Abraham. Martin Renold
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»Er hört ohnehin nicht auf mich. Wenn er etwas im Sinn hat, dann setzt er es durch, ob wir einverstanden sind oder nicht«, verteidigte sich Abram.
»Dann braucht er uns ja nicht zu fragen«, schrie Haran.
So ging es noch eine ganze Weile hin und her. Sie erkannten schließlich, dass sie sich wenigsten in dem einig waren: Terach würde wohl auch nicht auf Abram hören. Ja, er hört überhaupt auf keinen, nicht einmal auf Sia. Wenn er auszieht, dann fragt er uns nicht. Wir müssen ihm gehorchen.
»Ich will aber nicht«, protestierte Haran laut, als jemand plötzlich wie mit einem harten Gegenstand an die Tür aus massivem, verziertem Holz klopfte, die am Tag wie ein kostbares Schmuckstück in dem eher trostlos lehmgrauen Mauerwerk aussah.
»Aufmachen!«, rief einer mit einer Stimme, der man anhörte, dass es keine andere Wahl gab.
Die drei Brüder verstummten und sahen sich gegenseitig an. Allen stand der Schreck im Gesicht geschrieben. Nahor und Haran wichen einen Schritt zurück.
Abram, der sich als Erster gefasst hatte, ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt.
Draußen standen zwei bewaffnete Soldaten. Sie sahen in dem spärlichen Licht, das aus der Werkstatt auf sie fiel, wirklich schreckerregend aus. Finstere, tiefliegende Augen stachen aus ihren fahlen Gesichtern hervor. Beide trugen auf der Brust über dem bis zu den Knien reichenden grobleinenen Rock ein Wams aus Ziegenfell. Einer trug einen Speer, an dessen oberen Ende ein spitzer Stein befestigt war. Der andere hielt eine Axt in der Hand. An den hölzernen Stiel der Axt war kreuzweise mit einem ledernen Riemen ein flacher, scharf zugeschliffener Stein gebunden.
»Wer seid ihr?«, fragte jener mit dem Speer.
»Wir sind Terachs Söhne«, antwortete Abram. »Ich heiße Abram, und das sind meine Brüder Nahor und Haran.« Und er zeigte auf die beiden, die aus Angst kein Wort herausbrachten.
»Warum lärmt ihr so?«, fragte der Soldat weiter.
»Wir haben uns gestritten«, antwortete Abram.
»Worüber?«
»Nur eine kleine Familienangelegenheit«, erwiderte Abram und hoffte, das würde den beiden Soldaten genügen. Der Grund ihres Streits ging niemanden was an.
»Seid ihr allein?«, fragte der andere Soldat, der mit der Axt.
»Vater und Mutter und unsere Schwester sind oben in ihrer Kammer«, sagte Abram.
Die beiden Soldaten drängten Abram zur Seite und traten in den Raum. Sie sahen sich überall um. In der Werkstatt roch es nach Holz. Kleinere und größere Holzstücke lagen herum, halb fertige Hocker und Schemel, und auf einem Gestell standen hölzerne Götterstatuen in verschiedenen Größen. Auf andern Gestellen lagen Werkzeuge aus hartem Zedernholz und Bronze, Schnitzmesser, Schaber, verschiedene zugeschliffene Steine und in Tongefässen feiner Sand, der zum Polieren gebraucht wurde.
Als die Söhne erklärt hatten, dass diese Werkzeuge alle zum Herstellen der Holzgegenstände, vor allem auch für die Götterstatuetten, vor denen die Soldaten kurz ehrfurchtsvoll stehen blieben, benötigt werden, und als die beiden grimmig dreinschauenden Hüter der Ordnung und des Gesetzes sahen, dass keine Waffen hergestellt wurden und dass außer den dreien sonst niemand anwesend war, gaben sie sich zufrieden und zogen sich zurück.
Abram schloss hinter ihnen die Tür.
Alle drei atmeten hörbar erleichtert auf.
»Ich denke, wir sollten uns nun auch schlafen legen«, empfahl Abram.
Als sie sich in ihre Kammer begaben, kam Terach und fragte, wer geklopft habe.
Sie erzählten es ihm.
