Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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sah seine Frau erstaunt an.

      »Du meinst, wir sollen sie im Zimmer einer unserer Angestellten einquartieren?« fragte er.

      Irma Reisinger zuckte die Schultern.

      »Was willst’ denn machen? Es ist doch ein Notfall.

      Schau’ sie dir doch nur an. Wer weiß, was die arme Frau durchgemacht hat. Die Liesl wird nix dagegen haben.«

      »Na ja, warum net«, stimmte der Wirt zu und ging zur Tür.

      Anja Weilander stand immer noch auf der Straße, als Sepp Reisinger zu ihr kam.

      »Also, meine Frau hat da so eine Idee«, sagte er. »Eine unserer Haustöchter ist für zwei Tage zu ihren Eltern gefahren. Wenn S’ mit dem Zimmer vorliebnehmen möchten… Es ist allerdings net das, was wir sonst unsern Gästen bieten.«

      Anja war es, als fiele ihr eine Zentnerlast vom Herzen.

      »Ach, das wär’ ja ganz wunderbar«, freute sie sich. »Ich zahl’ natürlich den üblichen Preis.«

      »Darüber machen S’ sich mal keine Gedanken«, schüttelte Sepp den Kopf. »Hauptsache ist, daß sie net auf der Straße übernachten müssen. Und morgen haben S’ zumindest die Möglichkeit wieder in die Stadt zurückfahren zu können.«

      Der Wirt nahm ihre Reisetasche, und Anja kehrte mit ihm ins Hotel zurück.

      »Meine Frau«, stellte Sepp Irma vor.

      »Anja Weilander«, sagte sie und schüttelte die Hand.

      »Tut mir leid, daß ich Ihnen so viele Umstände mach’.«

      »Schon gut«, wehrte Irma ab. »Ich bring’ Sie erst einmal auf das Zimmer, da können S’ sich frisch machen und wenn S’ Hunger haben, dann gibt’s auch was Gutes zu essen.«

      Sie gingen die Treppe hinauf. Anja konnte ihr Glück immer noch nicht fassen und innerlich schalt sie sich wegen ihrer Dummheit, einfach so auf blauen Dunst losgefahren zu sein.

      »Übrigens, heut’ abend ist Tanz auf dem Saal«, erklärte die Wirtin. »Wahrscheinlich steht Ihnen net der Sinn danach, aber ich sag’s nur, weil’s ein bissel lauter sein wird als sonst.«

      »Das macht nix«, lächelte Anja. »Wahrscheinlich werd’ ich schlafen wie ein Murmeltier.«

      »So, da sind wir«, sagte Irma und öffnete eine Tür.

      Die Zimmer der Angestellten lagen im obersten Stock des Hauses. Sie waren nicht sonderlich groß, aber gemütlich eingerichtet.

      Anja bedankte sich und stellte die Reisetasche ab. Auspacken würde sie sie nicht, lediglich das herausnehmen, was sie für die Nacht brauchte. Irma bezog rasch das Bett und legte frische Handtücher bereit.

      Als Anja sich später auf dem Bett ausstreckte und endlich zur Ruhe kam, ließ sie ihren Tränen freien Lauf.

      Es schien, als würde ihr erst jetzt bewußt, was alles hinter ihr lag; der Unfall, die schweren Verletzungen, der Krankenhausaufenthalt und die Entlassung in eine ungewisse Zukunft.

      Und dann, als wäre sie erst jetzt wieder dafür empfänglich, setzten auch die Kopfschmerzen wieder ein. Bisher schien es, als habe Anja sie unterdrückt. Dr. Meisner hatte ihr vorsorglich eine Schachtel Tabletten mitgegeben. Sie erinnerte sich seiner mahnenden Worte.

      »Das ist ein sehr starkes Medikament«, hatte der Arzt gesagt. »Sie müssen unbedingt vorsichtig sein mit der Einnahme, und wirklich nur dann, wenn die Schmerzen unerträglich werden sollten. Am besten sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt darüber. Mit der Zeit wird der Ihnen ein anderes Mittel verschreiben können.«

      Anja ignorierte die Schachtel, die irgendwo bei den anderen Medikamenten in ihrer Reisetasche lag, und versuchte, den Schmerz auszuhalten.Irgendwann schließ sie darüber auch wirklich ein.

