Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 1 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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das hat sie, weil ich sie gefragt habe. Wenn wir reden, dann erzählst du niemals etwas aus der Zeit vor dem Unfall, bis auf die Ausnahme mit der Kollegin aus der Hauptverwaltung der Bergwacht. Du erzählst nichts von deiner Schule, aus der Zeit, als du ein junger Bursche warst, von deinen Freunden. Daß du nicht von der Zukunft sprichst, dafür habe ich noch Verständnis. Du mußt dir erst wieder eine berufliche Zukunft aufbauen. Aber sonst herrscht Schweigen!«

      Yvonne schaute Quintus tief in seine ernsten Augen.

      »Quintus, ich liebe dich! Ich möchte alles wissen. Warum erzählst du mir nichts?«

      Er nahm sie in die Arme.

      »Yvonne, ich liebe dich auch!«

      Sie küßten sich.

      »Ich habe nicht gewußt, daß dich das alles interessiert. Außerdem habe ich alles verdrängt. Vor dem Unfall war ich ein glücklicher Mensch. Kein Gipfel war zu hoch, keine Aufgabe zu schwer. Was ich auch anpackte, gelang mir. Dann war alles anders, von einem Tag auf den anderen. Ich wußte nur, daß sich alles ändern würde. Deshalb habe ich vielleicht mit allem gebrochen, was vorher war. Ich wußte doch nicht, daß ich wieder einmal rauf auf zur Berghütte konnte. Ich ging lange Zeit an Krücken, hatte Schmerzen, konnte nicht schlafen. Alle besuchten mich und redeten auf mich ein, wie man einem kranken Gaul zuredet. Sie waren voller Mitleid. Es war schrecklich. Dabei konnte ich in ihren Augen lesen, wie froh sie waren, daß sie das Schicksal nicht getroffen hatte.«

      Quintus seufzte.

      »Einige machten mir berufliche Vorschläge, was ich tun könnte und versuchten mich da hineinzupressen. Ich kam mir vor wie ein unmündiges Kind. Am schlimmsten waren die Fachärzte im Krankenhaus. Sie sagten mir schlimme Dinge. Als ich nach der Operation aufwachte, war ich noch voller Lebensfreude. Doch sie sagten mir, mit welchen Komplikationen ich rechnen müsse. Da brach für mich eine Welt zusammen.«

      »Du Armer! Du hast das völlig mißverstanden. Das tun die Ärzte immer. Sie müssen sich juristisch absichern. Sie können auch nicht in die Zukunft sehen. Wenn man von den größtmöglichen Komplikationen ausgeht, dann ist alles, was nicht eintritt, ein Erfolg. Schau doch, alles ist gut geworden.«

      Sie lächelte ihn an.

      »Was geblieben ist, sind ein paar Narben. Ein paar dünne helle Linien, die mit der Zeit auch noch verblassen. Du kannst laufen, wandern. Du fährst Auto. Du hast keine Beschwerden. Vergiß es einfach. Denke nicht mehr daran.«

      Quintus zog Yvonne zärtlich an sich.

      »Was würde ich ohne dich machen?«

      »Das kann ich mir gut vorstellen. Du würdest wahrscheinlich noch immer deine Mutter nerven und auf eurem Hof rumhumpeln.«

      »Möglich ist das schon!«

      »Dein Knie ist fast funktionstüchtig. Wenn du nicht gerade Aktiver bei der Bergwacht gewesen wärest, dann wäre alles gut. Doch durch die Verschiebung deiner beruflichen Laufbahn hast du einen Knacks bekommen. Das Problem ist jetzt nicht mehr dein Knie, sondern sitzt da!«

      Yvonne tippte mit dem Finger auf Quintus Stirn.

      »Dort oben, da hast du einen Knacks bekommen! Doch damit ist jetzt Schluß. Hörst du! Ich will, daß du mir aus deinem Leben erzählst, so wie es vorher war. Ich will, daß du deine alten Gewohnheiten wieder aufnimmst.«

      »Das klingt richtig herausfordernd!«

      »Das soll auch so klingen, Quintus! Wenn du nicht wieder damit anfängst, dann wird dir der Verzicht ein Leben lang nachhängen. Verstehst du, was ich meine?«

      Yvonne nahm seine Hand.

