Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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ist.

      Ich fand gleich Anschluß. Ich sagte nichts, was nicht ohne einen kleinen Witz oder Verbeugung gewesen wäre. Auch einige galante Frechheiten sagte ich ihr in die Augen hinein. Ich war in einer guten Stimmung wie an einem erfolgreichen Assautabend.

      Ein kleines Männchen, das Madelaine in der Tombola gewann und unter allerlei Capricen herzte, gab leichte Gelegenheit zu beziehungsreichen Scherzen.

      Beim Abschied vergaß sie es; ich trug es ihr ins Vorzimmer nach. Sie hatte es «ihren kleinen Mann» genannt und dann auf einem Kaminsims stehen gelassen. Ich beklagte mich im Namen des Symbols über die leichtfertige Grausamkeit.

      Aber wenn auch meine Sätze nicht geistlos waren; sie reuten mich: ich hätte nichts sagen und einfach am nächsten Tage ihr das Männchen bringen sollen. Diese Gunst des Augenblicks hatte ich nicht ergriffen.

      Trotzdem behielt ich die Erinnerung an einen angenehmen, leichten Abend.

      Später erzählte mir Madelaine, daß ich ihr zu Anfang den Eindruck großer Blasirtheit machte.

      Das nächste Mal – ungefähr vier Wochen später – gelang es mir, mit ihr in einer ziemlich ungestörten Ecke zu sitzen. Ich entwickelte ihr eine Theorie des Flirt und sprach überhaupt viel von Mann und Weib.

      Wie sie heute behauptet, weiß sie noch jedes Wort.

      Dann war ich einmal bei Hs ihr Tischnachbar und tags darauf trafen wir uns wieder bei F. Es waren immer Leute um uns, doch trachtete ich, in meinen Worten so persönlich als möglich zu sein. Beim Weggehen bedauerte ich, sie solange nicht sehen zu können und erhielt die Erlaubnis Besuch zu machen.

      H. erzählte mir am Heimwege mit Achtung von ihrem Ernste; er findet sie interessant und würde – wäre er nicht verheiratet – «anklopfen».

      Traf sie nicht an. Wenn ich nicht irre, ging sie noch am selben Tag zu Hs, um meine Adresse auszukundschaften.

      Seither war ich häufig bei ihr zum Thee und ging auch mit ihr spazieren. Sprach meist gut, was mich mit großer Freude erfüllte.

      Eine entscheidende Wendung scheint für mich eingetreten zu sein, als ich ihr die Gedichte von R. vorlas. Doch fällt mir eben etwas ein, das älter ist: Als ich einmal abends von ihr kam, fiel mir Valerie ein. Ich vermutete (mit Unrecht) eine Ähnlichkeit des Typus. An dieses schwere, überreife Fallen dachte ich.

      Die Parallele ergriff mich. Ich hatte sofort den Wunsch die Epoche Valerie wiederzuleben. Aber mit aller Erfahrung, was mich damals ziemlich ahnungslos ergriff. In diesem déjà connu liegt ein morbider Reiz, etwas krankhaft Intensives. Dies war die erste Bedeutung Madel. für mich. Ich nahm mir vor sie zu gewinnen. Wohllüstig, mit geöffneten Sinnen und verschlossenen Erinnerungen.

      Die ganze nächste Zeit über sondirte ich. Aber die Parallele war falsch. Mein Interesse ermüdete und spannte nur hie und da wieder an. Für ein Gewinnen war der Antrieb zu schwach.

      Dann erst kam jener Nachmittag. Ich lag in einem hohen Stuhl und psalmodirte. Meine Stimme hatte etwas Priesterliches, Rauhes und Erregtes – zögernde Inbrunst eines Mariengebetes. Dazu die Pracht Rs. Ohne die Stimmung zu verletzen erklärte ich. Ich celebrirte gewissermaßen meine Meinung von der Liebe.

      Es griff mich bis zur Erschöpfung an. Auch sie. Es war wirklich gelungen unsere persönliche Beziehung aufs äußerste zu steigern. Und die Gemeinsamkeit war so, als ob wir eine Nacht zusammen geschlafen hätten.

      Seither sehne ich mich nach ihr und sie zeigt mir, daß sie mich liebt. Noch schien es mir anfangs ungewiß. K. redet mir zu, nicht zu zaudern. Selbst ein Fehlschlag ist besser als unversucht lassen.

      Aber ich kann nicht. Marguérite. Ich überlege nicht, ich mache mir keine Vorwürfe, aber sie wird es wohl sein, die mir die Kraft raubt. Ich habe kaum mehr etwas zu wagen und greife doch nicht zu.

