Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter Rosegger страница 77

Автор:
Серия:
Издательство:
Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

Скачать книгу

eh' sie dir ganze Säcke Rüben davonschleppen und verschachern. Von deinem Weib gilt dasselb', gilt noch mehr, du Hahn'r du! Und wer vor seiner eigenen Tür soviel Mist hat, der soll vor einer fremden nicht kratzen. Hörst es, Winkelbauer, die mein' schlag ich dir vor der Nase zu, du bist mir Kas! Von dir wird kein Wirt reich, du Geizfilz; und ich dank noch meinem Gott, wenn du mir die Gläser rein läßt, 's will nach dir so keiner trinken draus. Wasch dir dein Maul einmal mit Bachsand, das ist ein guter Rat, du grauslicher Schmutzhammel, du!«

      Der Hahnenkamp lachte überlaut und rief noch durch das Fenster hinein:

      »Ich lach'! Du alte Waldschnepf, und dreihundert Zapfenwirtinnen zusammen sind nicht imstand', mir soviel Ärger zu machen, nicht soviel!« Er reckte einen Finger empor und deutete nach dem schwarzen Nagel. »Und daß du die Tür vor mir zuschlägst, ist mir auch recht; wenn das Bettelweib die Hand nicht auftut, so bleibt einem der Pfennig gespart, 's ist doch wahr, was die Einschicht-Res sagt: Der Herrgott und der Teufel sind zusammen durch die Welt gegangen; wo der Herrgott gerastet, da steht eine Kirchen, wo der Teufel gerastet, da steht ein Wirtshaus. B'hüt dich Gott, Zapfenwirtin!«

      Da flog die Tür auf, und die Wirtin goß einen mächtigen Kübel Schwemmwasser gegen den höhnenden Mann.

      Der Hahnenkamp ging langsam davon, aber sein Gesicht war dunkelrot und sein Hals merkwürdig angeschwollen. Als er über seine Wiese ging, wo die Leute bei der Heuernte waren, sagte er halblaut zu seinem Weibe:

      »Alte, komm mir in zehn Minuten nach, hab' was zu reden mit dir!« Dann schritt er dem Hause zu.

      Die Bäuerin begann zu schluchzen und klagte es der Magd, daß sie nun wieder Schläge bekäme, warum, das wisse sie nicht, es müsse ihren Mann wieder wer »wild« gemacht haben, er sei nun schon vorausgegangen, um den Strick zu drehen.

      »So geh ihm halt nicht nach, Bäuerin«, riet ihr die Magd.

      »O jegerl, da wär's aus!« jammerte das Weib, »nicht, daß ich's sag', aber bei den Haaren tät' er mich ins Haus schleppen, und erschlagen tät' er mich. Es ist wohl ein Graus, wenn man mit einem solchen Wildling zusammengebunden ist sein Lebtag lang.«

      Ergeben in ihr Schicksal, ging sie dem Hause zu. Ein Wirbelwind kam und zerzauste die Heuschichten, und die Fetzen tanzten in der Luft, und einzelne Halme trug er hoch empor; sie fielen nicht mehr zurück auf die Wiese des Hahnenkamps, sondern verloren sich im Walde, blieben hängen im Gestrüpp – ein Vogelpaar wird sie sammeln und sich ein trauliches Nest daraus bauen. Möchten die Ehen der Menschen immerdar so friedlich sein als die der heiteren Vöglein in den Lüften.

      Da ging's beim Haberturm ruhiger zu.

      Und der Haberturmhof zeigte, daß die Weiber überhaupt auf der Welt zu entbehren sind. Da gab's keine Stallmagd, sondern einen Stallbuben; keine Küchenmagd, sondern einen Küchenbuben; und am Herde und im Speisekasten und in der Vorratskammer, da war nur der Haberturm daheim. Und es mag wohl gesagt werden, er war hier daheim wie die umsichtigste Hauswirtin, und sein Sterz und seine Knödeln unterschieden sich in nichts weiter von denen weiblicher Erzeuger, als daß sie sehr oft – nicht da waren. Dieser Unterschied hatte seinen Grund darin, weil auch der Haberturm sehr oft nicht da war.

      Es gab Tage, wo der Bauer sich dennoch gern von weiblichen Wesen kochen, einschenken und bedienen ließ, und da saß er denn unten im Zapfenwirtshause beim mittleren Tisch oder beim Kachelofen, und die Gespräche der Wirtin hielten seinen Geist rege bis auf den Moment, wo der Haberturm mit dem Oberkörper langsam nach vorn auf den Tisch sank und friedlich einschlummerte.

      Indes hatte der einsichtsvolle Mann für derlei Fälle vorgesorgt.

