Gesammelte Werke. Robert Musil

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Gesammelte Werke - Robert Musil

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die Seelen derer, so nicht reden können – aber die Gedankenkünstelei verdroß ihn, er schwieg, konzentrierte alles auf das Bild dieses Gastgartens – es war aber wirklich durchaus banal, einfach ein Produkt dieser Hochsommertemperatur – und dennoch hatte er eine Ahnung, daß er es festhalten müsse, als ob ganz sicher noch etwas hinzukommen würde. Und so hielt er denn am ganzen Nachhauseweg das dumme Bild fest und nur hie und da zuckte ein neues auf, ohne sich aber recht an das vorhandene anschließen zu können. Arbeiter wie sie in der Mittagspause lang auf den Sandhaufen lagen ein junges Mörtelweib, das mit glückblitzenden Augen aus einer braunen Flasche Schnaps trank … und sich so ganz vital befriedigt auf den schwangeren Bauch klopfte …

      Zu Hause fand er eine Karte seines Vaters .. nächstens mehr; von allen die herzl. Grüße; Gustl ist in Kissingen u. dann München; Donaths seit vorgestern zurück. Eberle hat sich das Leben genommen. Schreibe recht bald – dein zärtlicher Pp.

      Marsilius setzte sich sofort hin, holte eines der fahlen Billets mit dem Siegelring des Patriarchen .. als Wappen und schrieb nach Hause. Ich habe mirs überlegt u. mache meine Reise erst im Herbst. Komme jetzt aber für 14 Tage zu Euch um mich einstweilen ein bischen zu erholen. Auf Wiedersehen Marsilius.

      In Bodenbach kaufte er sich die Lokalzeitung seiner Heimat. Wie er vermutet hatte, fand sich eine Notiz über das Begräbnis, des dreißigjährigen Studenten Jak Eberle, der sich – infolge von Überarbeitung überreizt – das Leben genommen hatte. Studentenschaft u. Professorenkollegium waren beim Begräbnis zugegen, der Rektor hatte eine Ansprache gehalten, in der er den Ernst der Wissenschaft betonte u. den Verschiedenen als einen auf seinem gefahrvollen Posten Gefallenen schilderte, der akademische Gesangverein, dessen Mitglied der Verstorbene war, hatte den Abschiedscantus gesungen, sicher wurde nachher in der Kneipe der Ferialverbindung Sudeto-Moravia ein Trauersalamander gerieben und Hanuschkas Eberles bester Freund wird den Nebensitzenden von verdächtigen Äußerungen erzählt haben, die sich schon in der letzten Zeit gezeigt haben.

      Hanuschka … Marsilius sah den kleinen, breitschultrigen Halbslawen vor sich, mit irgend einer furchtbar breit gestreiften Cravatte, wie sie sie alle trugen, dann sein grauenvoll ungelenkes Lachen, bei dem jeder Teil des Gesichtes für sich irgendwohinging … Es war eine andre Welt, eine lange verlassene Welt, eine beschränkte, widrige, von der er nicht verstand, wie sie ihn so lange festhalten gekonnt – und doch wurde ihm jetzt warm, heimlich –, zum Einschlafen, als sie Stück um Stück erwachte.

      So fuhr er bis B. Und von Station zu Station wurde das Bild Eberles in ihm lebendiger, dieses Menschen, den er kaum gekannt hatte, der an seinen heutigen Ansprüchen gemessen völlig ohne Wert war und um dessentwillen er dennoch diese weite, reizlose Reise machte und an Maria dachte, als ob sich ein Sprung zwischen ihnen gezeigt hätte, der größer werden würde. Gerade deswegen wollte er es eigentlich abschütteln. Maria war fein, gelehrt, voll Reminiscenzen, vielfältig, alle Vergangenheiten konnte man in ihr lieben. Marsilius wollte sich erinnern Damals – gleich – als ihr Kopf in den Kissen lag, gelb vom verfärbten Zimmerlicht – wie aus einem fahl getönten Stein herausgeschnitten. Oder .. Aber andere Bilder wuchsen darüber hin, erst wie Farbenflecke, die es wie wuchernder Rasen zudeckten, dann sich allmählig zusammenschlossen bis da und dort einer der Züge Jakob Eberles sich gebildet hatte, von denen Marsilius nie geglaubt hätte sich noch zu erinnern.

      Ein kleiner Kopf, zu klein fast für die lange magere Gestalt, – das war wohl eine bezeichnende Einzelheit. Dann etwas Merkwürdiges: das Haar.

      Stil: Das Verschwimmende, kaum Abgehobene eines solchen Lebens. Es kommt, hat stille unbeachtete Wirbel und geht – bei der Arbeiterretirade am Meer – wieder in die Unendlichkeit.

