Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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meine lieben Pfarrkinder,« versetzte der Priester, »so weit wird es wohl noch nicht gekommen sein: die Scharte wird sich auswetzen lassen. Ihr, Haberturm, oder Ihr, Hahnenkamp, einen Gotteslohn könnt ihr euch erwerben, wenn ihr den Burschen als Knecht in euer Haus aufnehmt und ihn fleißig zum Arbeiten anhaltet; denn ein Kirchenvater sagt: Emsig arbeiten ist das beste Mittel gegen Verirrungen.«

      Jetzt drängte sich der Heidepeter vor; er hatte es anfangs kaum begreifen können, was da mit seinem Sohne vorging, nun aber rief er laut, wie sonst nie:

      »Wollen 'leicht die Leute mich und mein krankes Weib zugrunde richten? Was tät' ich denn, wenn ich den Buben nicht hätt'? Ich sag' euch das vor Gott: ich laß mein Kind nicht davontreiben wie ein Kalb; wenn es was Schlechtes tut, so werde ich's schon selber strafen!«

      »Du bist der Dalkerd«, unterbrach ihn der Rindenschlager-Lenz.

      »Der Bub bleibt da bei uns,« riefen andere, »und wir gehen sogleich in das Heidehaus und suchen die Bücher auf.«

      Jetzt stellte sich Gabriel vor den Provisor und sagte:

      »Herr Pfarrer, ich bitte um Schutz für mein Eigentum!«

      Der Priester tat, als überhöre er das Wort und rief dem Haberturm zu:

      »Was Ihr Verdächtiges findet, das bringt mir in den Pfarrhof.«

      »Herr Pfarrer«, rief Gabriel gewaltig erregt: »Ich habe eine kranke Mutter! Sind Sie in den Wald gekommen, um Raub zu predigen?«

      »So schlagt ihn doch gleich nieder, den Lästerer!« lärmte die Menge.

      Da kam Regina herbei und beschwor ihren Bruder, kein Wort mehr zu reden. Der Heidepeter verdeckte sein Gesicht mit den Händen.

      »Wo die Lästerzunge spricht, da schweigt das Wort Gottes«, sagte der Priester mit einem Ton tiefer Kränkung. »Die Christenlehre ist zu Ende.«

      »Ich liefere die Bücher freiwillig aus,« sagte Gabriel, »aber wer mir noch in mein Haus dringt und meinen Eltern eine Unbill antut, den – Herrgott! wo ist deine Gerechtigkeit!«

      »Mein armes Weib, meine unglücklichen Kinder!« stöhnte der Heidepeter.

      »Jetzt ist's aus, Dalkerd«, rief ihm der Haberturm zu. »Dein Klagen macht's nicht besser. Wer sich Kieselsteine ins Bett tut, der muß auf Kieselsteinen liegen. – Ei der Tausend, daß ich nicht vergeß, einen Brief hab' ich für dich in der Taschen. Er ist schon eine Zeit gelegen draußen beim Rattensteiner Postmeister – so hab' ich ihn mit hereingetragen. Da greif' an; 's wird kein Tausender nicht drin sein!«

      Der Heidepeter machte eine ablehnende Bewegung mit der Hand. Er kenne dergleichen Briefe. Endlich nahm er ihn doch und murmelte zu Gabriel:

      »Schau, Bub, kommt alles der Reih' nach, jetzt ist die Abstiftung auch da!«

      »Dieser Brief ist nicht vom Amt,« sagte Gabriel, »er hat ein fremdes Siegel, und die Aufschrift trägt meinen Namen.«

      Er erbrach das Schreiben, steckte es aber ungelesen in die Tasche; er konnte in diesem Augenblick nicht lesen, es kochte sein Blut.

      Endlich ging er mit seiner Schwester seitwärts, fiel ihr um den Hals und weinte.

      Die Wirtin brachte für den Provisor eine Flasche Wein auf den Tisch.

