der Mann jetzt fort und ignorierte Simons Frage.

      „Was meinen Sie damit?“

      „Erworben habe ich diese Platte im Winter 1970. Wie ich den Tag verfluche.“

      Simon zögerte und wog ab, ob er es auf eine weitere Konfrontation mit dem Alten ankommen lassen, oder ob er nicht einfach einen Hunderter auf den Tisch legen und sich mit seiner Beute verabschieden sollte. Am Ende siegte der Nerd in ihm. „Entschuldigung, aber das kann nicht sein. Die Platte ist erst im November 1971 erschienen. Sie meinen sicherlich Winter 1971.“

      „Ich weiß, was ich gesagt habe und ich sagte Winter 1970! Halten Sie mich für einen weichbirnigen alten Sack?“, geiferte der Kerl und sah in seinem schlabbrigen Morgenmantel immer verrückter aus. Das Ticken der Uhr trieb Simon langsam in den Wahnsinn.

      „Nein, vielleicht irre ich mich auch, ich wollte nicht ...“

      Ich bin so dämlich, halt doch einfach die Schnauze, verfluchte er sich erneut.

      „Sie irren sich keinesfalls, mein junger Freund“, unterbrach ihn der Kerl. „Die Platte erschien offiziell tatsächlich erst im November 1971. Aber ich habe diese Version vorab erhalten als ich Jimmy Page in Boleskine House besuchte.“

      Simon ließ diese Information sacken. Nein, jetzt war endgültig klar, dass er es hier mit einem hochgradig Bekloppten zu tun hatte.

      „Sie kennen Jimmy Page persönlich?“

      „Oh ja, Junge.“ Er nahm einen weiteren großen Schluck Rotwein.

      „Und Sie haben ihn 1970 in Boleskine House in Schottland besucht?“

      „Gewiss doch.“

      „Und er händigte Ihnen eine Schallplatte aus, die es zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gab?“

      „Ich weiß, wie sich das anhört. Aber wussten Sie, dass dieses Haus zu Beginn des zwanzigsten Jahrhundert für über ein Jahrzehnt Aleister Crowley gehörte, dem berüchtigten Okkultisten und Satanisten?“

      „Ja, ist mir bekannt. Ich weiß, wer Aleister Crowley war. Jeder weiß das, seit Ozzy seinen Song ‚Mr. Crowley’ geschrieben hat“, antwortete Simon. Er konnte es nicht fassen, welche Richtung dieses Gespräch einschlug. „Und?“

      „Oh, Sie halten das alles für ausgemachten Blödsinn, ist es nicht so? Das kann ich in Ihren Augen sehen. Sie denken, der Alte ist verrückt und erzählt nur Schwachsinn, man sollte ihn einweisen.“

      In der Tat, dachte Simon.

      „Crowley war zu Lebzeiten ein Widerling durch und durch. Zahlreiche Geschichten ranken sich um seine Person. Und ich weiß“, fuhr sein Gegenüber fort, „was Crowley in diesem Haus für Rituale und Zeremonien abgehalten hat.“

      „Zeremonien?“

      „Kennen Sie die Geschichte von Crowley und dem Fleischermeister?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr der Alte fort. „Der ortsansässige Fleischer war zu Boleskine House rausgefahren, um wie üblich Aleisters Bestellung entgegenzunehmen. Doch dieser öffnete ihm nach mehrmaligem Klingeln nicht. Erst nachdem der Metzger sturmgeläutet hatte, riss Crowley völlig entnervt die Tür auf und fragte, was der Störenfried denn wolle. Er war, was der Metzger nicht wusste, gerade in ein magisches Ritual vertieft gewesen und das Klingeln hatte ihn aus seiner tiefen Konzentration gerissen. Crowley nahm einen Zettel und notierte wütend seine Bestellung. Den Zettel drückte er dem verdutzten Fleischer in die Hand, dann schlug er ihm die Tür vor der Nase zu. Der Metzger begab sich in seine Fleischerei zurück. Auf der Rückseite des Zettels, auf den Crowley seine hastige Bestellung geschmiert hatte, befand sich auch ein von Crowley aufnotierter Zauber. Kurz darauf hackte sich der arme Kerl mit einem Fleischerbeil alle Finger der rechten Hand ab. Etwas hatte ihn abgelenkt und seine Konzentration gestört.“

      „Nette Geschichte“, sagte Simon.

