Die Engel der Madame Chantal. Kurt Pachl

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Die Engel der Madame Chantal - Kurt Pachl

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so intelligent, dass sie wissen musste, was er damit aussagen wollte. Es war also nicht sinnvoll, weiter zu grübeln, sich zu bemitleiden oder nur sich zu sehen. Jetzt ging es um Harald. Sie liebte ihn. Sie respektierte ihn.

      »Hörst du das? Die Tropfen«, flüsterte Harald mit geschlossenen Augen, als sie sich wieder an seine Schulter gelehnt hatte. »Sie sind neugierig … auf das Leben. Hörst du das Plätschern«, murmelte er, und tastete mit seinen beiden Händen nach ihrer rechten Hand.

      Seine Hände waren knochig geworden. Und sie waren kühl.

      »Oh Gott. Ich liebe dich. Was mache ich jetzt ohne dich«, flüsterte er mit geschlossenen Augen.

      »Da vorn ist der Wasserfall. Hörst du ihn tosen? Er ruft. Er ruft. Es war ein schönes, ein herrliches …«

      Danach hörte Chantal nur noch ein letztes zufriedenes Seufzen – und die Moldau … wie sie weiter floss. Sie spürte, wie Haralds Hände kraftlos wurden.

      Chantal beugte sich zu ihm hinüber, um ihm einen Kuss mitzugeben – für seine Reise.

      »Du Spinner. Du Schuft. Warum lässt du mich jetzt allein?«, sagte sie leise – und weinte.

      Professor Kubischek kam gegen 9.00 Uhr. Er fand eine gefasste Chantal vor. Und er war weise genug, keine Fragen zu stellen. Er sah, dass die Frau in ihrem schwarzen Kleid litt. Deshalb nahm er sie kurz und schweigend in die Arme. Erst danach ging er zur Couch. Chantal hatte eine Decke über Harald gelegt. Es sollte nicht frieren. Das Gesicht hatte sie selbstverständlich frei gelassen. Es sah aus, als wolle er sich lediglich einen kurzen Schlaf gönnen.

      Nachdem der Professor seinen Handrücken kurz auf Haralds Wange gelegt hatte, setzte er sich auf einen der großen gemütlichen Sessel. Dort holte er eine kleine Mappe aus seinem Arztkoffer. Bevor er eine Frage stellen konnte, schob Chantal ihm einen braunen Umschlag über den Tisch.

      »Das soll ich Ihnen geben, Herr Professor. Harald hat mich gebeten, Ihnen für Ihre Unterstützung und Begleitung noch einmal seinen Dank auszusprechen«, sagte Chantal mit belegter Stimme.

      Der Professor sah zu Harald hinüber.

      »Er hat mich oft beeindruckt. Auch mir wird er fehlen.«

      Danach blickte er in die verweinten Augen Chantals.

      »Haben Sie miteinander gesprochen, wie es jetzt weitergehen soll?«

      Ein Lächeln huschte über Chantals Gesicht.

      »Sie haben es ja selbst gesagt Herr Professor. Harald war nicht nur Geschäftsmann. Er war mitunter auch höchst kreativ und einfühlsam. Wir waren vor drei Wochen bei einem Bestattungsinstitut.«

      Sie machte eine kurze Pause, um mit fester Stimme fortzufahren:

      »Nachher wird er abgeholt, und nach Slangenburg in den Niederlanden gebracht.«

      »Oh. Davon habe ich schon gehört. Ist das nicht ein bisschen kompliziert?«

      Der Professor war sichtlich überrascht.

      »Eigentlich nicht. Ich muss nur vier Wochen warten, bis ich die Urne abholen kann.« Chantal blickte zu Harald hinüber.

      »Dann habe ich ihn immer in meiner unmittelbaren Nähe. Er selbst hat sich einen schönen Platz ausgesucht. Ja. So war er. Er überließ nur sehr wenig dem Zufall.«

      Professor Kubischek starrte Chantal an.

