Die Erbschaft. Elisa Scheer
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„Wie kann er mir eine Wohnung vermachen? Heißt das, ich kann in den Mietvertrag einsteigen? Da müsste ich erst mal wissen, ob ich mir die Miete überhaupt leisten kann.“
„Nein, Sie würden nicht einen Mietvertrag übernehmen, das ginge ja ohne Zustimmung des Vermieters gar nicht. Es handelt sich um eine Eigentumswohnung.“
„Oh, tatsächlich.“ Ich überlegte. „Wie hoch sind die monatlichen Belastungen?“ Christian hatte ja immer herumgejammert, dass die Hypothekenzinsen für Büro und Wohnung seinen ganzen Gewinn auffraßen.
„Nun, das Wohngeld eben, ich schätze, das dürften so um die zweíhundert Euro im Monat sein. Ansonsten ist die Wohnung schuldenfrei. Ihr Großvater war kein armer Mann, Frau Ulitz, alleine seine Wertpapiere dürften sich auf rund eine halbe Million Euro belaufen. Gewiss, Sie werden Erbschaftssteuer zahlen müssen, und auch von uns wird eines Tages eine Rechnung kommen, genauso vom Grundbuchamt, aber Sie werden sich diese Wohnung auf jeden Fall leisten können.“
Das klang fantastisch, aber völlig unglaublich. „Was muss ich denn dafür machen?“, fragte ich misstrauisch.
„Einige Unterschriften leisten. Den Kontakt mit den Ämtern nehmen wir Ihnen gerne ab.“
„Das hab ich nicht gemeint. Bei solchen Testamenten gibt es doch immer irgendwelche Auflagen, oder? Dass man einen Mops pflegen muss oder bestimmte Leute bei sich aufnehmen oder so was.“
„Du liest echt zuviel Mist“, murmelte Cora neben mir, und der Anwalt lächelte wieder, diesmal eindeutig nachsichtig. „Nichts dergleichen. In der Wohnung lebt zwar ein Untermieter, aber dem könnten Sie sofort kündigen, wenn er Ihnen unangenehm ist.“
„Die Wohnung ist also vermietet?“
„Nein, er bewohnt nur ein Zimmer und benutzt das Gästebad. Er wohnt noch nicht lange dort, seit einem halben Jahr etwa, und er rechnet wohl auch mit einer Kündigung Ihrerseits. Möchten Sie die Wohnung besichtigen?“
„Das sollte ich wohl“, murmelte ich schwächlich. „Mensch, Sarah, du hast jetzt eine Wohnung! Ist doch toll, oder?“
„Ja, toll“, echote ich benommen. „Wie groß ist die Wohnung eigentlich?“, fragte Cora, die meinen schwachen Auftritt offenbar nicht länger ertragen konnte.“
„Sechs Zimmer, Küche, drei Bäder, Südbalkon in den Hof hinaus. Das Haus wurde erst vor wenigen Jahren komplett saniert, Leitungen, Heizung und so weiter entsprechen den strengsten Normen; Sie fangen sich also keine denkmalgeschützte Ruine ein, wenn es sich auch um einen eleganten Altbau handelt.“
„Ich kann doch in so was nicht wohnen“, protestierte ich kleinlaut, „das ist doch viel zu groß! Das kann ich mir nicht leisten, ich hab gerade meinen Job verloren und erst nach Ostern wieder eine Aushilfsarbeit gefunden.“
„Wenn Ihnen diese Wohnung zu groß ist, können Sie den Haushalt Ihres Onkels natürlich auch auflösen und die Wohnung dann teuer vermieten. Von dem, was Sie Ihnen einbringen wird, können Sie sich leicht etwas Übersichtlicheres leisten, wenn Ihnen sechs Zimmer zu viel sind.“
Cora schnaubte neben mir. „Man kriegt auch sechs Zimmer locker voll!“
„Die Erfahrung habe ich auch schon gemacht“, stimmte Antrack zu. „Ich denke, Sie sollten wenigstens vorübergehend in die Wohnung Ihres Großvaters ziehen, um das Inventar zu sichten und zu überlegen, was Sie alles verkaufen wollen. Manches ist durchaus wertvoll – wie gesagt, Ihr Großvater war kein armer Mann.“
Ich konnte es immer noch nicht glauben. „Cora, kneif mich mal!“
Cora kniff kräftig zu. „Au! Okay, ich glaub´s immer noch nicht, aber ich nehme die Erbschaft an. Damit handele ich mir aber keinen Ärger ein, oder?“
„Ärger?“
„Ich weiß doch nichts über meinen Großvater! Als er meine Mutter rausgeworfen hat, war er Geschäftsmann, und sie wusste auch nicht viel. Nicht, dass er ein Unterweltkönig war oder ein Handlanger der Mafia, und jetzt halten die sich an mich?“
„Keine Sorge, Ihr Großvater war Elektronikgroßhändler, völlig legal. Und das Unternehmen hatte er schon vor Jahren verkauft, um den Ruhestand zu genießen.“
„Elektronik Ulitz hab ich ja noch nie gehört“, murmelte ich verstockt. „Die Firma hieß Hi-fi-drei. Einige Filialen gibt es noch, die meisten wurden von einer Großmarktkette übernommen.“
„Ich bin doch nicht blöd?“, fragte Cora nach.
