Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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durfte. Es war im Kindergarten, und natürlich wollte sie sich als Prinzessin verkleiden.

      »Deine Mutter stammt aus einem kleinen Ort in den Bergen«, erzählte Heinrich Brinkmann weiter. »Genauer gesagt ist sie dort auf dem Bauernhof ihrer Eltern großgeworden.«

      »Auf einem Bauernhof?« fragte Carla überrascht.

      »Ja, er gehörte wohl seit vielen Generationen der Familie, und Brigitte war das einzige Kind.«

      Er strich sich nachdenklich über das Kinn.

      »Und das war wohl letztendlich auch der Grund für das Drama, das sich dort anbahnte…«

      Die junge Frau hing wie gebannt an seinen Lippen. Onkel Heinrich trank einen Schluck Tee, das Brot lag noch unberührt auf dem Teller.

      »Was sich genau abspielte, kann ich dir nicht sagen«, fuhr er endlich fort. »Deine Mutter hat nie viel über sich erzählt. Natürlich wußte außer Kurt auch Tante Josefine Bescheid, aber alle anderen Verwandten hatten und haben bis heute keine Ahnung, daß mein Bruder dich adoptiert hat.«

      »Aber wie war das denn nun mit meinem richtigen Vater?« wollte Carla wissen.

      »Alles, was ich dir darüber sagen kann, ist Folgendes: Tobias Starnmoser war Knecht auf dem Hornbacherhof. Hornbacher ist der Familienname deiner Mutter. Es kam, wie es kommen mußte. Er verliebte sich in die Tochter seines Bauern, und Brigitte sich in ihn. Aber vielleicht kannst du dir denken, was ihre Eltern davon hielten, daß ein armer Knecht ihre einzige Tochter heiraten wollte.

      Jedenfalls konnten die beiden nicht voneinander lassen und verschwanden bei Nacht und Nebel. Da Brigitte schon bald darauf volljährig wurde, verliefen die Nachforschungen im Sande, wie sie erzählte. Die Behörden konnten ihr jedenfalls nichts mehr anhaben, und so heiratete sie den Mann ihres Herzens, und die zwei suchten in der Fremde ihr Glück.

      Sie versuchten hier, in der Nähe von Landsberg, bei einem Bauern unterzukommen. Der wollte allerdings nur Tobias als Knecht einstellen. Eine Magd konnte er nicht mehr gebrauchen. Brigitte suchte sich eine Stelle in Landsberg und arbeitete schließlich als Kellnerin in einer Wirtschaft, wo sie später auch Kurt kennenlernte.

      Nach einem Jahr stellten sich dann Mutterfreuden ein, du warst unterwegs. Doch das Glück meinte es nicht gut mit Brigitte und Tobias. Bei Arbeiten im Wald verunglückte er so schwer, daß er später im Krankenhaus an den Folgen starb.

      Kurt hörte natürlich davon. Er hatte schon immer ein Auge auf deine Mutter gehabt, sich aber zurückgehalten, weil er wußte, daß sie verheiratet war. Und auch jetzt drängte er sich nicht auf, aber er bot Brigitte seine Hilfe an, und sie war ihm dankbar dafür. Irgendwann wurde dann auch bei ihr aus Sympathie Liebe, und sie nahm seinen Antrag an und heiratete ihn. Da warst du schon etwas über ein halbes Jahr alt.«

      »Acht Monate«, sagte Carla. »Es steht in der Adoptionsurkunde.«

      »Richtig«, nickte ihr Onkel. »Acht Monate und ein süßer Wonneproppen.«

      Heinrich Brinkmann lehnte sich zurück und schloß für einen Moment die Augen.

      »Es war sehr schlimm, was deine Mutter damals durchgemacht hat«, sagte er, als er sie wieder geöffnet hatte. »Ich kann verstehen, wenn sie nicht mehr daran erinnert werden wollte.«

      *

      Carla schaute nachdenklich auf die Rosenbeete, während ihre Gedanken bei der Mutter waren. Ja, sie mußte wirklich Schlimmes erlebt haben, daß sie nie wieder darüber hatte sprechen können. Im Nachhinein war sie ihr auch nicht böse darüber. Aber eines ließ ihr keine Ruhe; ihr Vater, Tobias, war tot, doch vielleicht lebten noch Verwandte von ihm.