      Als wir uns das letztemal sahen, fuhr ich mit Madl. ins Bois. Madel. sprach nur leicht verschleiert von ihrer Liebe zu mir. Zu meinem Schrecken sehe ich, daß ich ihre Sätze nicht mehr weiß. Aber sie durchdrangen mich. Es war wie ein Glück, das man kaum begreift. Und ich bat sie fast, mir Zeit zu lassen. Ich sagte ihr, daß ich sie liebe, daß ich aber es noch nicht wahr haben will. Sie verreist für acht Tage. Ich bat sie, diese Tage über noch den feinen Genuß der Enthaltsamkeit uns kosten zu lassen. Aber es war nicht Raffinement, nur Feigheit.

      Jetzt sehne ich mich nach ihr.

      Marguérite erscheint mir hübscher als vorher, aber ich vermag sie kaum zu küssen. Denn nicht mehr in ihr küsse ich mich. Ich will etwas finden, das mir in dieser Angelegenheit Stil und gutes Gewissen gibt.

      Ich vergaß zu notiren, daß das erste Zeichen meiner Neigung war, daß mir wieder Gedanken von einem lange verlorenen Typus einfielen.

      Scheidungsgedanken. Ich muß mich ganz auf Madelaine konzentriren können. Mit ihr – so als ob es zum ersten Mal in die Welt hinausginge. Ich muß mich ganz hingeben können.

      Ich verbrachte zwei Tage mit Marguérite. Aus Feigheit vor ihrem Verdacht. Ich hatte Angst davor, aber alles ging gut. Wenn ich mich an die Sinnlichkeit erinnere, muß ich an gelbe Seide denken, die mich bedeckte. Ich vermochte mich ganz auf den Augenblick zu konzentriren.

      Im Ganzen war aber meine Stimmung schwankend. Überempfindlich gegen Derbheiten an Margu., die ich lange nicht mehr beachtet hatte.

      Ich muß mich nur der gewissen Phantasien enthalten: Mit Madelaine allein im Gebirge, oder nachts im Wald od. dgl.

      Gegen Ende wurde meine Stimmung immer günstiger für Margu. Zärtlichkeiten sind mir ganz natürlich nur die kindischen Neckereien, das klein-und ausgelassen sein geht nicht.

      Madel. ist wieder zurück. Es lag etwas Fremdes zwischen uns. Alltagsärger, der in der Zwischenzeit vorfiel. Ich habe keinen rechten Anschluß an sie. Dabei Angst, durch meine Künstelei den Augenblick versäumt zu haben. Ich bin entschlossen mir das nächstemal Gewißheit zu holen.

      Gegen Margu. bin ich fast so als ob nichts nebenher ginge. Vielleicht deswegen, weil ich nun bestimmt weiß, daß Madelaines Zeit gemessen ist.

      Diese Gewißheit hat mir übrigens auch Madel. gegenüber wieder zu einigem Leichtsinn verholfen. Ich war in der letzten Zeit zu sentimental.

      Heute kam es zu einer Krise. Die Schwierigkeit mit Marguérite türmte sich in mir an und raubte mir alle Freiheit. Ich setzte Madelaine ausführlich meinen Zustand auseinander. Sie schien mich zu ermutigen. Dann kam ihr aber wohl der Einfall, daß eine Liebe, an der man so würgt, keine Leidenschaft ist. Und sie will mitgerissen werden – ins Unendliche.

      Endlich hatte ich alles herausgebracht. Ich war ganz warm. Ich hatte mein Leben vor Madelaine ausgebreitet, wie sich ein Bub vor eine Frau wirft. Sie sprach plötzlich so freundschaftlich. Ich wurde vorsichtig und formulirte sehr umständlich – ob sie glaube, daß aus ihrem jetzigen Zustand Neigung werden könnte od dgl. Nein, Neigung reißt sofort mit; da gibt es kein Fragen.

      Unbeschreibliches Gefühl der Enttäuschung. Plötzlich verkehrte Perspektive. Aufsteigender Zorn. Sofort Erinnerung, daß mich dieser Augenblick nicht stillos verlassen dürfe. Ruhige, analysirende, psychologische Worte. Ich zerlegte unsere Beziehungen. Zeigte was mich zu meinem Glauben veranlaßte. Bat um Aufklärung Ich kenne Sie noch so wenig – hatte sie u. a. gesagt; daran erinnerte ich sie, wie mir einfällt, noch nicht. Im Übrigen hatte sie sich schlecht ausgedrückt. Sie hat Neigung zu mir und kämpft um es zu unterdrücken, weil sie sich vor meiner Moral fürchtet.

      Von dem Augenblick

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