Ein Ort in Italien. Emmi Ruprecht

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ein Ort in Italien - Emmi Ruprecht страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Ein Ort in Italien - Emmi Ruprecht

Скачать книгу

für ein paar Tage zurück in die Obhut seines Vaters zu geben, der glücklicherweise immer noch gut in der Lage ist, nach dem Rechten zu sehen, hatten sie stets die besten Angebote verpasst. Aber jetzt hatte sie endlich ein Urlausziel gebucht, das mehr war als ein fader Kompromiss zwischen Last-Minute-Angeboten, die auf dem Markt noch zu haben waren, und Carola freute sich sehr darauf!

      Leider fiel es ihr schwer, diese Vorfreude durchzuhalten, denn bis auf die frühzeitige Entscheidung für ein lohnendes Urlaubsziel war alles andere leider so abgelaufen wie immer!

      Sie seufzt und merkt, wie sich ihr Magen erneut vor Ärger zusammenzuziehen beginnt. Obwohl seit Anfang des Jahres klar ist, dass sie genau an diesem Tag in den Urlaub fahren werden, hat Maik es wieder einmal vermieden, sich um irgendetwas zu kümmern und sämtliche Aufgaben auf sie abgewälzt. Er hat sich nicht um das Auto gesorgt und nicht um die Anreisemodalitäten. Ja, er hat sich nicht einmal Gedanken darum gemacht, was er für den Kurs mitnehmen muss, denn er fragte in den letzten zwei Tagen immer wieder bei ihr nach, was wohl benötigt würde. Carola wurde den Eindruck nicht los, dass er darauf spekulierte, dass sie sogar seinen Koffer packt, weil sie die vielen Fragen irgendwann leid ist.

      Stattdessen hat sie innerlich getobt, sich äußerlich jedoch bedeckt gehalten. Sie ist lange genug mit ihrem Mann verheiratet um zu wissen, dass Diskussionen zu überhaupt nichts führen. Manchmal helfen nur Taten! Deshalb hat sie konsequent nur das eingepackt, was sie selbst benötigt und zu allem anderen die Meinung gehabt, dass er schließlich erwachsen sei und es ihn als Geschäftsführer eines Familienunternehmens nicht überfordern dürfe, sich selbst um seine Utensilien zu kümmern. Alle anderen Urlaubsvorbereitungen, die sie beide betrafen, hat sie jedoch wohl oder übel in die Hand nehmen müssen und es ärgert sie, dass ihr Mann das als selbstverständlich hinnimmt.

      In solchen Situationen, wo Maik sich um die Verantwortung für gemeinsame Angelegenheiten herumdrückt, ihr alle Aufwände aufdrückt und sich außer für Kritik an ihren Entscheidungen für jeden Handgriff zu schade ist, ertappt sie sich immer häufiger dabei, dass sie sich fragt, ob sie ohne ihn nicht besser dran wäre.

      „Warum bin ich eigentlich noch mit ihm zusammen?“, überlegt sie, als sie die italienischen Alpen langsam hinter sich lassen und in die Po-Ebene eintauchen. „Ist das noch Liebe?“

      Sie schaut verstohlen zu Maik hinüber, der seinen Sitz zurückgestellt und die Augen geschlossen hat. Der Mann, den sie da sieht, ist unzweifelhaft sehr attraktiv, was er leider auch weiß und ab und zu gerne im Beisein von anderen Frauen ausspielt. Die kurzen, dichten braunen Haare, die tiefdunklen braunen Augen, das markante Kinn, der durchtrainierte Körper: Das Alter hat ihm wenig anhaben können. Ganz im Gegenteil, wie Carola zugeben muss. Aber ist das alles, was sie in dieser Beziehung hält?

      Damals, als sie sich kennenlernten, war sie von seinem Aussehen natürlich sehr beeindruckt gewesen. Auch die Tatsache, dass viele Frauen für ihn schwärmten, womit er ganz souverän umging und sich weder einwickeln ließ, noch überheblich agierte, erhöhte seine Attraktivität für sie noch. Ihr Herz hatte er jedoch dadurch gewonnen, dass er seit ihrem ersten Zusammentreffen nur noch Augen für sie hatte und keine andere Frau sein Interesse wecken konnte. Das war für sie ein Zeichen von Souveränität gewesen und davon, dass Maik weiß, was er will. Das hatte ihn wohltuend von all den unreifen Männern, die sonst ihren Weg säumten, abgehoben.

      Anfangs war sie völlig hin und weg gewesen und hatte alles, was diesen Mann betraf, förmlich aufgesogen. Da gab es nichts Wichtigeres, nichts Interessanteres als das, was ihn betraf. Dass er aus einer anderen Welt stammte, die ihr sehr viel handfester und bodenständiger als ihre eigene vorkam, hatte sie darüber hinaus fasziniert. Maik wusste sich immer zu helfen, kam mit jeder Situation klar, verlor sich nicht in endlosem Hin und Her, sondern sagte, was er dachte und tat, was er für richtig hielt – und darüber hinaus auch noch mit Erfolg! Niemand konnte ihm in ihren Augen das Wasser reichen!

