Killerwitwen. Charlie Meyer

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Killerwitwen - Charlie Meyer

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unterwegs bei dem schönen Wetter. Und ... und überhaupt, die ganze Sache wäre doch nie passiert, wenn du Tina nicht immer erlaubt hättest, dieses verdammte Meerschweinchen mit nach draußen zu nehmen. Sie ist doch erst vier!“

      „Ach? Nun bin ich wohl wieder an allem Schuld. Wenn ihr großer Bruder ab und an mal etwas Zeit erübrigen könnte, um sich um seine kleine Schwester zu kümmern, bräuchte sie auch keine Meerschweinchen durch die Gegend zu schleppen. Du weißt ganz genau, wie sehr ihr Stefan fehlt, und dass sie sich langweilt, weil Julia mit deinem Vater nach Husum ist. Du kümmerst dich ja nie! Wenn du an den Wochenenden nach Hause kommst, dann stellst du dich an, als müsstest du tot umfallen, sobald dich Mama nicht mehr von vorn bis hinten bedient. Und dass du vierundzwanzig Stunden Schlaf am Tag brauchst, ist doch wohl ein Witz! Mein Gott, David, du bist lediglich beim Bund und arbeitest nicht in einer Holzeierfabrik im Akkord, wie dein Vater in deinem Alter. Aber ab jetzt wird sich hier einiges ändern, mein Lieber, und damit Basta! Und vielleicht kümmerst du dich dann auch endlich mal um deine Beförderung, oder willst du dich für den Rest deines Lebens anbrüllen lassen und auf Befehl irgendeines nichtsnutzigen Burschen durch den Schlamm robben?“

      „Mama ...“

      „Basta hab’ ich gesagt!“

      „Das ist nicht fair. Was soll ich denn tun? Dem Feldwebel in den Hintern kriechen oder dem General die Stiefel lecken? Außerdem, Mama ...“

      „Das haben auch andere vor dir getan, aber so ein Pingel wie du ...“

      „... darum geht es doch jetzt gar nicht. Was machen wir, wenn es gleich klingelt und die Polizei vor der Tür steht. Mama, so etwas darf man nicht. Das ist strafbar. Du ... du kannst nicht einfach hingehen und fremde Reifen zerstechen!“

      „Schluss mit der Debatte. Aus und vorbei! Ich habe getan, was ich tun musste und ...“

      „Wir werden ja sehen, was Pap ... Papa dazu sagt.“ Dem Jungen hatten mit einem Mal tatsächlich die Zähne geklappert.

      „Deinen Vater werden wir mit solchen Kleinigkeiten nicht belästigen!“ Zugegeben, Hermann war in seinen nüchternen Zeiten ein ganzer Mann gewesen, und was er tat, bewunderte er selbstredend, während sich bei den Taten anderer - besonders bei den ihrigen - seine Stirn über Wochen zweifelnd fältelte. Es war doch besser, ihn mit derlei Nichtigkeiten zu verschonen.

      „Ich werde es ihm trotzdem sagen“, hatte David heftig und mit Tränen in den Augen gerufen.

      „Mein lieber David“, hatte sie ruhig aber bestimmt erwidert. „Ich lege genauso wenig Wert darauf, dass du deinem Vater diese Geschichte erzählst wie du wahrscheinlich Wert darauf legst, dass ich deiner zukünftigen Frau Tante Mathildens David-Geschichten erzähle und wie sich ein gewisser David, den wir beide kennen, dabei immer vor Angst in die Hosen pullerte.“

      David sprach dann doch nicht mit Hermann über Meerschweinchen und angestochene Reifen, sondern schmollte nur über drei oder vier Wochen. Und als er das erste Mal seine Alice mit nach Koppstedt brachte, mein Gott, mit welch flehentlichem Blick er seine Mutter zu bannen suchte. Armer Junge. Was hatte Tante Mathilden da nur angerichtet.

