Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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      »Regina, das verzauberte Reh im Märchen kann keine schöneren Augen haben als du, und die feinste Seide ist nicht so zart wie meiner Schwester Haar –«

      »Und kein Mensch tut so närrische Reden wie mein Bruder Gabriel«, unterbrach ihn Regina und versetzte ihm mit zwei Fingern ein Tätschel auf die Wange. –

      Heute aber saßen sie ganz traurig beisammen und hörten zu, als die fremden Leute in der Stube das Lied vom Lazarus sangen.

      Lazarus ist gestorben

       An einem Sonntagsmorgen,

       Magdalena, seine Schwester,

       Die weinet gar so sehr;

       Begegnet ihr Christus,

       Ihr liebester Herr.

      »Magdalena, Magdalena,

       Was haben s' dir getan,

       Daß du vor meinen Augen

       Zu weinen hebest an?« –

      »Es ist mir mein Bruder,

       Der Lazarus, gestorb'n;

       Jetzt hab' ich keinen Freund mehr,

       Ach Gott, erbarm!« –

      Christus ging zum Grabe

       Mit seinem Hirtenstabe:

       »Lazarus, du sollst wieder aufersteh'n

       Und sollst zu deiner Schwester geh'n!«

      Lazarus steht auf

       Und geht hin zu der Tür:

       »Schwester, bist daheim,

       So geh' eilends herfür!

       Ich hab' wohl gelitten

       Groß' Marter und Pein.

       Ach, wie das bittre Sterben

       So hart mag sein!

      Wenn der ganze Himmel

       Papierer wär',

       Und ein jeder Stern ein

       Schreiber wär',

       So könnten sie's all' nicht

       Genugsam beschreib'n,

       Was ein' arme Seel'

       Im Fegfeu'r muß leid'n!

      Und wenn der ganze Himmel

       Goldener wär',

       Und wenn ein jeder Stern

       Silberner wär,

       So tät ich doch nicht nehmen

       Das Silber und das Gold,

       Daß ich den bittern Tod

       Noch einmal leiden sollt!«

      Kaum das Lied zu Ende, war eine große Aufregung in der Stube, und die Leute eilten in die Vorlaube.

      Es bewegte sich das Leichentuch.

      »Er wird lebendig!« riefen einige angstvoll und wären davongeflogen, wenn sie sich nicht auch vor der Macht gefürchtet hätten, die draußen in tiefer Stille lag.

      »Der Jüngste Tag, die Toten stehen auf!« stöhnten andere und starrten auf die zugedeckte Leiche, die im Halblicht der Kerze leise Bewegungen machte.

      Entsetzen erfaßte sie; da kam Gabriel herbei.

      »Und wenn unser Schulmeister wieder aufwacht, wer sollte da erschrecken?« sagte er, trat an die Bahre und zog die Leinwand von dem Gesichte.

      Der Greis lag da – bleich, starr und kalt.

      Der Bursche beugte sich über das Antlitz des Toten, dann zog er die Leinwand wieder darüber, tauchte einen Tannenzweig ins Weihwasser, besprengte die Bahre und ging traurig wieder davon. Und wieso sich die Leiche bewegt hatte – es getraute sich vor Angst niemand zu fragen.

      Die Aufregung legte sich etwas, die Leute kehrten in die Stube zurück. Als sie wieder um den Tisch saßen, machte der Rindenschlager-Lenz ein sonderbares Gesicht und murmelte in den Milchtopf hinein, der vor ihm stand:

      »Der Herrgott wird ihn nicht aufwecken wie den Lazarus, aber die Ruh' ist ihm versagt. Gebete hat er nötig, heilige Messen braucht er. Ja, Leute, so ist das Ende, wenn sich einer versündigt. Gegen den Heiligen Geist hat er gehandelt – jetzt verfolgt ihn der Fluch, und er findet keinen Frieden. Ich sag's euch, sie werden den Schulmeister noch oft läuten hören draußen in Rattenstein um Mitternacht, wie er seiner Tage für den Halterlois geläutet hat. Uns bewahre Gott der Herr!«

      Sie suchten Gabriel zu bewegen, daß er etwas lese, weil er es so schön ausführen könne und völlig eine Predigerstimme habe, aber er blieb bei seinen Eltern in der Küche und las nicht. Sie verschmähten seinen Vater und seine Mutter, sie sollten ihn auch nicht haben.

      Hell leuchtet der Morgenstern, lustig zwitschern die Vögel auf den Wipfeln der Bäume. Auf dem Kirchhofe steht ein Grab offen.

      Regina legte dem Schulmeister einen grünen Kranz auf das Grab, und ein milder heiterer Sommertag lag über dem bekränzten Hügel.

      Morgendämmerung in einer jungen Seele

       Inhaltsverzeichnis

      Gabriel war in seinem sechzehnten Jahre. Er war aufgeweckt und kräftig und stand dem Vater bei in den Arbeiten des Feldes und der Wiese, so wie Regina an der Seite der kränkelnden Mutter die Hausarbeiten verrichtete. Das war ein Mühen und Bekümmern vom Morgen über den langen Tag bis in die tiefe Nacht hinein; aber das Feld hatte ein Herz von Stein, ließ sich nicht bewegen und brachte nur spärliche Frucht hervor. Oft ging auch das Mädchen mit auf das Feld, und sie gruben alle drei und vergossen Schweiß, als wollten sie damit den steinigen Boden erweichen. Und Klara klagte im Hause:

      »Da versetzen sie mich leicht daheim und lassen mich allein. Und jetzt kommt auf einmal wieder der Schlag, und ich hab' keine Hilf' und muß verderben!«

      Briefe von Ärzten kamen: »Der Heidepeter wird aufgefordert, binnen längstens acht Tagen seine Schuld bei mir zu bezahlen, widrigenfalls ich die Vermittlung des Gerichtes in Anspruch nehmen müßte.«

      Gläubiger kamen und polterten an den Türen und mit allen Hausgeräten und schrien:

      »Du, Heidepeter! Das sag' ich dir zum letztenmal, wenn du nicht auf der Stelle bezahlst, so führ' ich dir die Kuh aus dem Stall!«

      Da verlegte sich der Heidepeter auf das Bitten:

      »Ich seh's wohl ein, Ihr wäret auch gern bei eurer Sach', aber ich hab' ein krankes Weib, und mein Grund ist steinig.

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