      Und was war mit dem Hof, auf dem ihre Mutter geboren und aufgewachsen war? Gab es dort noch jemanden aus ihrer Familie?

      Für die hübsche Arzthelferin war eines ganz klar, wenn sie Antworten auf diese Fragen haben wollte, dann mußte sie dorthin!

      »Wie heißt der Ort, aus dem Mutter stammt?« fragte sie.

      Heinrich Brinkmann, der ahnte, was der Grund dieser Frage war, riet ihr nicht ab.

      »Du willst dorthin fahren, net wahr?«

      Er nickte nachdrücklich.

      »Ich denk’, das mußt du auch tun. Man muß wissen, woher man kommt, wo seine Wurzeln sind. Der Ort heißt St. Johann. Er liegt im Wachnertal. Aber mehr kann ich dir darüber auch net sagen.«

      »Ich werd’ schon herausfinden, wie ich dahin komm’«, antwortete sie. »Gleich morgen werd’ ich in der Praxis fragen, wann ich Urlaub bekommen kann.«

      Carla machte ein nachdenkliches Gesicht.

      »An wen wende ich mich denn am besten, wenn ich erst einmal dort bin?« überlegte sie laut.

      »Tja, an das Einwohnermeldeamt vielleicht. Falls es so etwas da gibt. Auf jeden Fall würd’ ich im Rathaus nachfragen. Und beim Pfarrer. Wenn sich sonst nix findet, im Kirchenarchiv gibt’s bestimmt irgendwelche Unterlagen; Taufen, Hochzeiten und Sterbefälle werden in der Regel ins Kirchenbuch eingetragen.«

      »Das ist eine gute Idee«, pflichtete Carla ihm bei.

      Jetzt, nachdem sie mehr wußte – auch wenn es immer noch wenig genug war – merkte sie, wie hungrig sie war. Sie saßen noch sehr lange beim Abendessen und sprachen über die alten Zeiten. Im Laufe der Unterhaltung wurde der jungen Frau immer bewußter, wie dankbar sie Kurt Brinkmann sein mußte, daß er sich damals um ihre Mutter und sie gekümmert hatte.

      Ja, er war ein wunderbarer Vater gewesen, und er hatte seiner kleinen Familie all die Liebe gegeben, zu der er fähig gewesen war.

      »Das Grab meines richtigen Vaters, weißt du, wo es ist?« fragte sie, bevor sie sich verabschiedete.

      Heinrich Brinkmann nickte.

      »Tobias liegt auf einem Friedhof in St. Johann«, berichtete er. »Bis zu ihrem Tode hat deine Mutter es pflegen lassen, sie ist aber nie wieder dort gewesen.«

      »Warum hast du es mir net von selbst erzählt?« wollte Carla wissen.

      Ihr Onkel überhörte den leichten Vorwurf, der in ihrer Stimme mitschwang.

      »Es war der Wunsch deiner Mutter, zu ihren Lebzeiten über die ganze Angelegenheit Stillschweigen zu bewahren«, erwiderte er. »Leider hab’ ich sie net mehr fragen können, ob du eines Tags vielleicht doch eingeweiht werden sollst. Daß sie dich durch einen Brief informieren wird, hab’ ich net geahnt. Ich hab’ einfach nur ihren Wunsch respektieren wollen. Verstehst du?«

      Carla nickte gerührt.

      »Natürlich, Onkel Heinrich«, sagte sie und strich ihm über die Wange. »Entschuldige…«

      »Schon gut, mein Madl.« Er schüttelte den Kopf. »Ich wünsch’ dir viel Glück bei der Suche nach deinen Wurzeln, und wenn ich könnt’, dann würd’ ich sogar mitfahren nach St. Johann.«

      Er hob bedauernd die Schultern.

      »Aber ich kann meine Rosen net allein lassen.«

      Carla gab ihm einen Abschiedskuß.

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