Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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Christenlehre in der Einöde

       Inhaltsverzeichnis

      Für den Heidepeter kamen nun Sorgen noch ganz besonderer Art, an die er nie gedacht hätte. Sein Bub, sein Gabriel! Der hatte angefangen, so Gesangeln auszudichten, weltliche, immer einmal nichtsnutzige, die er dann gern sang, die auch Haberturms Rudolf sang und sogar die Regina! – Dem Peter wollte es nicht gefallen, das; doch sein Weib sagte: »Ist halt ein Übermut, der Bub. Aber daß es was Schlechtes ist, was er zusammendichtet, das kann man nicht sagen. Immer einmal ist es gar was recht Frommes und Erbauliches.«

      »Gott geb's!« seufzte der Heidepeter.

      Da kam jener Tag, der dieses Elternpaar erst hochbeglückte und dann in die bitterste Trostlosigkeit stürzte.

      Zur Herbstzeit, als das Fest Maria Geburt kam, war Christenlehre in der Einöde.

      Das war immer der schönste Tag für die Zapfenwirtin. Nicht zu glauben, was es da alles zu tun gab im Hause; aber sie war eine religiöse Frau, sie fand auch noch Zeit zum Aufputzen des Altars im Kirchlein.

      Auch Davidl, der »junge Herr«, folgte dem Beispiele seiner Mutter; am Christenlehrtag war er immer herausgeputzt wie ein Hochzeiter, und man kann's wohl sagen – er hatte die schönsten Kleider unter allen Burschen der Einöde. Der Davidl hatte seit seiner Kindheit, sowohl wenn ein Gewitter im Anzuge war, als auch zum Eingange der Christenlehre in der kleinen Kirche das Glöcklein geläutet.

      So tat er's auch heute wieder; dabei lugte er aber angelegentlich in einen Handspiegel, ob sich die Schönheit seines Gesichtes durch die starke Anstrengung nicht etwa verminderte. 's ging an, oder wollten die Wangen nicht doch ein wenig zu breit auseinanderfletschen?

      Als endlich der Herr Provisor in Begleitung des Haberturm des Weges herankam, eilte ihm die Wirtin schon von weitem entgegen, sagte dreimal »Küß d'Hand, Hochwürden Herr!« und siebenmal »Nein, das ist der schönste Tag in meinem Leben! Das sag' ich heut' und allemal: Wir haben einen goldenen Herrn Pfarrer, und im Falle der einmal von Rattenstein wegkommen sollt', so geb' ich nicht nach bei meinem Mann, und wir verkaufen das Haus und ziehen dem hochwürdigen Herrn nach.«

      Der Provisor war auch artig und hielt die Zapfenwirtin lange bei der Hand, und die Zapfenwirtin blickte in der Runde umher, ob die Leute, die vor dem Wirtshause bereits versammelt waren, es denn doch wohl auch bemerkten, wie gut sie mit dem Pfarrer stehe.

      »Wem gehört das blaugekleidete Mädchen dort?« fragte der Provisor.

      »Ah, das ist die Heidepeterisch',« antwortete die Wirtin und rümpfte ein wenig die dünne Nase, »nu ja, 's könnt' ein recht nettes Dirndl sein, aber – man muß sagen, was wahr ist – sie wachst bei diesen Leuten da oben auf wie der Baum im Wald, nur daß sie zu keiner Krone kommt. Mein Tausendherz! und der Schulmeister, der alt' Ketzer, hat sie auch verdorben. Ja, dasselb' kann ich nicht oft genug sagen, 's ist ein heiliges Glück, daß dieser Mensch – wie red' ich nur gleich – schön fest mit Erden zugedeckt ist – Gott wird mir die Sünd' vergeben, aber die ganze Einöd hätt' er angesteckt und verdorben!«

      Im Kirchlein brannten zwei Kerzen, vor demselben war ein weißgedeckter Tisch aufgestellt, und um den Tisch in einem weiten Kreise auf dem grünen Rasen lagerte sich die Gemeinde Einöde.

      Davidl hatte das Glöcklein schweigen lassen, saß nun neben dem Haberturm und blickte auf sein schwarztuchenes Beinkleid. Gabriel war an ihm vorübergegangen und hatte ihm ein »Grüß dich Gott, David« gegeben; aber der junge Zapfenwirt tat, als höre er es nicht, er schämte sich heimlich vor den Leuten, daß ihn dieser »ausgehungerte Kleinhäusler, der Dalkerd-Bub«, so vertraulich gegrüßt hatte. Dem Gabriel tat es einen Augenblick weh, daß sein Gruß unerwidert geblieben war, er vergaß es aber gleich und setzte sich im Hintergrunde ruhig zu seiner Schwester.