      »Du, Hannes,« hatte er einmal zum Altknecht gesagt, »Mensch ist Mensch, und sollte mir einmal irgendwie was zustoßen und ich nicht pünktlich nach Hause kommen, so wirst in der Haustruhe Zwieback finden, das trag' den Leuten auf, und Milch dazu; ist ein kräftiges Essen.«

      Ein kräftiges Essen fürwahr und für kräftige Esser, denn der Zwieback war nichts anderes als altes, gedörrtes Schwarzbrot, das nur mit Eisenhacken zerkleinert werden konnte und erst durch langes Aufweichen in der Milch genießbar wurde.

      Und siehe, es ereignete sich öfter und öfter, daß dem guten Haberturm etwas Menschliches zustieß, so daß die unzufriedenen Knechte schon davon sprachen, die Vorratskammer zu erbrechen.

      Vor mehreren Jahren, als der Haberturm einmal auf Holzhandel aus war, brachte er einen hübschen Knaben mit heim. Dieser war der Sohn einer Dienstmagd; der Haberturm nahm ihn aus »reiner Barmherzigkeit« und übte an ihm Ziehvaterstelle. Vielleicht wollte er ihn zu seinem Nachfolger machen.

      Rudolf, wie der Junge hieß, war lebhaft in der Arbeit, anstellig und flink und immer munter. Er hatte sich mit seiner Umgebung bald vertraut gemacht, und wo es im Hofe, auf dem Felde oder im Walde was zu tun gab, da war er dabei, und alles wußte er so anzufassen, daß es ihm gelang, so daß der Altknecht sagte:

      »Der Kleine ist ein rechter Saggra, da spielt er sich herum mit dem Zeug, und es wird was fertig.«

      Rudolfs weiße Zähne waren die einzigen, die auch mit dem Zwieback fertig wurden.

      Eines Tages, als der Haberturm grämig vom Zapfenwirt heimkam, sagte der Knabe:

      »Vater, ich möcht' Euch wohl schön um was bitten!«

      »Gib Fried'! Ich bin nicht aufgelegt, will jetzt schlafen gehen!« entgegnete der Bauer unwirsch, aber des anderen Tages fragte er doch: »Rudolf, was hast mich denn gestern bitten wollen?«

      »Vater, der Tag ist lang, und die Steinarbeit ist schwer, unsere Leut' sind alle fleißig und richten was aus.«

      »Sei nur still, Bub', ich kenn' deine Flausen schon,« unterbrach der Bauer, »du möchtest dich im Hause überflüssig machen und zu Heidepeters Schulmeister 'nüberlaufen, wie du's heimlich schon getan hast. Gelt, daß ich alles erfahr' und errat' – gelt! Aber, ich sag' dir's, Bub, denk' mir an das Zeugs nicht! – Schau, Rudolf, wenn ich meine Pflüge und Mistgabeln politieren wollt', du tätst mich hellicht auslachen, und ein gelehrter Bauer ist geradeso wie eine politierte Mistgabel. Weißt, die Buchstaben bauen kein Feld an und stocken keinen Wald ab; die bleiben im Bücherstaub hocken und verduseln die Zeit. Was meinst, daß aus Heidepeters Gabriel wird. Ein Garnichts wird aus ihm: zum Bauer ist er zu gescheit, zum Herrn zu dumm. Ein Garnichts ist auch wer, meinst?«

      »Ich hab' Euch nur bitten wollen wegen was anderem,« sagte Rudolf schüchtern, »wenn Ihr nicht daheim seid, da geht's verkehrt zu – die Leut' haben kein rechtes Essen. Da bitt' ich Euch, daß Ihr mich das Kochen lehrt, dann will ich's schon besorgen.«

      »Ja, du junger Spatz wirst das Kochen lernen!« lachte der Haberturm; aber in den nächsten Tagen, wenn der Knabe neben ihm am Herde stand, redete er in einem fort: »So, Rudolf, jetzt schau, so macht man das, so rührt man das Mehl, so zerläßt man das Schmalz, so kocht man die Suppe ein, und das muß diese Form haben, und diese Farbe und diesen Geruch, und dazu nimmt man einen, oder zwei, oder drei Löffel voll von dem, oder dem –«

      Und als hierauf dem Haberturm wieder einmal was Menschliches zustieß, da kochte Rudolf das Mahl, und die Knechte lachten und sagten:

      »Jetzt mag der Bauer ausbleiben, solang' er will; wenn er nur zu Weihnachten kommt, um uns den Jahrlohn auszuzahlen.«

      Und Rudolf war froh in sich hinein und aus sich heraus, und er sang und jodelte, wo er ging und stand.

      Und er ging doch manchmal zum Heidepeter hinüber und lernte mit Gabriel und der kleinen Regina, und zu

Скачать книгу