Killerwitwen. Charlie Meyer

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Killerwitwen - Charlie Meyer

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kleine Weile“, unterbrach Schorsch eifrig. „Ich habe kleine Weile gesagt!“

      Der Beifahrer lachte gutmütig. „Eine kleine Weile, richtig. Das klingt auch viel besser. Weißte, was meine Oma sagen würde, wenn sie noch lebte? Das bringt die Kacke erst richtig zum Dampfen! Ich sage dir, die hatte Sprüche drauf, dass meine Mutter einen Kopf kriegte wie eine Tomate vorm Platzen!“

      Emmi stand starr. Das Blut schoss ihr in die Wangen, sie öffnete den Mund – und schloss ihn wieder. Es gab nichts, was sie in diesem Augenblick hätte sagen können, die maßlose Empörung hatte alle Worte in ihrem Kopf getilgt. Hilflos starrte sie nach oben, durch die Windschutzscheibe direkt in die aufgerissenen Münder der beiden Männer, und ihre Hände krampften sich mit weißen Knöcheln um die Lenkstange des Fahrrades. Abscheulich war das erste Wort, das ihr schließlich wieder einfiel.

      „Das ist ... ist ab-scheu-lich!“, wiederholte sie mechanisch. „Wirklich ab-scheu-lich!“

      Im Möbelwagen schwappte erneut die Heiterkeit über. Man klappte die Oberkörper nach vorn, ließ sich Köpfe zusammenknallend zurückfallen und trommelte mit den aus den Fenstern baumelnden Beinen in wilden Wirbeln Beulen in den blauen Lack der Türen.

      Es war schließlich die rote Lola, die quer durch ihren Vorgarten hetzte und die empörende Szene beendete. Sie packte den Beifahrer mit festem Griff an der zappelnden nackten Wade, und einen Moment lang dachte Emmi tatsächlich verblüfft, sie täte es, um den Mann zu strafen und ihr zu helfen. Doch die rote Lola selbst belehrte sie gleich darauf eines Besseren.

      „Aber meine Herren! Meine Herren, nicht doch – sie müssen doch nicht so ungemütlich in ihrem Häuschen da oben Kaffee trinken und an einem Keks knabbern. So große, kräftige Männer wie Sie brauchen ein ordentliches Frühstück. Kommen Sie man rein, ich brat’ Ihnen ein paar Eier mit Schinken und dazu gibt’s ein schönes kaltes Bier!“

      Und die beiden großen kräftigen Kerls zogen brav ihre Waden ein, hopsten aus den aufgerissenen Türen und ließen sich, noch immer kichernd und ohne Gegenwehr, von der roten Lola unterhaken und ins Haus geleiten, Emmi und ihrer Empörung einfach die zuckenden Rücken zuwendend. Das letzte, was sie hörte, war ein dezentes Aufquieken, als zwicke irgend jemand irgend jemanden irgendwohin.

      „Also, das ist doch ...“

      Was für ein schamloses Weib. Da schickte sie sich an, einen Professor Doktor Doktor zu heiraten, einen Studierten mit bestimmt mehr als nur einem Bücherregal im Haus, und quiekte trotzdem geschmeichelt auf, sobald sie der erstbeste Möbelpacker zwickte - der Himmel mochte wissen wohin. Ließ sich zwicken, obgleich sie mit angehört haben musste, wie derselbe zwickfreudige Möbelpacker sie, Emmi, kurz zuvor in schweinischer Weise angepöbelt hatte. Ließ sich zwicken von einem liederlichen, verruchten Subjekt mit bestimmt nicht mehr als Hauptschulabschluss und nackten Stachelbeerbeinen, das auf der Straße wehrlose Frauen mit schlüpfrigen Witzen belästigte. Was für ein Glück, dass die endlich auszog!

      Emmi schnaufte wie eine Lokomotive am Berg. Sie bog in den Kiesweg ein, stellte das Fahrrad vor ihrer Haustür auf den Ständer, ohne der rosa Pracht der in diesem Jahr spät blühenden Heckenrosen auch nur einen Blick zu gönnen, und ließ sich im Esszimmer auf einen Stuhl fallen. Bei dem Alten zu Hause dauerts bestimmt auch nochne kleine Weile, bis er einen ... So eine bodenlose Frechheit. Aber so war er, jawohl! So war der Ton, den die heutige Jugend gegenüber der älteren Generation anschlug. Eine bodenlose Frechheit! Eine Unverschämtheit sondergleichen! Und warum? Weil die Eltern ihren Kindern keinen Respekt mehr vor dem Alter einbläuten. Bleibt ruhig sitzen, sagten sie im Bus zu ihnen, wenn einem krückenbewaffneten Neunzigjährigen die Beine unter dem Hintern wegzuknicken drohten, wir haben schließlich auch bezahlt! O ja, so war die heutige Einstellung. Aber dass der Mann zwei Weltkriege und vielleicht sogar seine Frau und ein halbes Dutzend Kinder überlebt hatte, nur um jetzt mit einem Oberschenkelhalsbruch im Krankenhaus an Lungenentzündung einzugehen, das interessierte die Jungschen nicht. Genauso wenig, wie es sie interessierte, wenn eine alte Frau auf der Straße von zwei schweinischen Möbelpackern angepöbelt wurde.