      Aber natürlich musste all diese Verliebtheit, dieses Anhimmeln, dieses Schwärmen und Verklären nach und nach der Realität weichen. Der Alltag machte auch vor ihrer Beziehung nicht halt. Carola wurde von der behüteten Tochter zur erwachsenen Frau und legte damit auch nach und nach ihre rosarote Brille ab. Maik wurde bequem und gab sich immer weniger Mühe, ihr seine Zuneigung zu zeigen. Manches Mal kränkte er sie mit Nachlässigkeiten, die er sich in der Akquisephase ihrer Beziehung natürlich nicht erlaubt hätte. Sprach sie ihn darauf an, wurde immer öfter die Sorge um den Betrieb vorgeschoben, um den er sich zu kümmern hätte und der alle Aufmerksamkeit beanspruchte. Zwar lief die Dachdeckerei glücklicherweise sehr erfolgreich, aber das spielte in dieser Diskussion keine Rolle.

      Gleichzeitig hatte Carola immer häufiger Spannungen wahrgenommen, wenn Maik ihre Anwesenheit bei irgendwelchen Veranstaltungen erwartete und sie ihrerseits berufliche Termine geltend machte. Als ihre Beschäftigung am Institut und ihre Doktorarbeit immer mehr Zeit beanspruchten, rückten seine familiären und gesellschaftlichen Verpflichtungen, die sie anfangs höchst interessant fand, auf ihrer Prioritätenskala nach unten. Denn nun war sie selbst sehr viel mehr als früher gefragt und eingebunden in universitäre Angelegenheiten und darüber hinaus ehrgeizig genug, diese neue Rolle auch ausfüllen zu wollen. Anstatt nun seinerseits Verständnis für ihre Verpflichtungen zu haben, reagierte Maik immer öfter beleidigt, wenn sie anderes zu tun hatte, als an seiner Seite freundlich in die Runde zu lächeln und sich darauf zu beschränken, mit bewunderndem Blick den beruflichen und privaten Heldentaten ihres Mannes und seiner Freunde zu lauschen. Zu ihren gesellschaftlichen und dienstlichen Terminen kam er natürlich nie mit. Er meinte, das theoretische Gerede würde ihn nur langweilen. Davon, dass auch Wissenschaftler Menschen sind, die mehr als nur Formeln und hochtrabende Thesen im Kopf haben, konnte sie ihn bislang nicht überzeugen.

      Hinzu kommt, dass Carola mittlerweile schon manches Mal von boshaften Zungen zugetragen wurde, dass ihr Mann, wenn sie nicht dabei ist, einem Flirt nicht abgeneigt ist. Und obwohl sie sich nicht allzu viel Gedanken um Maiks Treue macht, weil er immer noch jede Nacht zu Hause verbringt, nahm sie solche Geschichten zunächst gelassen, später mit Ärger zur Kenntnis und empfindet heute nur noch Verachtung dafür, dass er so etwas nötig zu haben scheint.

      „Wo soll das enden?“

      Diese Frage schießt Carola plötzlich durch den Kopf. Was ist das für eine Entwicklung, die ihre Ehe da nimmt? Was passiert, wenn sie beide die Dinge einfach so weiterlaufen lassen?

      Ihr Herz krampft sich zusammen. Diese Frage steht schon länger im Raum, wie sie sich eingestehen muss. Jedoch hat sie sie so deutlich bislang nicht stellen mögen. Doch jetzt tut sie das und sie kennt die Antwort, auch wenn sie sich das nicht wirklich eingestehen will.

      Noch einmal schaut sie zu ihrem Mann hinüber und ein wehmütiges Gefühl beschleicht sie, so, als wäre es fast schon nur noch eine Erinnerung, dass er neben ihr sitzt.

      „Reiß dich zusammen“, sagt sie sich und richtet ihren Blick wieder nach vorne auf die Straße, „und nutze den Urlaub, um Klarheit zu gewinnen.“

      +

       Petra und Sabrina

      Die Stimmung ist bestens im schicken schwarzen Kombi, obwohl die beiden darin sitzenden Frauen unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch sie schwatzen und lachen, was das Zeug hält, und scheinen sich großartig zu amüsieren.

      Sabrina schaut zu Petra hinüber, die am Steuer des Wagens sitzt. Sie sieht eine kleine, hagere Person Anfang fünfzig, bei deren Anblick sich ihr der Vergleich mit einer Trockenfrucht aufdrängt: Die eingefallenen Wangen, der leicht hervorstehende Oberkiefer, die etwas verkniffenen Gesichtszüge und die kurzen, schwarz gefärbten Haare, die für ihren Hauttyp eine Nuance zu dunkel sind, wie Sabrina mit fachmännischem Blick feststellt, lassen diesen Eindruck bei ihr entstehen.

      Die

Скачать книгу