„Ja, ich glaube. Jedenfalls haben Sie damit nichts mehr zu tun. So, wenn Sie mir bitte hier und hier unterschreiben würden... das ist eine Vollmacht, damit ich mit den Behörden für Sie verhandeln kann... das ist wegen der Eigentumsübertragung an der Wohnung, das kann ein befreundeter Notar noch in dieser Woche erledigen, wenn Sie wollen... hier, dass Sie die Erbschaft annehmen und uns mit der Abwicklung beauftragen...“
Ich unterschrieb, was man mir hinhielt. Vage erinnerte ich mich, dass man sich alles vorher gründlich durchlesen sollte (Agatha Christie, Der Tod auf dem Nil), aber ich hatte jetzt nicht den Nerv, alles durchzuackern. „Das Vermögen darf Sarah aber dann schon selbst verwalten, oder?“, fragte Cora scharf nach. „Selbstverständlich. Ich kann Ihnen zwar mehrere gute Finanzberater empfehlen, aber diese Dokumente beziehen sich nur auf den Verwaltungskram, der mit dem Eigentumsübergang zusammenhängt.“
Ich schob die Blätter und den eleganten silbernen Kugelschreiber wieder zurück; Antrack zerlegte alle Dokumente und reichte mir eine Handvoll Zweitschriften. „Für Ihre Unterlagen! Haben Sie mir eine Telefonnummer angegeben?“
Ich nannte ihm meine Handynummer. „Würde Ihnen der Dienstag nach Ostern passen – um die Wohnung zu besichtigen? Ich denke, bis dahin kann auch der notarielle Teil erledigt sein. Wir müssten auch das Inventar grob schätzen, wegen der Erbschaftssteuer.“
„Ab Dienstag arbeite ich wieder, das ist ungünstig.“
„Dann sagen wir doch, kurz nach sechs? Bis dahin haben Sie doch bestimmt Feierabend. Ansonsten rufen Sie mich einfach an. Aber Sie wissen schon, dass Sie solche Jobs jetzt eigentlich nicht mehr nötig haben?“
„Ich muss doch was arbeiten! Sonst werde ich ja wahnsinnig!“
„Einen so großen Haushalt aufzulösen, kann auch Arbeit sein. Sie werden es ja sehen! Nun, wenn Sie sonst keine Fragen mehr haben – ich glaube, ich kann es mir sparen, Ihnen zum Tod Ihres Großvaters zu kondolieren. Ich sollte Ihnen wohl eher gratulieren, nicht?“
„Das glaube ich auch“, gab ich mit schiefem Lächeln zu, „aber das kommt mir jetzt auch wieder pietätlos vor. Albern, was?“
„Nein, gar nicht. Das war doch sicher ein Schock für Sie! Also, machen Sie sich erst einmal mit dem Gedanken vertraut, dass Sie jetzt eine einigermaßen wohlhabende junge Frau sind, und ich rufe Sie wegen des Notartermins dann an oder schicke Ihnen eine SMS, einverstanden?“
Ich nickte kraftlos und erwiderte den festen Händedruck wahrscheinlich genauso schwach. Cora hakte mich energisch unter und schleppte mich hinaus. Draußen nahm sie mein Gesicht in beide Hände und küsste mich schmatzend. „Mensch, Sarah, damit bist du doch alle Sorgen los! Klasse! Und stell dir bloß mal vor, wie blöde dein Ex-Christian