Rabenflüstern. Philipp Schmidt

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Rabenflüstern - Philipp Schmidt

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Heim und Kind und wessen Mauern schützen euch tagein, tagaus vor den Bestien, die auf der anderen Seite des Flusses lauern?« Wieder eine Kunstpause. »Jeder hier kennt die Antwort. Überlegt euch wohl, mit wem ihr trinkt.« Er strafte Frederik mit einem letzten Blick und ging durch die volle Gaststube, wobei Stühle und Beine eilig weggezogen wurden, um ihm Platz zu machen.

      »Aber …«, setzte der Belehrte an, Verschämtheit und Trotz rangen in seinen Zügen um die Vorherrschaft, doch ein Kopfschütteln Sedains brachte ihn davon ab, Einspruch zu erheben. Er ließ einige Kupferstücke auf den Tisch fallen und folgte dann seinem Freund vor die Tür.

      »Großartig, du Held. Hier brauchen wir nicht mehr herzukommen.«

      Kraeh winkte ab. »Es gibt genug Kaschemmen in Brisak.«

      »Was sollte das überhaupt und woher wusstest du, dass sein Vater tot ist?«

      »Nur so eine Vermutung …«

      Sie schlenderten gemächlich von dannen, bis Kraeh seinen Freund am Arm packte und in eine Seitenstraße zog. Zuerst verstand Sedain nicht, aber dann lugten sie beide um die Ecke auf die Tür des Wirtshauses. Und tatsächlich, es dauerte nicht lange, da stahl sich eine vermummte Gestalt aus dem Eingang und entfernte sich raschen Schrittes.

      »Irgendetwas ist hier faul. Und ich meine nicht nur das sonderbare Ableben unsres alten Königs.«

      Sedain nickte zustimmend. »Glaubst du, der Junge hatte recht?«

      »Nein, aber Bran verhält sich eindeutig merkwürdig.«

      Kraeh lag auf dem Bett eines Gasthauszimmers, das sich in einem der äußeren Ringe der Stadt an einen Hügel schmiegte. Sedain und er hatten das Angebot Brans, in einem der Gemächer der Burg zu wohnen, vor einigen Jahren abgelehnt. Das Gasthaus war für beide ein Ort der Zuflucht und Ruhe vor dem politischen Treiben. Sie nutzten den Ort, um sich zu erholen. Meist sprachen sie Abende lang kein Wort. Die Schlichtheit der Stube, deren Einrichtung aus zwei Betten, einem Schrank und einem Schreibtisch mit einem darüber hängenden Spiegel bestand, ließ sie die Turbulenzen der Außenwelt vergessen. Zumindest normalerweise, in dieser Nacht jedoch fand Kraeh keine Ruhe. Ein Diener hatte ihn für den morgigen Tag zu Bran bestellt. Er starrte an die Decke und seine Gedanken drehten sich im Kreis, untermalt von dem altbekannten Ton, der in vollkommener Regelmäßigkeit entstand, wenn Sedain einen Schleifstein über die Klinge seiner Axt zog. Er beneidete den Freund um seine Gelassenheit; ihm war es einerlei, für wen und unter welchen Umständen er seinem blutigen Handwerk nachging.

      »Ich gehe noch mal raus«, sagte er schließlich.

      Sedain sah auf, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen.

      »Sag liebe Grüße.« Doch Kraeh hatte schon die Tür hinter sich geschlossen.

      Er wanderte weniger ziellos, als er sich eingestehen wollte, durch die engen Gassen der Stadt. Passierte er ein Tor, grüßte er die vertrauten Wachen, die gelangweilt auf ihre Hellebarden gestützt ihren Dienst verrichteten.

      Der Schein des Sichelmondes wurde ständig von Wolkenschwaden unterbrochen, weit entfernt grollte Donner, als er vor einem mehrstöckigen Gebäude, von dessen Giebeln dämonische Fratzen lachten und wo in schiefen roten Lettern Magdalena geschrieben stand, haltmachte. Erleichtert stellte er fest, dass in dem Eckfenster im zweiten Stock eine Kerze brannte; die kleine Rote hatte demnach keinen Kunden. Wie jedes Mal versuchte er, sich an ihren richtigen Namen zu erinnern, und wie jedes Mal gab er es nach kurzer Zeit auf. Bei ihrem ersten Treffen vor drei Jahren hatte sie sich vorgestellt, beim zweiten Mal war es ihm peinlich, sie erneut zu fragen, und mittlerweile war es ihm unmöglich, sein Unwissen einzugestehen und sie damit vor den Kopf zu stoßen. Er klopfte an und ein bulliger Glatzkopf öffnete.