      *

      Sebastian Trenker stand an der Kirchentür und begrüßte die Gläubigen, die zur Heiligen Messe am Sonntagmorgen kamen. Einigen von ihnen waren noch die Spuren der vergangenen Nacht anzusehen. Sie hatten an dem samstäglichen Tanzvergnügen teilgenommen und kräftig gefeiert.

      Der gute Hirte drückte schmunzelnd ein Auge zu, wenn dem einen oder anderen mit zerknirschtem Gesicht deutlich anzusehen war, wie sehr er über die Stränge geschlagen hatte. Sebastian wußte, daß die Menschen im Wachnertal die ganze Woche über hart arbeiteten und es verdienten, an diesem Tag einmal alle Sorgen zu vergessen und ordentlich zu feiern. Für jeden hatte er ein gutes Wort, manchmal auch sogar einen kleinen Scherz übrig.

      Der Geistliche schloß die Tür hinter sich, als der letzte Besucher hindurchgegangen war, und schritt zur Sakristei. Dort warteten bereits die Meßdiener auf den Beginn des Gottesdienstes. So bekam Sebastian Trenker nicht mit, daß die Kirchentür noch einmal geöffnet wurde, und eine junge Frau das Gotteshaus betrat.

      Anja Weilander setzte sich in die letzte Bank, auf der noch ein paar Plätze frei waren. Eine erstaunlich ruhige Nacht lag hinter ihr. Sie hatte gut geschlafen und war am Morgen ausgeruht aufgewacht. Sogar das Frühstück hatte sie sich schmecken lassen, was allerdings auch kein Wunder war, hatte sie doch seit gestern morgen nichts mehr gegessen.

      Sie blickte sich um. Die Kirche war wirklich beeindruckend, und sie war erstaunt, wie gut sie besucht war. Aber schnell erkannte sie, daß das etwas mit dem Geistlichen zu tun hatte, der inzwischen auf der Kanzel stand und seine Predigt hielt.

      Allerdings war es keine Predigt, wie Anja sie sonst gehört hatte. Der Pfarrer würzte seine Worte mit Humor, und wenn die altehrwürdigen Mauern vom Gelächter der Gläubigen widerhallte, dann fragte sich die junge Frau, ob sie wirklich in einer Kirche saß. Manches von dem, was der Geistliche von sich gab, entlockte auch ihr ein Lächeln, und sie spürte, wie gut ihr diese Worte taten.

      Dennoch konnten sie ihr eigentliches Problem nicht lösen. Sie mußte ihr Leben neu ordnen, Perspektiven ausloten, sich fragen, welchen Weg sie gehen sollte.

      Eigentlich war jeder möglich, nur einer nicht – der Weg zurück.

      Vierundzwanzig Jahre war sie jetzt alt. Ihre Eltern waren bereits vor sechs Jahren verstorben, erst der Vater, kurz darauf ihre Mutter, die den Verlust nicht hatte verkraften können, außer einem Großonkel, den sie nie persönlich kennengelernt hatte, gab es keine Verwandten mehr, an die sie sich hätten wenden und um Rat fragen können.

      Und einen Rat brauchte sie. Dringend, nach all dem, was hinter ihr lag.

      Anja war so in Gedanken versunken, daß sie nur nebenbei bemerkte, daß der Schlußsegen gesprochen wurde. Während die anderen Gläubigen langsam zur Tür strebten, setzte sie sich wieder auf die Bank und schaute vor sich hin.

      So fand Sebastian Trenker sie.

      Ihm war die junge Frau aufgefallen, als er auf der Kanzel stand und auf die Gemeinde hinunterblickte. Da er sie nicht kannte, vermutete er, daß es sich um eine Urlauberin handelte. Es kamen nicht nur die Einheimischen her, um seine Predigt zu hören. Was ihm an dieser Frau merkwürdig vorkam, war die Art, wie sie vor sich hin schaute, in Gedanken versunken, ihre Umwelt kaum wahrnehmend.

      Zunächst ging er in die Sakristei zurück und entließ die Meßdiener; zwei dreizehnjährige Buben, denen

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