      Diese entdeckte in dessen Augen höchstes Erstaunen.

      Mit Sicherheit wusste er inzwischen, welche schillernde Persönlichkeit vor ihm saß. Alles hätte er diesen beiden höchst ungewöhnlichen Personen zugetraut – nur nicht eine solche romantische Geschichte. Er rang mit den Tränen.

      Plötzlich griff er hastig nach der kleinen Mappe, um sie zu öffnen.

      »Ich habe die Scheine bereits ausgefüllt«, sagte er halblaut, während er seine Unterschrift unter zwei Formulare setzte.

      Er vermied das Wort „Totenschein“. Ohne hochzublicken, sagte er: »Als Zeitpunkt habe ich acht Uhr heute Morgen eingesetzt.«

      Er blickte Chantal fragend an.

      »Ist das in Ihrem Sinne Madame Chantal?«

      Es war das erste Mal, seit sie sich kannten, dass er sie so nannte.

      Chantal nickte einige Male schweigend.

      »So. Diesen Schein übergeben sie nachher dem Beerdigungs-Institut. Und den hier …«

      »Ich weiß Herr Professor. Harald hat mich genau instruiert.«

      »Was nicht anders zu erwarten war«, brummelte der Professor, während er seinen Arztkoffer schloss, und ruckartig aufstand. Für einige Sekunden stand er vor Chantal. Er blickte ihr in die Augen. Der Professor hatte dunkelbraune Augen, die nun die Frau im schwarzen Kleid und den langen schwarzen Haaren fixierten. Er schien nachzudenken, ob er diese Frau erneut in den Arm nehmen sollte oder ihr lediglich die Hand zu reichen. Er entschied sich für die Umarmung, und sagte anschließend:

      »Wenn das hier alles vorbei ist, trinken wir dann einmal eine Tasse Kaffee zusammen?«

      Chantal lächelte in sich hinein.

      »Diese Frage kam eindeutig nicht von einem Professor, sondern von einem Mann; von Rolf Kubischek.«

      »Ich habe ja Ihre Adresse Herr Professor«, antwortete Chantal mit ihrer dunklen Stimme.

      »Es würde mich traurig machen, wenn wir uns aus den Augen verlieren sollten«, sagte Rolf Kubischek, während der die Villa verließ. Chantal nahm sich in dieser Sekunde vor, diesen Mann anzurufen. Später. Irgendwann.

      Kapitel 10

      Das Leben musste weitergehen. Und es ging auch weiter.

      Der Tod von Harald Lambers sprach sich schnell herum. Chantal beugte eventuellen Anfragen vor, indem in einer Todesanzeige stand:

      »Die Beerdigung findet im allerengsten Familienkreis statt. Von Beileidsbekundungen jeglicher Art bitten wir Abstand zu nehmen.«

      Natürlich standen Iris und Manuela ihrer Freundin bei. Sie respektierten jedoch, dass Chantal nach Haralds Tod einige Tage der Ruhe und inneren Einkehr brauchte.

      Niemals hätte Chantal sich vorstellen können, dass ihr ein Mensch so fehlen würde. Sie saß nun allein in dieser riesigen Villa, und versuchte ihr Leben zu ordnen.

      War es ein Fehler gewesen, Harald nicht zu heiraten? Genau genommen spielte diese Frage nun ohnehin keine Rolle mehr. Unabhängig davon hatte sie sich eben diese Frage zuvor oft genug gestellt – und beantwortet. Nein. Harald war mit diesem Leben zufrieden gewesen. Das hatte er kurz vor seinem Tod noch einmal betont.

      Aber nun fehlte er ihr. Unsäglich.

      Vor allem an den Abenden saß sie allein vor dem Kamin. Die Musik stellte sie lauter als sonst. Und sie trank auch mehr Rotwein als sonst. In den ersten Nächten schlief sie auf dem Fell vor

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