      »Du weißt ja, wo’s langgeht.«

      Kraeh schob sich an ihm vorbei, stieg eine muffige Treppe hoch, klopfte erneut und betrat das vertraut schäbige Zimmer.

      Die Hälfte des Raums nahm eine mit bunt gemischten Fellen hergerichtete Schlafstätte ein, auf der eine spärlich verhüllte Frau saß; sofort nahm sie eine aufreizende Pose ein.

      »Welch hoher Besuch«, sagte sie in ihrer flötenden Stimme, reckte sich und löschte die Kerze am Fenster mit den Fingern.

      Ein Kohlebecken verbreitete eine glimmende Wärme.

      »Schön, dich zu sehen, du wirst von Mal zu Mal anmutiger«, gab er zurück, und zog die Tür hinter sich zu.

      »Ach ja?« Eines ihrer langen, elfenbeinfarbenen Beine rekelte sich unter ihrem Kleid hervor, wodurch der Saum bis zum Schritt nach oben verrutschte. Langsam fuhren ihre Zehen seine Oberschenkel hinauf. Das Blut in seinem Körper verlagerte sich, doch er bemühte sich um Beherrschung.

      »Warte«, bat er. Sie zog ihren Fuß zurück.

      »Was denn«, fragte sie leicht spöttisch, »heute nicht in Stimmung?«

      Er ging nicht darauf ein. »Sag, ist dir in letzter Zeit etwas Seltsames aufgefallen?«

      Sie wirkte verwirrt. »Was meinst du?«

      »Du hast doch sicherlich von dem Tod Gunthers gehört. Was erzählen deine Kunden?«

      Sie musterte ihn abschätzend. »Um ehrlich zu sein, ich habe mich nie viel darum geschert, was die Männer alles reden, solange sie am Ende zwei Silberstücke hierlassen.« Sie erkannte die Enttäuschung in Kraehs Gesicht. »Was soll’s?«, sagte sie, rückte ein paar Felle zurecht, legte sich seitlich darauf und lud Kraeh mit einer Geste ein, sich neben sie niederzulassen. Eine Armeslänge lag zwischen ihren Köpfen. Noch ein kurzes Zögern, ein Lächeln des attraktiven Mannes, dann ließ sie sich zwinkernd auf das Spiel ein.

      »Vermutlich darf ich gar nicht darüber sprechen; schwöre mir, niemandem davon zu erzählen.«

      Der Krieger legte die Hand aufs Herz.

      »Also, viele denken, Bran hat mit dem Mord zu tun.«

      »Was?!«

      Sie setzte sich halb auf und verschränkte die Arme auf einem angewinkelten Knie.

      »Schon gut«, lenkte er ein.

      Sie wartete einen strafenden Moment, bevor sie fortfuhr.

      »Man sagt, er habe große Pläne. Außerdem geht das Gerücht über einen unheimlichen Fremden in der Stadt um.«

      Kraeh war hellwach, etwas regte sich in seiner Erinnerung.

      »Das Sonderbare ist, dass niemand ihn bisher beschreiben konnte. Als handle es sich um einen Geist«, fügte sie flüsternd hinzu, kicherte dann aber über die eigenen Worte. »Auch munkelt man, es verschwänden Kinder aus den Dörfern. Aber du weißt ja, wie das einfache Volk so ist. Eine Kuh gibt saure Milch und eine Woche später ist sich jeder sicher, eine Drude mit zwei Köpfen gesehen zu haben.« Erneutes Kichern.

      Sie ging auf die Knie, streckte den Oberkörper, fuhr mit der Linken hinter den Nacken und streifte gekonnt das Kleid über den Kopf. Nackt saß sie nun vor ihm und lächelte ihm erwartungsvoll entgegen.

      »War’s das, du wissbegierige Krähe?«

      Er versuchte nachzudenken, doch ihre steifen Brustwarzen ließen seine Erregung anschwellen und seine Gedanken zerfaserten irgendwo zwischen

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