Die Engel der Madame Chantal. Kurt Pachl

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Die Engel der Madame Chantal - Kurt Pachl

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mon amie«, konnte Chantal nur noch flüstern. Danach sah sie eine Frau im dunklen Hosenanzug verschwinden. Kurz darauf hörte sie, wie ein schweres Fahrzeug rasch davonfuhr.

      »Diese Frau hat enormes Vertrauen zu mir. Dabei kennen wir uns doch erst seit gestern Nachmittag«, dachte Chantal.

      Im Erdgeschoss angekommen wartete die zweite Überraschung auf sie. Miranda hatte den Frühstückstisch liebevoll gedeckt. Während Chantal saß, und den Kaffee genoss, las sie immer und immer wieder die Zeilen des Briefes:

      »Guten Morgen mein Engel. Für eine Frau, die bislang nur Männer verwöhnt hat, warst du für mich die Erfüllung. Ich fiebere unserem nächsten Rendezvous entgegen. Bis bald meine Liebste. Deine Miranda.«

      Woher sie diese Information wohl hatte? Manuela hatte Stein und Bein geschworen, ihrer bisherigen Gespielin nichts, aber auch gar nichts, über Chantal erzählt zu haben. Wie

      auch immer. Dieses Geheimnis musste Frau Dr. Miranda Meinhard noch preisgeben. Später. Irgendwann.

      Nach dem Frühstück spülte Chantal das Geschirr, und brachte Bett und Bad in Ordnung. Bevor sie die Tür hinter sich zuzog, drückte sie ihre geschminkten Lippen auf Mirandas Schreiben, um dieses an der Blumenvase auf dem Tisch anzulehnen. Miranda sollte es sofort sehen, wenn sie heute Abend nach Hause kam.

      Während der Fahrt nach Frankfurt ließ sie noch einmal den gestrigen Abend und die lange Nacht Revue passieren.

      Vor wenigen Tagen hatte Chantal dunkel und bitter gelacht. Im Grund genommen war es mehr als unverzeihlich, dass sie, eine Hure, sich so wenig mit der sexuellen Bandbreite beschäftigt zu haben. Oh, was war sie froh „normal“ zu sein. Ihre Cleopatra kommunizierte mit einem Cäsar. Aber selbst hier gab es unendlich viele Spielformen; je nach Geschmack.

      Sollte sie Miranda bemitleiden? Nein. Das hatte sie nicht verdient. Sollte sie jetzt sich bemitleiden oder gar anklagen, über eine unsichtbare Grenze gegangen zu sein? War es ein Fehler?

      Nein. Nein. Es war kein Fehler. Es war schön, wunderbar, herrlich. Diese Frau hatte sie auf die Wolken gehoben und dort lange Zeit schweben lassen. Sie beide hatten gemeinsam viele und herrliche Höhepunkte erreicht. Es war unbeschreiblich. Nein. Das wollte sie nicht

      missen. Unter keinen Umständen.

      War es schöner, als mit einem Mann? Diese Frage stellte sich für Chantal ab heute nicht mehr. Sie war jetzt in beiden Welten, ja es waren Welten, zuhause. Ihr sexuelles Leben war jetzt doppelt so schön geworden.

      Und plötzlich dachte sie an Harald. Warum Harald? Vielleicht weil er ihr verzieh, mit anderen Männern zu schlafen. Aber würde er ihr verzeihen, auch mit einer Frau geschlafen zu haben?

      Glücklich, ja fast überglücklich, fuhr sie langsam auf Umwegen nach Frankfurt zurück. Sie konnte nicht wissen, dass das Schicksal bereits dunkle Wolken heranschob.

      Kapitel 9

      Am 29. September, es war ein Samstag, landete das Flugzeug in Quebec.

      Chantal und Harald hatten sich vorgenommen, den Indian Summer in all seinen Farben zu erleben, in sich aufzunehmen und in ihrer Seele zu verstauen. Sie wollten ihn im Winter wieder hervorholen, wenn sie zuhause vor dem knackenden Kamin sitzen würden.

      Doch dunkle Schatten tauchten bereits am ersten Urlaubstag auf.

