Nach Amerika! Ein Volksbuch. Dritter Band. Gerstäcker Friedrich

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Nach Amerika! Ein Volksbuch. Dritter Band - Gerstäcker Friedrich

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gut, schon gut« lächelte die alte Dame, die Hand ergreifend und streichelnd —

      »Henkel?« sagte Bloomfield, dem die eben gesehene Persönlichkeit selbst in diesem Augenblick nicht aus dem Sinne wollte – indem er still vor sich hin mit dem Kopf schüttelte.

      »Haben Sie die auffallend schöne junge Frau nicht bemerkt, die mit auf dem Quarterdeck stand?« frug Frau von Kaulitz.

      »Dieselbe die so außerordentlich bleich aussah?«

      »Dieselbe – das ist seine Frau – aber nehmen Sie sich um Gottes Willen in Acht. Sie fahren uns ja mitten auf das Schiff hinauf!«

      Bloomfield lenkte den Bug des Bootes noch zur rechten Zeit zur Seite, der Rudernde warf seinen Riemen rasch aus der Dolle, und das schlanke Boot schoß, den Augen der ihm nachschauenden Passagiere der Haidschnucke entzogen, zwischen die dort ankernden Schiffe hinein an Land, wo schon ein leichter eleganter Wagen sie erwartend hielt.

      Des Capitains Jölle war indessen ebenfalls auf das Wasser niedergelassen und bemannt worden, und der Capitain noch einmal in seine Cajüte gegangen seine Schiffspapiere, die in einer langen, festschließenden Blechbüchse staken, mitzunehmen, wie Geld und abzugebende Briefe zu sich zu stecken.

      Schon vorher war ein Mauthbeamter an Bord gekommen, der aber die Koffer der Passagiere, nach flüchtiger Öffnung, passiren ließ. Einwanderern wird darin viel nachgesehn, und wo nicht durch zu große Massen oder zu geschäftsmäßige Verpackung gegründeter Verdacht vorliegt daß sich Sachen zum Verkauf darin vorfinden, läßt man sie keineswegs selten uneröffnet, oder wenigstens nach ganz oberflächlichem Darüberhingesehn, passiren.

      Clara ging, als Frau von Kaulitz das Schiff verlassen hatte, in ihre Cajüte hinab, wohin ihr, wie des Capitains Boot auf das Wasser niedergelassen wurde, Henkel folgte.

      »Clara« sagte da ihr Gatte mit leiser unterdrückter Stimme, als er den kleinen Raum betrat – »ich gehe heut Abend an Land und kehre vielleicht erst spät, vielleicht erst morgen Früh zurück. Du wirst wohl thun Alles indeß zu ordnen daß wir das Schiff dann gleich verlassen können – ich werde indeß Quartier für uns besorgen.«

      Clara hatte ihn ruhig angehört, aber ihr Körper zitterte während er sprach und sie brauchte Minuten sich soweit zu sammeln daß sie ihm nur erwidern konnte, dann aber sagte sie mit leiser, doch von innerer Heftigkeit fast erstickter bebender Stimme, indem sie ihm fest und entschlossen in das scheu abweichende Auge sah.

      »Für uns? für uns? – unsere Bahnen trennen sich hier – mein Herr – ich kenne Sie nicht mehr und wagen Sie es mich zu zwingen.«

      »Du bist eine Thörin, Clara« – sagte Henkel ungeduldig – »was helfen Dir die unnützen Reden – wer soll Dir hier Beschuldigungen, die Du etwa vorbringen könntest, glauben. Sei vernünftig« setzte er dann ruhig hinzu – »laß den wahnsinnigen Verdacht, den Du nun einmal kindischer Weise gegen mich gefaßt zu haben scheinst, fahren, und füge Dich in das Unvermeidliche. Du kennst die Amerikanischen Gesetze nicht.«

      »Und Du wagst es mir mit dem Gesetz zu drohen?« rief aber jetzt Clara, in furchtbarer Aufregung selbst den Ort vergessend an dem sie sich befanden, und wie leicht sie von Anderen in dem belauscht oder gehört werden konnten was sie sprachen – »Du zitterst nicht, nur vor dem Namen des Richters, dem Dein Kopf verfallen wäre, wenn Gerechtigkeit nicht eine Lüge hieß.«

      »Du bist wahnsinnig!« zischte der Mann, in scheuer Furcht daß die Worte draußen zu dem Ohr eines Dritten gedrungen wären, durch die zusammengebissenen Zähne – »ich will Dir Zeit geben Dich zu sammeln;« und die Thüre öffnend, die er wieder hinter sich ins Schloß drückte, verließ er rasch die Cajüte. Clara aber blieb wie sie der Gatte verlassen, die Augen in grimmem Zorn fest auf die Thüre geheftet durch die er verschwunden, stehn und wollte sich dann umdrehen ihren Sitz wieder einzunehmen. Die Aufregung jedoch und Alles was das arme Herz in den letzten Tagen bedrängt und jetzt in furchtbarer Gewalt wieder über sie hereinbrach, war zu viel für sie gewesen, sie fühlte wie ihr die Sinne schwanden – sie wollte rufen, aber vermochte es nicht mehr – einen Moment hielt sie sich an der Coye neben der sie stand, aber vor ihren Augen dunkelte es, die Cajüte drehte sich mit ihr und bleich und lautlos brach sie ohnmächtig zusammen.