»Seht ihr«, antwortete Terach, »auch das ist ein Grund, warum ich ausziehen will. Im Zelt kann uns kein ungebetener Gast an die Tür klopfen.«
Am nächsten Morgen ging Terach schon früh hinaus, ohne mit seinen Söhnen gesprochen zu haben. Er schritt mit einem Stecken in der Hand durch das Südtor an den Wachen vorbei. Es war noch früh. Das Tor war eben erst geöffnet worden.
Auf der rechten Seite vor dem Tor war eine gefasste Wasserquelle. Ein paar Stufen führten zu dem Becken hinunter, in dem das Wasser sich sammelte. Um den Brunnen herum standen schon eine Anzahl Männer, einige davon mit Schafen, für die sie Wasser in die Tränkrinne schöpften. Sie alle hatten gewartet, bis das Tor geöffnet wurde, um in die Stadt hineinzugehen und auf dem Markt ihre Waren und Tiere zu verkaufen. Hinter Terach drängten die ersten schon durch das Tor, während andere immer noch ihre Tiere trinken ließen. Je mehr Wasser sie im Bauch hatten, umso mehr Getreide würde es geben, wenn die Tiere gegen das Korn aufgewogen wurden.
Wenn die Händler das Tor passiert haben würden, kämen schon bald die Töchter der Stadt mit ihren Krügen zum Brunnen, um Wasser zu schöpfen. Die Wasserkanäle der Stadt, die durch die vornehmeren Viertel gingen, waren nur dazu bestimmt, um die Abwässer und Fäkalien wegzuschwemmen.
Nachdem Terach eine Weile gegangen war, blieb er stehen. Er reckte sich und atmete die frische Morgenluft ein. Wie rein war sie hier im Gegensatz zu der stickigen Luft in der Stadt! Und wie weit schweifte hier der Blick, fast bis in die Unendlichkeit! Die Sonne stand noch nicht weit über dem Horizont. Terach füllte seine Lungen mit der nach würzigen Kräutern duftenden Luft und hob seine Arme seitwärts empor, so dass sein Stecken zum Himmel zeigte. Vor ihm zur Linken wuchsen in einem riesigen Hain Dattelpalmen in den wolkenlosen Himmel, rechts sah er in der weiten Ebene den Euphrat, dessen Lauf sich, hell schimmernd vom Licht der noch tief stehenden Sonne, in der Ferne verlor, und er hörte das Rauschen des Flusses. Er schloss die Augen, als wollte er das, was er gesehen, gehört und gerochen hatte, in sich verschließen, um es ewig in sich zu bewahren und nie zu vergessen.
Als er weiterschritt, flatterten vor ihm Vögel auf vom Weg und aus dem taufrischen Gras. Terach schaute ihnen nach und dachte bei sich, bald werde er so frei sein wie sie.
Er wollte jenen Mann aufsuchen, mit dem er vor einigen Tagen gesprochen hatte. Wenn der nun auf seinen Handel einging, würde er bald nicht mehr in die Stadt, die sich hinter den grauen und abweisenden Mauern verbarg, zurückkehren. Noch hatte jener nicht eingeschlagen. Aber Terach war zuversichtlich. Bald, so die Götter es wollten, würde er sich nicht mehr wie ein gefangenes Tier fühlen. Ihm war jetzt schon, als zerspringe seine Brust. Ein Gefühl von lang ersehnter Freiheit erfüllte ihn.
Als er vor sich die Zelte des Nomaden erkannte, verzögerte er die Schritte. Was würde sein, wenn er nun doch nicht auf seinen Vorschlag einginge? Eine leise, bange Ahnung beschlich ihn. Er wusste nicht, sollte er eilen, um so schnell wie möglich sein Glück ergreifen zu können, oder sollte er seine ihm vielleicht bevorstehende Enttäuschung möglichst lange hinauszögern.
Die Zelte standen inmitten einer kleinen Gruppe von Tamarisken. Terach trat auf das größte zu und rief nach dem Mann. Der trat heraus zu ihm, und sie begrüßten sich wie alte Freunde. Und doch schien Terach, der andere sei nicht gerade erfreut über den Besuch. Er zeigte ein verschlossenes Gesicht, wie einer, der etwas verbergen oder verheimlichen will und einem nicht geradeaus in die Augen zu schauen wagt.
Sie sprachen lange über das Wetter, über den schönen Morgen, den blauen Himmel, die Schafe, über Terachs Söhne, deren ablehnende Haltung dieser jedoch verschwieg. Doch keiner wollte auf den eigentlichen Grund des Besuches eingehen.
»Du