Die Vergessenen 02 - Kitsune. Sabina S. Schneider

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Die Vergessenen 02 - Kitsune - Sabina S. Schneider Die Vergessenen

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den Yeti treffen.

      „Wir sind uns mal begegnet“, Van spürte Linas Aufregung, ihre unausgesprochenen Fragen und wurde noch verlegener.

      „Du bist dem Yeti begegnet?“ Lina wollte mehr wissen, doch Van hatte die Augen geschlossen und stellte sich schlafend. Die Begegnung mit dem Yeti war keine schöne Erinnerung und Teil seines Lebens, von dem er nicht wollte, dass Lina einen Einblick bekam. Der Yeti war der einzige, der ihm eingefallen war, der mehr wissen könnte über das Tor und Linas Verbindung zu ihm. Er würde sich der Erinnerung stellen. Später.

      Jetzt mussten sie unerkannt nach Shanghai gelangen und dort einen Flieger nach New Delhi finden. Er hoffe, dass es schnell gehen würde. China war kein Land, wo er sich gerne länger als nötig aufhielt. Vor allem nicht mit Lina. In dem Land schliefen Kräfte, die besser nicht geweckt werden sollten und Lina zog solche Wesen an wie das Feuer die Motten. Doch es wäre nicht die Motte, die in diesem Fall verbrennen würde.

      Nach einem Alkopop auf unruhigen und fast leeren Magen schlief Lina auf der harten Koje erschöpft ein. Die Speiseröhre wund, würde sie am Morgen Muskelkater an Stellen erwarten, die man nicht trainieren konnte. Van betrachtete ihr Gesicht im schwachen Schein der Lampe. Selbst das rötlichorange Licht konnte die Blässe nicht vollkommen vertreiben. Doch immerhin hatte ihre Haut nicht mehr diesen leichten Grünstich.

      Wie sehr er sich auch wünschte, sie als Mann in den Arm zu nehmen und vor der ganzen Welt zu beschützen, konnte er doch nur als Katze über sie wachen. Es war ihre Entscheidung. Und wenn sie sich so wohler fühlte, würde er eine Katze bleiben.

      Klare Augen, blauer als das Meer beobachteten Lina, als wollten sie sichergehen, dass ihre Brust sich regelmäßig hob und senkte. Die Gewissheit überkam ihn. Ungefragt und ungebeten, drängte sie sich ihm auf. Egal was sie für ihn empfand, Van liebte Lina. Er liebte ihre Kraft, ihre Eigenständigkeit, ihren Leichtsinn, ihren Humor und ihr Durchhaltevermögen. Er liebte, wie sie sich in einem Moment noch übergab und im nächsten betrank. Mit ihr wurden vier Tage eingesperrt in einem Raum zu einer Party. Sie war so natürlich und voller Leben. Lina verkörperte für ihn Leben, wie es sein sollte.

      Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, vielleicht in einem anderen Leben, hätten sie zusammen glücklich werden können. Sind es vielleicht gewesen. Tief drinnen, in einem Teil von ihm, den er nicht zu ergründen wagte, wusste er, dass es nicht das erste Mal war, dass sich ihre Seelen begegneten. Er brauchte sie, um ganz zu sein.

      Van wollte sie glücklich machen. Doch da das in diesem Leben nicht in seiner Macht lag, würde er alles daran setzen, sie glücklich zu sehen. Eine uralte Stimme in ihm rief nach ihr und warnte ihn gleichzeitig. Sie würde sein Verderben sein. Sie würde ihm einen Wunsch erfüllen, den er nicht mehr hegte. Aber es war okay. Durch ihre Hand zu sterben, war ein schöner Tod.

      Er hörte die Wellen rauschen, spürte ihr Schaukeln und ein Gedanke, gut verdrängt, bemächtigte sich seines Geistes: Akiko.

      Sein Herz krampfte sich zusammen. Sie hatte alles für ihn getan. Hatte ihn gefunden und aus den Klauen des Wahnsinns befreit. Sie hatte ihn öfter gepflegt, als er zählen konnte. Und doch hatte er sie im Stich gelassen. War geflohen und hatte sie ihrem Schicksal überlassen. Wenn er Lina nicht im Blick hatte, schrie jede Faser seines Seins danach, Akiko zu suchen und in Sicherheit zu bringen. Van konzentrierte sich auf Lina. Sie sah so zerbrechlich im Schlaf aus. Dass auf ihren Schultern eine Last ruhte, die das Schicksal der Menschheit bestimmen würde, war kaum zu glauben.

      Van wusste, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, Lina in Sicherheit zu bringen. Dass ihn Akiko darum gebeten hatte und er würde es niemals bereuen. Doch sein Herz blutete für Akiko. So mächtig sie auch war, war sie doch nicht weniger zerbrechlich als Lina. Beides Frauen, deren Handeln das Schicksal der Menschheit lenken würde. Doch ihm waren die Menschen egal. Nur zwei von den 7,2 Milliarden waren ihm wichtig. Und einen davon hatte er im Stich gelassen.