      Ha! - Sie schnaufte immer noch. Ihr Herz bummerte wütend gegen die Rippen, die Füße zuckten unter dem Tisch, und ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Dieser verflixte Hermann. Wenn er nicht so eine gewaltige Schnapsdrossel vorm Herrn gewesen wäre, dann würde er jetzt noch leben. Und wenn er noch lebte, dann würde er jetzt mit Sicherheit auf die Straße stürmen. Und wenn er stürmte, dann, um sich mit seinen Kumpels die beiden unverschämten Kretins zur Brust zu nehmen und ihnen die Hucke vollzuhauen. Sauferei hin oder her, ihr Hermann und auch sein Freund Jochen, das waren wenigstens noch zupackende Männer gewesen. Männer mit Mumm in den Knochen, die mit derlei Gesindel kurzen Prozess zu machen pflegten und nicht erst lange nach dem Wie oder Warum fragten.

      Und David? Ach du liebes Lieschen. Der doch nicht. David würde sich einen Stuhl heranziehen, ihr tief in die Augen blicken und sagen: „Mama, es ist dein gutes Recht, dich darüber aufzuregen. Aber weißt du, es ist nicht gut, wegen jeder Kleinigkeit einen Streit vom Zaun zu brechen. Natürlich bist du wütend, aber im Grunde genommen ist es doch nur eine Nichtigkeit. Sieh mal, du musst die beiden verstehen. Sie haben einen miesen Job und sitzen tagaus, tagein in ihrem Lastwagen oder schleppen Möbel, und wenn ihnen ab und an mal eine Bemerkung über die Lippen rutscht, die nicht so ganz koscher ist, dann bin ich natürlich der letzte, der so etwas entschuldigen würde, aber Mutter ...“ Und so weiter und so fort. Emmi schüttelte gereizt den Kopf.

      Lag es eigentlich an ihr oder an Hermann, dass aus ihren Kindern so selbstgerechte Dummschwätzer geworden waren? Bis auf Christina, von den Nervenzusammenbrüchen mal abgesehen, hatte keins den Mumm der Eltern geerbt. Stefan war vor seinem streitbaren Vater sogar bis nach Australien geflohen. Und David und Julia? Weichknochige, rückgratlose Feiglinge, alle beide. Kümmerlinge! Vor allem aber David!

      Wie fassungslos er sie damals angeblickt hatte, bei der Sache mit Christinas Meerschweinchen. Wie ein Äffchen, das höflich gebeten wird auf einem Seziertisch Platz zu nehmen.

      „Du hast waaaas getan?“ Sie hörte förmlich noch sein asthmatisches Japsen.

      „Einer musste ja schließlich etwas unternehmen, und wie du weißt, ist dein Vater zu Tante Hildegards Beerdigung nach Husum gefahren.“

      „Aber ... „

      „Aber was? Wolltest du etwa losziehen und den Kühlwagen suchen?“

      „Mein Gott, Mama, der arme Kerl konnte doch gar nichts dafür, dass ihm Tinas Meerschweinchen vor den Reifen lief?“

      „Er hätte ja bremsen können!“

      „Eine Vollbremsung für ein Meerschweinchen. Ja bist du denn noch ganz dicht?“

      Emmi nickte energisch. Damals fing das schon an mit diesem respektlosen Ton den Älteren gegenüber, und wenn David nicht schon über dreiundzwanzig und sie nicht so fuchtig auf den Lastwagenfahrer gewesen wäre, hätte sie ihm sicher eine geklebt.

      „Wenn du mir noch einmal so frech kommst, mein Junge, kannst du den Sack schmutziger Wäsche am nächsten Wochenende deinem Spieß zum Waschen geben. Mir jedenfalls nicht mehr. Als ob in einer so großen Kaserne nicht irgendwo eine Waschmaschine herumsteht!“, hatte sie stattdessen empört gesagt. „Und vielleicht denkst du mal darüber nach, was hätte passieren können, wenn Christina dem Meerschweinchen nachgelaufen wäre! Auf dem Friedhof gibt es eine Extraecke für Kindergräber. Wusstest du das schon? Oder warst du in der letzten Stunde wenigstens mal oben in ihrer Kammer und hast deine Schwester getröstet? Nein? Dachte ich’s mir doch!“

      „Nein ... ich meine ja, natürlich ...

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