Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter Rosegger страница 84

Автор:
Серия:
Издательство:
Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

Скачать книгу

unterstützen mit deiner Kraft und trösten mit deinem Herzen. An wen soll sich ein armes Greisenpaar wenden unter rohen Menschen, wenn sein eigenes Kind es verläßt? –

      Gabriel beschloß, sich den Seinen zu opfern.

      – Aber wenn du in der Einöde bleibst und deine schönsten Jahre vergräbst unter das Gestein der Heide, wie du deine Kindheit vergraben hast – ist dir und den Deinen damit gedient? Ist dein Opfer für sie nicht ein größeres, wenn du ein fruchtbares Feld suchest und ihnen die reiche Ernte gibst?

      Solche Gegensätze stritten in seiner Seele, und sein Gesicht wurde dabei fahl.

      Da sagte Klara einmal zu ihrem Manne:

      »Ich hab' sonst kein scharfes Aug', aber dasselb' kenn' ich, unserem Buben fehlt was. Ich sag', es ist doch kein Leben für ihn in dieser Wildnis.«

      »Hebst du auch an?« versetzte der Peter, »zugrund gingen wir, wenn der Bub nicht wär'!«

      »Versündige dich nicht, wenn du allweg vom Zugrundegehen sagst; den Buben kann uns der Herrgott über Nacht nehmen, und die alten Leut' haben gesagt: Auf Gott vertrau' und nicht auf die Menschen bau'!«

      »Und die alten Leut' haben auch gesagt: Mensch, hilf dir selbst, so wird dir auch Gott helfen. Wenn uns aber der Bub davongeht, so können wir uns nicht helfen!«

      »Und wenn er dableibt, können wir uns auch nicht helfen, und er kann sich selber nicht helfen, und wenn wir uns ins Grab legen, verlassen wir ein unglückliches Kind auf der Welt. Der Gaberl hat mehr Glück und Schick für was anderes als für unsere Einödrackerei, und ich geb' meinen Willen dazu, wenn er was anderes probieren will, und ich trag' mit Freuden den Bettelstab, wenn ich weiß, daß es unserem Kind gut geht. Das wären leicht schlechte Eltern, die ihr Kind vom Glück wegstießen.«

      Da sagte der Heidepeter denn doch endlich:

      »Wenn er fort will, es ist recht, soll's halt auf Gottes Wegen probieren!«

      Sie offenbarten dem Sohne, daß er ihren Segen habe, ja, daß sie es, recht betrachtet, nach allem, was besonders bei der Christenlehre vorgefallen war, für geraten fänden, wenn er von diesen harten Leuten, die ihm so übel wollten, in Gottes Namen für eine Zeit fortzöge. – Da wurde Gabriel lebendig. Die Vorbereitungen zur Abreise, rasch führte er sie nun zu Ende. Die Nachbarn, als sie das bemerkten, schauten einmal auf. Heidepeters Gabriel geht wirklich fort?! –

      Und als er nach wenigen Tagen mit Stock und Bündel vor den Seinen stand und versprach, daß er oft Berichte von sich und möglichst bald Hilfe senden werde, faßte der Vater, was er sonst nie tat, des Sohnes Rechte in seine beiden Hände und sagte:

      »Dasselb' ist meine größte Sorg', daß du mir in der Fremde auf den lieben Gott vergessen wirst!«

      Und die Mutter setzte bei:

      »All' meiner Tage will ich für dich beten. Was wär' das, wenn du fehl gingst? – Und wenn auch ich mit Gottes Will' in den Himmel komm', so könnt' ich ewig und ewig keine Seligkeit haben, wenn ich den Herrgott fragen tät am Jüngsten Tag: Wo ist unser lieber Sohn Gabriel? Und er gäb' mir zur Antwort: Der hat euer vergessen, hat meiner vergessen und steht zur Linken! Nein, an das will ich nicht denken. Wie du noch in der Wiege gelegen bist, hab' ich unser' liebe Frau gebeten: Eh', daß er mir aufwächst und ein Unkraut wird, lass' ihn lieber sterben in der Kindheit. Gottes wegen, ich hätt' den Schmerz ertragen. Aber die liebe Frau hat dich aufwachsen lassen, und daß du nicht verlorengehst, mein Kind, mein liebes Kind, dasselb ist mein Gebet am Morgen und am Abend und mein fester Glauben.«

      Aber dann! Als ihr Gabriel die Hand zum Abschied hinhielt, brach das kränkliche Weib in lautes Weinen aus. Als ob sie bisher von allem nichts gewußt hätte und jetzt erst den Verlust einsähe, rief sie mit schmerzerstickter Stimme:

