Rabenauge. Sabine D. Jacob
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7. Kapitel
»Du siehst müde aus. Und sicher bist du hungrig.« Erwartungsvoll sah Nolan Jeremy an.
»Nein danke, mir ist speiübel. Auf keinen Fall kann ich etwas essen. Kann es sein, dass man den Verwesungsgeruch immer noch wahrnehmen kann? Auf jeden Fall stinkt es nach den Vögeln. Im Bunker damals hat es auch so gerochen. Dort saßen brütende Dohlen im Luftabzug, erinnerst du dich? Damals mochte ich den Geruch gern. Er sagte mir: Hey, du bist in Trinale, es ist Sommer, du hast Ferien. Jetzt kommt es mir vor, als hinge der Gestank bereits in meiner Kleidung.« Angewidert verzog Jeremy das Gesicht und erhob sich aus dem Sessel. »Es ist unglaublich! Wenn ich nicht mit eigenen Augen sehen würde, dass die Vögel sich hier zu Hunderten versammeln, ich würde es nicht für möglich halten. Ob sie noch da sind?« Er ging zum Fenster und spähte durch das Astloch. Da es mittlerweile dämmerte, konnte er kaum etwas erkennen.
»Natürlich sind sie noch da, Jey! Und sie werden bleiben.«
»Wie meinst du das: Sie werden bleiben? Irgendwann werden sie doch verschwinden! Ich meine: Worauf warten sie? Was wollen sie?«
»Hast du es noch nicht verstanden? Sie wollen mich! Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut, dass du hierhergekommen bist. Jetzt steckst du auch ganz schön tief drin.«
Jeremy spürte, wie seine Ungläubigkeit langsam eine Panik heraufbeschwor. Wo hatte er sich da hineinmanövriert? Er konnte nicht fassen, in welch prekärer Situation sie sich befanden. Daher hoffte er, dass er gleich aufwachen würde oder dass Nolan mit einem lauten »Reingelegt!« in schallendes Gelächter ausbrach, wie er es als Kind gern getan hatte.
Nichts davon geschah.
8. Kapitel
»Wir müssen hier raus, so viel steht fest«, sagte Jeremy und knetete seine Finger. Unruhig und ziellos lief er in der Bibliothek hin und her wie ein Löwe mit Hospitalismus. Er konnte nicht untätig herumsitzen und kostbare Zeit vergeuden. Sie brauchten einen Plan, wie sie diesem Spuk ein Ende bereiten konnten. »Wir müssen überlegen, welche Möglichkeiten wir haben hier herauszukommen!«
»Was denkst du, mache ich seit Tagen? Jey, die Viecher lassen sich weder vertreiben noch einschüchtern.«
»Weshalb hast du niemanden angerufen?«
»Weil ich die Telefonrechnungen nicht bezahlt habe. Ich hab mich im letzten halben Jahr komplett vergraben. Es können zwar Anrufe herein, aber nicht heraus.«
»Und der Notruf? Der müsste doch funktionieren.«
Beschämt schloss Nolan die Augen. Da war es wieder, das altbekannte Gefühl, der kleine, dumme Nolan zu sein, obwohl Jeremy jünger war. Krampfhaft suchte er nach einer plausiblen Erklärung. Wie immer ging der Punkt aber an Jeremy. »Wie dumm von mir. Das hatte ich vergessen«, gestand er widerwillig ein.
Jeremy sah ihn an, dann zuckte er mit den Schultern. »Wie auch immer. Ich habe ja ein Handy. Ich informiere sofort die Polizei. Die wird alles Weitere veranlassen.«
»Du hast hier leider kein Netz, Jey!«
»Und wo finde ich ein Telefon?« Jeremy gab nicht auf.
»Oben im Salon, der jetzt von Krähen belagert ist. Die Apparate in der Küche und im Büro sind wohl kaputt. Ist bestimmt ein Werk der Vögel. Als du gestern anriefst, hat nur das Telefon im ersten Stock geklingelt. Ich stürmte also nach oben. Sofort folgten mir die drei Krähen, die sich in der Eingangshalle positioniert hatten und dort Wache schoben. Noch bevor ich die ersten Stufen erreicht hatte, attackierten sie mich. Sie versuchten sich in meinem Nacken festzukrallen, aber ich hatte mir vorsorglich einen dicken Wintermantel von der Garderobe geschnappt, einen Hut und einen Schirm. Ich muss ausgesehen haben wie eine fleischgewordene Vogelscheuche. Im Salon schaltete ich die Deckenlampe an. Die Fenster hatte ich bereits letzte Woche verrammelt. Kaum flammte das Licht auf, schossen die Krähen zu den Fenstern und begannen die Latten zu bearbeiten. Sie versuchten die Nägel herauszuziehen. Von außen war ein aufgeregtes Gekrächze zu hören. Es war, als ob sie sich miteinander verständigen würden. Zudem versetzte sie das Läuten des Telefons in schiere Raserei. Während ich mit dir sprach, krachten die ersten Latten herunter und zwei Scheiben zersplitterten. Eine Krähe blutete. Das hielt sie aber nicht auf. Sie machte sich über das Telefonkabel her und riss es aus der Wand. Als die ersten Vögel hereinflatterten, raste ich zur Tür, um so schnell wie möglich aus dem Zimmer zu kommen. Panisch knallte ich sie hinter mir zu. Vier Krähen schafften es dennoch, mir zu folgen. Die anderen polterten gegen die Tür. Seitdem versuchen sie, diese mit Gewalt aufzubrechen. Als ich dich hereinließ, konnte ich deutlich hören, dass sie gar nicht daran denken, aufzugeben. Sie sind immer noch dabei, die Tür zu