      »Liebster Quintus! Ich verstehe dich ja! Es ist nur falsch! Es ist unmöglich, das Schicksal zu bestrafen, indem du dich dem Leben verweigerst. Du bestrafst dich nur selbst.«

      Quintus richtete den Blick hinüber auf die Gipfel der Berge und sagte leise:

      »Yvonne, du kennst mich besser als ich mich selbst. Wahrscheinlich hast du recht. Ich kann mir nicht verzeihen, daß ich die Gefahr nicht vorhergesehen habe und auch nicht schnell genug und richtig reagiert habe. Vielleicht will ich mich wirklich selbst bestrafen. Ich werde darüber nachdenken. Das verspreche ich dir.«

      »Das ist schon viel, Quintus! Doch Nachdenken ist nur der erste Schritt. Du mußt handeln! Habe keine Angst! Ich werde bei dir sein, Quintus!«

      »Das weiß ich, Yvonne! Ich liebe dich! Ohne dich hätte ich das alles nicht geschafft.«

      »Dann darf ich dich auch weiterhin ein bißchen quälen? Dir den einen oder anderen Schubs geben?«

      »Ich lasse mich sehr gern von dir schubsen!«

      »Gut, lieber Quintus! Dann fangen wir doch gleich damit an! Erzähle mir alles! Die Träume, die du als Kind hattest, deine Erfolge, deine Niederlagen. Erzähle mir von schönen Stunden und von weniger schönen Zeiten. Ich liebe dich und möchte alles mit dir teilen, auch deine Erinnerungen.«

      Quintus lächelte sie an.

      »Laß mir einen Augenblick Zeit. Wir wollen jetzt einfach hier sitzen und die Aussicht genießen. Diese Aussicht ist Balsam für meine Seele.«

      Quintus legte den Arm um Yvonne. Sie kuschelte sich eng an ihn. So saßen sie eine ganze Weile eng beieinander und ließen die Augen schweifen.

      Dann begann Quintus zu erzählen:

      »Schon als Kind, als ganz kleiner Bub, habe ich in den Bergen immer Freunde gesehen. Auf manche Menschen wirken die Berge bedrohlich. Das konnte ich nie verstehen. Für mich waren sie immer große starke Freunde. Freunde, die fest verankert waren, seit ewigen Zeiten. Als Bub wünschte ich mir oft, sie könnten erzählen. Ich mochte das Fach Geschichte in der Schule sehr. Dann stellte ich mir immer vor, daß diese Berge alles gesehen haben. Alle Zeiten, alle Geschehnisse sind in ihnen gespeichert. Man kann wissenschaftlich genau ihr Alter bestimmen. Doch mir war das nie genug. Als Bub mußte mir die Mutter immer ein bestimmtes Märchen erzählen. Da kam eine Fee und ein Mann hatte ein paar Wünsche frei. Ich hätte nur einen gehabt. Ich hätte mir gewünscht, daß die Berge erzählen könnten.«

      »Welche Geschichten?«

      Quintus schaute Yvonne zärtlich an.

      »Zum Beispiel denke ich, daß vor uns viele liebende Paare in den Bergen waren. Die Berge wurden Zeuge ihrer Liebe. Sie heirateten, bekamen Kinder, erlebten Sommer und Winter, Reichtum und Armut, Glück und Unglück, Krieg und Frieden. Sie verbrachten ihr Leben hier in den Bergen. Nichts ist von ihnen geblieben, sagte ich mir lange Zeit. Damit erkannte ich, daß es eine Gemeinsamkeit gibt. All diese Menschen damals, und sei es schon vor tausend oder zweitausend Jahren, die Leute heute und die Generationen, die nach uns kommen, sind miteinander verbunden. Alle trugen, tragen und werden auch in Zukunft die Liebe zu den Bergen in ihrem Herzen tragen.«

      »Das hast du schön gesagt, Quintus!«

      »Die Berge sind ein Ort der Stille und Einkehr. Man ist der Schöpfung hier so nah wie sonst nirgends, denke ich.«

      »Ja! Das spürt man in seinem Herzen. Man wird ganz ruhig. Alles, was so wichtig scheint, ist plötzlich nebensächlich und unbedeutend.«

      »Genauso

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