      Harald war bereits vor dem Abflug schweigsam geworden. In den zurückliegenden Wochen hatte Chantal ihn einige Male bekniet, zum Arzt zu gehen. Er kam ihr schlanker vor. Und seine Gesichtsfarbe schien sich auf eine undefinierbare Weise verändert zu haben.

      »Ich bin ein bisschen überarbeitet. Gott, was freue ich mich auf diesen Urlaub«, hatte er leicht geseufzt und ihr einen Kuss auf die Stirn gegeben. Immer, wenn er ihr einen Kuss auf die Stirn und nicht auf den Mund gab, war Vorsicht geboten.

      »Warum musst du noch mit neunundsechzig jeden Tag an die Front? Du hast doch weiß Gott genug gerackert in deinem Leben«, hatte sie noch vor eine Woche gefaucht.

      »Ist ja in Ordnung. Du hast ja recht. Nur noch bis zum Ende dieses Jahres. Dann …«

      »Sobald wir aus dem Urlaub zurück sind, übergibst du alles deinem Geschäftsführer. Okay?«

      »Hm. Aaach«, hatte er gestöhnt.

      »Was heißt das jetzt auf Deutsch?!«

      »Ich weiß nicht, ob ich mich noch auf Kunzmann verlassen kann.«

      »Dann schmeiß‘ ihn raus. Hol‘ dir einen Neuen. Kosten dürfen im Moment keine Rolle spielen. Du weißt, dass ich mich noch nie eingemischt habe. Nichts liegt mir ferner, als die intelligente Tussi zu spielen. Aber deine Gesundheit … Harald … ich brauch‘ dich!«

      »Danke mein Schatz. Das tut gut. Ich liebe dich«, flüsterte er.

      Und heute, am ersten Urlaubstag, hatte er sich einige Male übergeben müssen. Danach nahm er Tabletten ein; viele Tabletten.

      »Harald. Liebling. Was schluckst du denn da in dich hinein? Sollte ich etwas wissen?«

      »Nein. Lass‘ uns den Urlaub genießen. Heute Nachmittag habe ich einen Flug gebucht. Bei den kleinen Flugzeugen wird mir in den letzten Jahren übel. Das ist zur Vorbeugung.«

      Der Nachmittag war himmlisch. Sie flogen über die bunten Wälder von Quebec. Dort unten glänzten viele Seelandschaften in der Sonne. Und da war das Gelb der Lärchen, der Zitterpappeln und der Birken, das Braun der Buchen und Eichen, die unterschiedlichen Grüntöne der Nadelbäume und vor allem das unvergleichliche Orange und Rot der kanadischen Eichen.

      Haralds Hand krallte sich zunehmend in die von Chantal. Sie hatte sich ausschließlich auf dieses Farbenspektakel konzentriert und gejauchzt wie ein kleines Kind.

      »Haaach. Ist das nicht herrlich Harald. So schön habe ich es mir nicht vorgestellt.«

      Doch plötzlich hatte sie ein eigenartiges Gefühl. Harald antwortete nicht. Deshalb blickte sie kurz zu ihm hinüber. Sie sah, dass er gedankenverloren nach unten starrte. Dicke Tränen rannen über seine Wangen.

      »Harald. Harald«, bettelte sie.

      »Geht es dir nicht gut?«

      Doch Harald schien sie nicht zu hören.

      Er starrte weiter nach unten. Er weinte und lächelte gleichzeitig.

      Chantal schüttelte aufgeregt seinen Arm.

      »Ist das nicht ein Traum«, sagte er mit verweinter Stimme. »Das ist das Paradies. Ich möchte es mitnehmen. Aaach ist das schön.«

      Die Art, wie er es sagte, ließ Chantal aufhorchen. Nein. Nein. Das waren keine Worte der Freude. Hier schwangen andere Töne mit; Töne der Ehrfurcht, des überwältigenden Erstaunens aber auch Laute der Hoffnungslosigkeit und einer unendlichen Traurigkeit. Nein. Nein. Das war nicht ihr Harald, den sie sonst kannte. Hier musste sie sich Sorgen machen; große Sorgen!

      Jetzt begann auch Chantal zu weinen. Ihr Instinkt schrie förmlich: »Harald hat dir etwas verschwiegen! Es muss etwas Schlimmes sein. Mit dem Geschäft hat es mit Sicherheit nichts zu tun. Das

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