      „Hat dich auch wirklich niemand gesehen?“

      „David, es reicht. Was bist du aber auch für ein Jammerlappen. So groß und stark und nichts als Pudding in den Knochen. Und jetzt lass mich erst mal meine Jacke ausziehen und bring das Fahrrad in den Keller. Es muss ja nicht unbedingt im Garten stehen bleiben!“

      „Wo ... ich meine, wo genau...“

      „Auf dem Parkplatz vom Supermarkt, wie ich es mir schon dachte!“

      „Und wenn es der Falsche war?“

      „Was glaubst du wohl, mein Sohn, wie viel Kühlwagen pro Tag mit den Resten eines Meerschweinchens in den Reifenrillen durch Koppstedt fahren?“

      Und David war würgend aus dem Zimmer gerannt.

      Niemand kam damals und forderte Rechenschaft.

      „Keine Zeugen, keine Anklage“, murmelte Emmi und spitzte nachdenklich die Lippen. Ob den Lastwagenfahrer auch nur die leiseste Ahnung beschlichen hatte, wem er die beiden platten Vorderreifen verdankte? Eher wohl nicht. Ein Meerschweinchen unter einem so dicken Reifen huckelte wahrscheinlich nicht einmal, und im Anzeiger stand am nächsten Tag nur, Zeugen hätten zwei dunkelhäutige Männer in der Nähe des Tatortes gesehen, was die Suche der Polizei auf das Asylantenwohnheim im Nachbarort Kleinheim beschränkte.

      Der Gefreite David Nichterlein robbte währenddessen bereits wieder durch die Lüneburger Heide.

      Neben dem Hängeschrank in der kleinen Küchenecke hing ein grünlackiertes Holzbrettchen mit einer Rolle abreißbarer Einkaufszettel. Meiner lieben Mami stand in rotem Lack über der Rolle und darunter Deine Julia. Emmi seufzte. Wie lange war das nun schon her, dass Julia das letzte Mal Mami zu ihr gesagt hatte. Als sie älter wurde und die Kinder in der Schule anfingen sie zu hänseln, wechselte sie zu Mutti über, im Erwachsenenalter zu Mutter, und seit ihrem dreißigsten Lebensjahr sparte sie sich die Anrede ganz. Ihre eigenen Kinder sagten Julia zu ihr oder blöde Kuh. Je nach Laune.

      Wenn dich niemand sieht, Emmi ...

      „O nein!“ Sie zerrte so heftig am Papierstreifen, dass der Nagel aus der Wand riss. Das grünlackierte Brettchen schepperte zu Boden, und drei Meter Einkaufszettel ringelten sich luftschlangenartig um ihre Beine.

      „Schockschwerenot, das reicht jetzt!“ Wütend trat sie nach dem Brettchen, Holz kratzte über Linoleum, und die Rolle wickelte sich vollends ab. Sie bückte sich schnaufend und zerknüllte die sich windende Schlange zu einem handlichen papierenen Ball, der zusammen mit dem Meiner-Mami-Brettchen in den Abfalleimer wanderte. Diese Zeiten waren endgültig vorbei, und das nostalgische Kleben an staubigen Erinnerungsstücken löste nur melancholische Seufzer und schlaflose Nächte aus. Julia war neun gewesen, als sie das Brettchen lackiert hatte. Eine spillerige bezopfte Göre mit Zöpfen, die drei dicke Stücke Buttercremetorte verdrücken konnte, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Wer hätte gedacht, dass sich der Floh zu dieser großen, kräftigen Frau mit dickem Bauch und gebärfreudigem Becken auswachsen würde, die eine Horde Kinder aufzog, zehn Kühe melkte und die eigene Butter stampfte.

      Emmi riss ein Blatt vom Briefblock und schrieb mit Schwung:

      Champignon-Baguettes, tiefgefroren

      Butter

      Äpfel (nicht die harten grünen)

      Toastbrot

      Orangensaft vom Aldi

      Nägel

      Sie stutzte. Nägel? Wozu um alles in der Welt brauchte sie Nägel?

      Das weißt du doch, flüsterte das kleine Teufelchen in ihrem Kopf. Für den Möbelwagen da draußen. Du bist doch noch keine tatterige Oma, die sich nicht zu wehren weiß, oder?

      „Halt den Rand“, sagte sie laut und strich Nägel energisch durch.

      Schokolade

      Nein, auch keine Schokolade, davon wurde man zu griffig.

      Trockenpflaumen

      Mineralwasser

      Gouda

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