      Man könnte den Einfall von Eberl. letztem Gang mit der Schilderung des sterilen Menschen verknüpfen. Eberle etwa als Opfer ihrer Witzchen (natürlich nur so nebenbei). Da ist einerseits der Mensch E., der vielleicht etwas Dunkles am Grunde hat; ist das aber ein persönlicher Vorzug? So ähnlich ist die Frage. Es schützt nicht vor Lächerlichkeit, es gibt vielleicht einen Moment in seinem Leben, der wie ein Geigenton ist, den genießt aber ein anderer. Höchstens eine Abschiedfärbung, mit der er die Welt sieht, grenzt ihn für kurze Zeit ab; aber was vermag er damit? Es ist das Problem der Ökonomie, das Schöne ist nichts, wenn man es nicht zerteilen, einordnen, verfächern kann.

      Dann der Mensch A. der eigentlich Fragwürdige. Er könnte Maler sein, er könnte Dichter sein; warum ist er es nicht? Er darf es nicht sein, sagt er sich, er muß der Umfassende bleiben. In Amsterdam zu Hause wie in Rom, niemand ernst nehmend, alles vernichtend. Vorbild von Romanen, nicht Romane schreibend, in einem kleinen Erlebnis mehr als eine Generation von Dichtern, stets sich dessen bewußt. Poseur. Warum Poseur? Betrügt sich um alles. Und handelt doch scheinbar richtig. Wieder die Breite, die fehlt. Er wird kleinlich hinterhältig, weil sie ihm fehlt und weil er mit Gewalt sein Ziel spielen will. Könnte er es in Wirklichkeit überhaupt erreichen? Er ist kaum anzugreifen, so haarscharf geht er am Rechten vorbei.

      … Zum Schluß haben Marsilius u. A. das Bedürfnis für einige Zeit voneinander befreit zu sein. Und wie M. zum erstenmal das südliche Meer vor sich hat, atmet er weit auf, er fühlt wie er über A. hinauswächst, indem er zu sich selbst findet. Dasselbe fühlt aber A. unter dem feuchten, über die Ebene heraufkommenden Himmel Hollands. – Recht haben nur Sonne, Wind und Regen.

      Gesichtspunkt

      Das Problem Eberle-Marsilius usw. hängt zusammen mit der Schwierigkeit letzter Begründungen von Werten. Worüber ich mit All. anläßlich Kochalskis sprach. Dieser Mensch hat Erfolg, wird verwöhnt, behauptet jedenfalls beim Spiel intensive Empfindungen zu haben und in anderen zu erzeugen. Ich sagte, diese Empfindungen seien nichts wert. Warum? Weil zum wertvoll-Emotionalen immer die Verflechtung mit Intellektuellem gehöre. Wie aber, wenn er sehr abgestufte, mannigfaltige Gefühle hat, sie hat, ohne darüber reden zu können? Es ist also auch hier die Frage, wieviel die Gefühle geistig stummer Menschen wert sind.

      [Ein luetischer Dichter]

[Ohne Titel – 1907/08?]

      Ein luetischer Dichter fühlt die Paralyse sich ihm nähern. Seine Frau, mit der ihn einstens feinste Dinge verbanden, begann eben von ihm sich abzuwenden, wie feinste Dinge eben vergehn …

      Einer, dem eine Gehirn od Herzerkrankung droht u der sich nicht schonen darf.

      Der Hausarzt: es kommt, unvermeidlich, aber wir können ihm sein Leben verlängern, Aufregungen ersparen, ihn über seinen Zustand täuschen

      Er: Ich fühle mich so stark, Einfälle überströmen mich, ich habe Angst, daß ich wahnsinnig werde. Daß ich es weiß u davon spreche, nicht wahr, das hat nichts dagegen zu bedeuten. Nur eines hält mich, mein Denken geht nicht ins Extreme, eine Philosophie der mittleren Linie, es ist alles so einfach, ich begreife nicht, wie man es nicht sehen kann (Indiv. – Egoism usw. vielleicht in unbewußtem u doch causalem Zusammenhang mit seinem häuslichen Problem)

      Aber wenn ich krank werde, ich will nach Österreich, dort sind die Menschen weicher, sonst nichts. Nicht wahr die hütende [?] Wittwe des Großen ist mir unsympathisch, sorge, daß ich gut gehalten werde, wenn ich nicht vorher kann, und nimm Dein Leben auf – Der Freund: ich will nicht teilen. Schließlich seine Schuld (ein Guter wird bös, gedrängt von sich)

      Der Frau wird durch die Krankheit das Problem erschwert .. Schließlich (in Concurrenz von: man muß ihn über sich bestimmen lassen und von: ich will freien Weg) sagt sie ihm seinen Zustand. Auf das Ausbruch, lichter Moment, Gift – Sie mit allen Fasern noch einmal an ihm hängend, höchste Steigerung u sinkt dann dem Freund in die Arme, (owohl auch der Arzt anwesend wäre)

      Verknüpfen eventuell mit Problem der Wahl zwischen zwei Menschen wie A u ich – Imponderabilien. Einst warst Du mir lieber, aber ich weiß nicht, nichts hat sich geändert nur ein Unwägbares strömt – von einem zum andern, .. von Dir fort

      Letzte

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