      »Ja, was tust denn, Gabriel? Wirst mir doch nicht fortgehen, wirst deine mühselige Mutter doch nicht verlassen?«

      In aller Freundschaft und Liebe und Treue sieht das Mutterherz obenan; das Mutterherz magst du anbeten wie die Gottheit, du begehst keine Abgötterei! –

      Regina schluchzte so heftig, daß sie nicht ein einziges Wort hervorbringen konnte. Krampfhaft drückte sie sich die blaue Schürze in das Gesicht. Nur einen Augenblick ließ sie das Tuch sinken, als sie Gabriel die Hand reichte und das letztemal in seine großen, betrübten Augen blickte.

      Nun hatte sie der Bruder allein gelassen daheim bei der elenden Wirtschaft, bei den armen, mühseligen Eltern.

      Als Gabriel vom Hause fortging, bellte und rasselte der Hund mit aller Heftigkeit an der Kette, wie einst an jenem Tage, als er den glimmenden Schwamm im Ohr gehabt. Das gute Tier wollte nicht zugeben, daß der Sohn des Hauses unerfahren so fortziehe in die Weite.

      Die Zapfenwirtin erzählte es jedem, der ihr ins Haus kam, und der vorüberging, dem rief sie es nach: »Hast du's auch schon gehört, daß Heidepeters Gabriel in der großen Lotterie drei Schlösser gewonnen hat? Ich hab's selbst gesehen bei der Christenlehr', wie ihm der Brief ist zugeschrieben worden. Sobald's den ersten Schnee macht, kann er mit vier Rössern Schlitten fahren!«

      Und als sie heute am Tisch neben dem Rindenschlager-Lenz saß, sagte sie:

      »Hab's alleweil gesagt, daß die Einschicht-Res um ein Kapitel mehr weiß wie andere Leut'. Sie hat's schon zu derselbigen Zeit, wie der Gaberl zur Tauf' tragen worden ist, ausgeschrien, daß aus dem Buben extra was wird. Kann wohl sein, hab' ich schon oft bei mir gesagt, ein getaufter Heide ist auch extra was, und das Heidehaus heißt nicht umsonst Heidehaus, man kann schon rundweg sagen: das Heidenhaus. Just, wie wenn's mir zu Sinn' gegangen wär'! Und drei Schlösser! Ich aber sag', dahinter steckt was, wirst mich nicht Lugen strafen, Lenz. Und das wirst auch sehen, seine Vaterleut' führt er nicht mit in die Schlösser; die läßt er uns da, daß wir unsere Bettelleut' haben.«

      In diesem Augenblick ging Gabriel mit Bündel und Stock des Weges.

      Die Wirtin riß das Fenster auf und schrie:

      »Ei, wie stolz! Ein Behüt' Gott dürftest mir wohl auch geben, Gabriel; hab' dir's die ganze Zeit gut gemeint.«

      »Nun, so behüt' Gott!« sagte Gabriel.

      »Nein, aber mich freut's, daß du so ein Glück machst, und ich mein', wenn du mein eigen Kind wärst, 's könnt mich nicht mehr freuen!«

      Die Wirtin war ganz bewegt. Gabriel reichte ihr in seiner Einfalt die Hand, dann zog er weiter.

      »Der junge Dalkerd, wie die Leut' sagen,« näselte die Wirtin, indem sie das Fenster schloß, »und eingebildet noch dazu; glaubst, er hätt' ein' Gruß gehabt für mein Davidl? Ja, und was hab' ich g'rad früher gesagt? Hab' ich nicht gesagt, seine Vaterleut' läßt er uns da? – Und der abscheuliche Geiz! Hast gesehen seine Hosen, auf jedem Knie ein Fleck! Nu, werden's sehen, das Sprüchel ist: Gestickt geht er fort, zerrissen kommt er in den Ort!«

      Der Lenz stimmte allem still nickend und lächelnd bei; er hoffte dadurch, daß die Schänkin zuletzt sagen würde: Seien wir froh, daß er davon ist, und ich mach' dir heut' aus Freundschaft keine Rechnung, Lenz!

      Indes war der wirkliche Schluß folgender:

      »Wir werden's 'leicht noch erleben, daß das Heidehaus unter den Hammer kommt. Und wär's ein Wunder bei solchen Leuten? 's hat unsereins nichts zum besten bei diesen mageren Zeiten, und jeden Kreuzer muß man sich mit blutigen Fingern graben.«

      Als

Скачать книгу