      »Nun meine Herren, wer mich begleiten will« sagte der Capitain der wieder in seinen unbequemsten »geh zu Ufer« Kleidern, mit der »Schraube« auf dem Kopf an Deck stand und die Arme ausdehnte seinen Ellbogen nur einigermaßen Luft zu gönnen – »es ist Alles bereit.«

      »Mit dem größten Vergnügen Herr Capitain« rief der Doktor, der, von Herrn von Benkendroff und dem Professor gefolgt, voransprang, damit wenigstens nicht auf ihn gewartet würde. Henkel, eine breite Geldtasche umgehangen stieg langsam nach.

      »Aber wo ist Ihre Frau?« rief ihm Hopfgarten nach, »die sollten Sie doch jedenfalls mit an Land nehmen, und wenn es nur wäre einen kleinen Spatziergang auf festem Grund und Boden zu machen – die Landluft würde ihr auch gewiß gut thun.«

      Henkel gab eine ausweichende Antwort, und die Cajütspassagiere verließen, von ihren Zwischendecks-Reisegefährten beneidet, das Schiff.

      Die Nacht war indessen vollständig angebrochen, die Cajütslampe angesteckt und der Thee für die wenigen zurückgebliebenen Cajütspassagiere, während Herr Hopfgarten die Honneurs machte, servirt worden.

      »Aber Clara fehlt wieder« sagte Marie, von ihrem Sitze aufstehend, und an die Thür der Freundin tretend, an die sie mit dem Finger klopfte – »Clara, der Thee ist servirt, hast Du die Klingel nicht gehört?« —

      Keine Antwort.

      »Clara – bist Du wieder krank?« frug das junge Mädchen lauter und ängstlich – Alles blieb todtenstill in dem kleinen dunklen Gemach, und vorsichtig und leise die Thür öffnend stieß sie einen Angstschrei aus, als sie die Freundin ausgestreckt und besinnungslos auf dem Boden ihrer Cajüte liegen sah.

      Der Schrei machte aber sämmtliche Passagiere von ihren Sitzen aufspringen und zu ihr eilen, der Steuermann hakte rasch die in der Cajüte hängende Lampe aus und folgte, und während Marie und Anna die Ohnmächtige aufhoben, rief Hopfgarten:

      »Es ist nur ein Glück daß der Doktor nicht an Bord ist« und sprang, so schnell er konnte die Cajütstreppe hinauf in das Zwischendeck nieder, dort den jungen Arzt zu ersuchen einen Augenblick in die Cajüte zu kommen – gleichzeitig rief er Hedwig, ihrer Herrin beizustehen.

      Die Mädchen hatten indeß die junge Frau auf ihr Bett gelegt, und ihr das Kleid geöffnet als Georg Donner, von Hopfgarten eingeführt und von Hedwig gefolgt erschien und durch leichte Mittel die Kranke bald wieder zu sich brachte. Schwerer aber wurde es ihm zu bestimmen was ihr eigentlich fehle, denn ihr Blut ging ruhig, von Fieber war keine Spur, und ihr Blick doch so stier und dann wieder unstät, wie ängstlich und scheu nach Jemand forschend den sie zu suchen schien; das Antlitz dabei so todtenbleich, das Auge eingefallen und trüb, daß er zuletzt fast fürchtete diese Schwäche sei die Vorbotin einer größeren, schwereren Krankheit, die noch unausgesprochen in ihr ruhe. Er bat sie deshalb sich für jetzt nur ruhig in ihrem Bette, neben dem Hedwig die Nacht schlafen sollte, zu verhalten, ihm selber aber zu erlauben sie noch einmal nach Mitternacht zu besuchen etwaigen, dann vielleicht deutlicher ausgesprochenen Symptomen rasch begegnen zu können. Die übrige Gesellschaft ersuchte er die Kranke am Besten sich selber und der Sorge Hedwigs zu überlassen, und zog sich wieder, nach einem herzlichen Händedruck Hopfgartens, dem der junge Mann ungemein gefallen, in das Zwischendeck zurück.

      Capitel 3

      An Land

      Die Nacht war still vergangen, die

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