      SCHULD

       Flughafen Osaka-Itami November 2010

      Akiko saß im Flieger. Die Bilder strömten auf sie ein, ihr Kopf schmerzte. Mögliche Zukunftsversionen wechselten sich im Sekundentakt ab. Es kostete sie jeden Tropfen Selbstbeherrschung, um ihre Augen nicht zuzukneifen, ihre Hände nicht über die Ohren zu pressen, sich nicht in einem Ball zusammenzurollen und panisch hin und her zu schaukeln. Sie war zu lange hinter ihrer behüteten Mauer der Stille gewesen.

      Die Welt des Schmerzes war in Vergessenheit gerückt und brach jetzt über sie herein, ertränkte ihren Geist und war doch nur ein Vorgeschmack auf das, was kommen würde. Akiko hatte Schlimmeres durchlebt. Müsste abgehärtet sein, aber die Jahre des Komfort hatten sie weich gemacht. In diesem Zustand würde es nicht lange dauern, bis der Orden sie erneut gebrochen hatte und dieses Mal mit ihr die Welt.

      Die Folter hatte bereits begonnen und sie fuhren die großen Geschütze auf. Sie ohne Schutzzauber durch den Flughafen zu zerren und in einen Doppeldecker zu setzen, war unmenschlich. Ein einzelner Gedanke reichte, um hunderte neue mögliche Zukunftsversionen zu erschaffen. Die meisten waren sehr einfach gestrickt und zogen eine Kette von Entscheidungen hinter sich. Soll ich sie heiraten? - Eine Frage mit zwei möglichen Antworten. Ja. - Nein. Ausgehend von dieser Entscheidung entwickelte sich ein Geäst der Möglichkeiten, verschlungen und nicht nachvollziehbar. Es gab Linien, die wahrscheinlicher waren. Ihre Wurzeln, genährt aus Erfahrungen und Verhaltensmustern. Die feinen Nebenäderchen fühlten sich an wie Erinnerung an einen Traum, wenn man aufwachte und nur noch wusste, dass man geträumt hatte. Sie verschwanden mit einem Augenzwinkern. Die dicken, pulsierenden Wurzelstränge der gesamten Menschheit bildeten das Zukunftsnetz, geknüpft an Verhaltensmuster und Zwangsneurosen.

      Jeden Menschen für sich zu betrachten, ihn zu studieren, seine Möglichkeiten zu erkennen und ihn in die richtigen Bahnen zu lenken, das war die Aufgabe eines Mediums. Dafür hatten die Götter den Medien ihre Gabe geschenkt. Auf dass sie die richtigen Menschen erkennen und führen. Denn ohne Führung versank die Menschheit im Chaos. Wenige sahen die Zusammenhänge und konnten die Verknüpfungen erkennen.

      Akiko war ein solches Medium, von den Göttern auserkoren, in ihrem Namen zu lenken. Stark genug, um ein ganzes Land zu führen. Dieses Wunder, einzigartig wie es war, saß mit zitternden Händen da. Sie wusste niemand würde kommen, um sie zu retten. In diesem Gedanken spürte sie die Dunkelheit, an der sie zerbrechen würde und mit ihr die Welt.

      Er würde nicht kommen. Van hatte sich vor langer Zeit entschieden. Bereits in einem anderen Leben. Akiko legte die Arme um sich, trieb ihre Fingernägel durch den Stoff ihres Pullovers. Grob gestrickt, drangen sie vor bis zur Haut. Sie nahm den Schmerz nur dumpf war und doch versuchte sie, sich an ihm festzuhalten. Er war schlüpfrig, wurde weggespült von abertausenden Bildern, die doch diesen einen Gedanken nicht vertreiben konnten. Der pulsierende Schmerz in ihrem Kopf schwappten über sie herein und mit jeder neuen Welle wurde der Gedanke stärker: „Er wird nicht kommen“ – keine Wahrscheinlichkeitsvariable – eine Tatsache.

      Akiko grub ihre Nägel tiefer in ihr Fleisch, konzentrierte sich auf das Gefühl von warmen Blut, das aus ihrem Körper lief und den grauen Stoff ihres Pullis rot färbte.

      Sie durfte es dem Orden nicht zu einfach machen. Akiko würde fallen. Alles, was sie wusste, preisgeben. Doch sie musste Van und Lina einen Vorsprung geben, ihren Zielort so lange wie möglich für sich behalten. Warum hatte Van sich gerade bei ihrem letzten Kontakt entscheiden müssen? Warum hatte er nicht damit gewartet, bis Akiko zu weit von ihm entfernt war, um seine Schicksalslinien lesen zu können? Wäre seine Entscheidung eine Minute später gefallen, wäre Akiko nichts wert in den Händen des Großmeisters. So musste sie sich zusammenreißen und das Brechen ihrer Seele

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