      »Wenn mein Davidl auch nicht so vornehm das Kreuz machen kann,« bemerkte sie giftig, »und wenn er auch nicht so schön predigen kann wie der Heidepeterisch', so ist er doch – Gott sei die Ehr'! – ein guter Christ und kein Ketzer, und wir machen uns nicht lustig über die lichtblonden Haare, wie sie ihm Gott erschaffen hat. Besser Rotschopf wie Kahlkopf.«

      Der Herr Provisor suchte die Bemerkungen hinabzuwürgen und schwemmte sauren Wein nach. –

      Der Davidl saß zu dieser Stunde auf der mittleren Fichte im Geierneste. In seiner Wut zerknitterte er das Reisig und zernagte seine Finger. Er kauerte sich in das Nest, er bildete sich ein, er sei ein Geier und werde abfliegen und dem Pfarrer die Augen auskratzen.

      Es war ihm doch eine Pein, hier oben zu sitzen, denn unten, gerade unter den Bäumen, fingen sie an, Kugel zu schieben; Rudolf war Kegelbub und strich den Gewinn ein. Davidl schleuderte Tannenzapfen hinab, ließ dürre Aststrünke fallen, bis Rudolf sagte:

      »Da mag sich einer seine Kegel selber aufsetzen, ich laß mir keine Büberei gefallen!« und ging davon.

      Er wollte sich nach dem Heidepeter umsehen, um ihn zu beruhigen, da eilte ihm Gabriel entgegen mit freudeleuchtendem Gesicht. Den Brief in der Hand schwingend, rief er:

      »Eine andere Zeit, Rudolf, höre! Ich geh in die Fremde! Ein Herr in der Hauptstadt hat etwas von mir erfahren. Ja, ich meine gar, das ist derselbe, dem ich den Brief geschickt habe. Er schreibt, ich solle zu ihm in die Stadt kommen und lernen. Siehst du, das ist doch ein guter Mensch, jetzt will er mir helfen, daß ich was kann lernen. Gute Leute hat er für mich gesucht und gefunden, ich soll nur gleich kommen, schreibt er. Schau doch nicht so drein, Rudolf, lies!«

      – Wie sie kurz und vielsagend und ernst waren, und wie sie anheimelten, die Worte des fremden Mannes, der bereit war, sich des armen, lernlustigen Burschen anzunehmen!

      Rudolf hielt das Blatt lange in der Hand und blickte seinen Freund schweigend an.

      »Was willst du tun?« fragte er endlich.

      »Wie kannst du fragen?« antwortete Gabriel.

      Gabriel geht davon

       Inhaltsverzeichnis

      Das war ein trüber, ein stürmischer Septemberabend gewesen. Der Nordwind hatte den Wipfel einer Tanne geknickt und herabgeschleudert auf Heidepeters Feldkasten, daß die Hausbewohner glaubten, der Blitz habe eingeschlagen.

      An demselben Abend war's, als Gabriel den Seinen vertraute, daß er fortziehen wolle in die weite Welt.

      »Du Halbnarr!« rief der Heidepeter aus, »und uns willst 'leicht verhungern lassen, jetzt, wo du groß wirst und arbeiten kannst?«

      Gabriel sagte kein Wort mehr; die Rede seines Vaters war ihm gewesen wie ein Eisenhammer; mit einem Schlage war sein Vorschlag vernichtet.

      »Wer weiß auch,« tröstete ihn Rudolf, »in welche Hände du geraten wärest; vielleicht hätten sie dich in der Stadt an Juden verkauft und über das Meer geliefert. Es geschieht allerlei draußen in der Welt; man liest es ja.«

      Aber Gabriel hatte von dieser Zeit an seine Ruhe verloren; schweigsam und betrübt war er. Mehr als je hielt er sich an die Arbeit, doch manches Geschäft richtete er verkehrt. Niemand ahnte, welchen Kampf er in seinem Innern kämpfte.

      Wie steht es geschrieben? – Du sollst Vater und Mutter ehren, auf daß es dir wohl ergehe auf Erden.

      Also dein Wohl will der Herr. Und du wirst Vater und Mutter ehren und im Andenken bewahren, auch wenn du ihnen fern bist, und du wirst draußen in der Welt das Vermögen sammeln, deinen Eltern ein sorgenloses Alter zu bereiten.

      Aber eine andere Stimme rief:

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