      „Das ist nicht bloß eine Geschichte. Ich weiß von den sexuellen Ausschweifungen, Opferungen und den Anbetungen, und Jimmy wusste es natürlich auch. Er war besessen davon.“

      „Ach, jetzt ist es schon ‚Jimmy’? So eng waren Sie beide?“

      „Werden Sie nicht frech! Was wissen Sie denn schon, was mich und Jimmy damals verband? Diese Schallplatte, besser, die vier Platten aus dieser Serie wurden mit einem besonderen Zauber Crowleys belegt und in ‚Stairway to heaven’ steckt die geballte schwarzmagische Kraft der Zerstörung.“ Die Augen des Alten leuchteten vor Ereiferung.

      Simon brach in lautes Gelächter aus.

      „Die geballte schwarzmagische Kraft der Zerstörung? Verzeihung, aber das ist der größte Mist, den ich je gehört habe. Okay, jetzt weiß ich es: Sie nehmen mich auf den Arm? Das ist ein Test, nicht wahr?“

      Dann prustete er wieder los, Tränen schossen ihm in die Augen. „Gleich erzählen Sie mir noch, dass, wenn man ‚Stairway to heaven’ rückwärts abspielt, eine satanische Botschaft zu hören ist. Gott, ist das herrlich.“

      „So ist es“, schrie der Alte, der aus dem Sessel aufgesprungen war. Simon zuckte zurück. „Ganz genau so ist es. Und es ist wahr! Jede Silbe davon ist wahr!“ Der pure Wahnsinn spiegelte sich in seinen Augen.

      „Hören Sie“, versuchte Simon sich zu beruhigen und den Alten zu besänftigen. „Es tut mir leid, Herr Kind, das ist Quatsch. Ein PR-Gag, der zahllose Vollidioten dazu veranlasst hat, ihre Platten und Nadeln zu ruinieren, indem sie versuchten, die Scheibe rückwärts laufen zu lassen. Da der Plattenspieler das nicht kann, machen sie es per Hand und schrotten ihre Platten, sodass sie gezwungen sind, neue zu kaufen. Und durch den ganzen Hype von wegen geheimer Botschaften und Satanismus werden noch mehr Alben umgesetzt. Ein Marketingtrick. Das ist alles.“

      „Das ist nicht alles.“ Eins musste man dem Alten lassen: Er war standhaft.

      „Ich habe es ausprobiert. Ich war einer dieser Vollidioten.“

      Alle Kraft wich plötzlich aus seiner Stimme und er ließ sich erschöpft in den Sessel fallen. „Natürlich hatte ich meine Zweifel, aber ich habe es ausprobiert. Ein einziges Mal nur. Gleich in der Woche, in der ich aus Schottland zurückkehrte. Es ist diese Stelle ‚If there´s a bustle in your hedgerow don´t be alarmed now’. Wenn man ab hier die Platte rückwärts abspielt, kann man die Teufelsbotschaft wahrnehmen. ‚I sing because I live with Satan’, beginnt es. Ich habe die Botschaft gehört und dann kam das alles. Auf den regulären Pressungen, die in den Handel kamen, ist davon nichts zu hören. Aber diese vier …“

      „Was meinen Sie mit‚ und dann kam das alles.“

      Der alte Mann sah ihn mit leerem Blick an. Er wirkte jetzt nicht mehr verrückt, sondern nur alt und traurig. Plötzlich tat er Simon leid.

      „Ich habe alles verloren.“

      Der Alte schenkte sich ein weiteres Glas Wein ein, nahm eines der benutzten Gläser vom Wohnzimmertisch und goss auch Simon ungefragt ein halbes Glas ein, womit er die Flasche leerte. Simon wollte nicht pingelig sein und nahm einen Schluck. Der Wein schmeckte besser als erwartet.

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