      Der Hahnenkamp war seit langem heute zum ersten Male wieder beim Zapfenwirt. Er hatte es seinerzeit auch seinem Gesinde verboten, je ein Glas bei »der alten Waldschnepf« zu trinken, und er preßte zum Ersatz alljährlich einen Eimer Holzapfelmost, zu dem er drei Eimer Wasser goß. Das Gesinde war mit diesem Ersatz wirklich auch zufrieden, nur der Stallknecht sagte einmal:

      »Daheim trinken, das heißt nichts, da kriegt man keinen Rausch und Rauferei gibt's auch keine.«

      Heute also war der Hahnenkamp wieder einmal beim Zapfenwirt. Aber er ging nicht ins Haus, er sah es gar nicht an, und als die geschäftige Schänkin vorüberlief, redete er absichtlich mit dem Heidepeter, um zu zeigen, daß ihm sogar der Dalkerd lieber sei als die Waldschnepfe.

      »Ruck' ein Trümmel, Dalkerd!« sagte der Hahnenkamp mit spöttisch herablassendem Lächeln, »bist wohl schon fertig mit dem Habersäen?«

      Da lachten alle Umstehenden und Umsitzenden, denn das war ein Spott auf die langsam vorwärtsgehenden Arbeiten im Heidehause, der Hafer mußte ja bereits reif sein.

      Der Heidepeter legte seine Hand an das Kinn und strich ein wenig seinen leichten falben Schnurrbart, wie er immer tat, wenn er was sagen wollte, es aber doch unterließ. Von dem Heidepeter hatte noch niemand Hohn und Spott erfahren; er sprach in seiner Gemütlichkeit oft spaßhafte Worte ohne Arg und Hinterhalt, die ihm aber nicht selten als hämische Bemerkungen ausgelegt und übel vergolten wurden. So wollte er auch heute entgegnen: »Angesäet hab' ich wohl schon, aber abgeschnitten noch nicht« – doch er schwieg.

      Endlich hatte der Haberturm, der hier die Kirchendienerstelle vertrat, dem Provisor den Chorrock und die Stola umgehüllt, und die Christenlehre hub an.

      Nachdem sich der Priester an dem weißgedeckten Tisch niedergelassen hatte und sich mit der flachen Hand ein paarmal über den Glatzkopf gefahren war, begann er:

      »Geliebte! Ihr in der Einöde hier seid dem Himmel näher als wir draußen in Rattenstein. Warum? Erstens, weil die Berge höher sind, und zweitens, weil ihr in eurem Tun und Mühen in dieser Gegend viel größere Beschwerden und viel weniger Gewinn habt als die Bewohner gesegneter Landstriche. Doch harret aus in der Geduld, eure Leiden und Beschwerden werden eingetragen in das Buch des ewigen Lebens, und euer Gewinn ist der Himmel!«

      Bei diesen Worten hörte man den Heidepeter krampfhaft aufatmen, man wußte nicht, war es ein Schluchzen oder ein zurückgehaltenes Lachen. Er wußte es selbst nicht; er war so bewegt, es war ihm so trostreich im Herzen.

      Der Priester fuhr fort:

      »Und eben, weil ihr so sehr beladen seid mit Not und Plage, wird in kirchlicher und geistiger Beziehung nur wenig von euch verlangt; ihr hört dann und wann auf gute Meinung und für die armen Seelen im Fegfeuer eine Messe, empfanget fleißig die heiligen Sakramente und betet euren Rosenkranz. Ich will euch heute das Gebet, aus dem der Rosenkranz zusammengesetzt ist, das Vaterunser, auslegen. Ihr werdet es wohl alle kennen, ich zweifle nicht, ich will es nur von irgend jemandem hersagen lassen, damit wir hernach anfangen können. Zum Beispiel du dort, Rotschopf, sprich uns jetzt einmal laut und deutlich das Gebet des Herrn!«

      Der Provisor sah den Davidl an; dieser glotzte vor sich hin.

      »Hörst du, Junge? Ja, den mit den Brillen meine ich.«

      Jetzt entstand ein Gelächter.

      Die Zapfenwirtin flüsterte von rückwärts:

      »Die Brillen laß dem Herrn Pfarrer über, damit er ein anderes Mal besser sieht. Steh' schön auf, Davidl, und bet' das Vaterunser, kannst es ja!«

      Nach

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