GUARDIANS - Das Vermächtnis. Caledonia Fan

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weiß nicht mal genau, wie ich eigentlich heimgekommen bin. Ich habe geschlafen wie ein Toter und mich heute früh gefühlt, als sei eine Gerölllawine über mich hinweggegangen. Mir tat jeder einzelne Knochen weh. Welche Kraft habe ich da in mir, von der ich nichts weiß? Und warum kann ich sie nicht kontrollieren? Und - wohl die wichtigste Frage - zu was ist sie fähig?"

      Yonas starrte auf den Boden zwischen seinen Füßen. Dankbar merkte er, dass Trajan ihn zwar anschaute, aber nicht aufforderte fortzufahren.

      "Ich habe Ahmad gewarnt, als er zu mir kommen wollte", flüsterte er. "Er hat es ignoriert und kam trotzdem näher und ich hatte solche Angst, dass ich ihn verletzen würde, vielleicht sogar töten. Doch plötzlich war es vorbei. Wie ein Fingerschnipsen. Ich war wieder ich. Der Sturm flaute ab, Blitze weg, Licht weg. Nein, das Licht ... es war nicht weg, es ... kam zu mir zurück, wie als ob es von mir aufgesaugt würde."

      Yonas' Blick streifte den reglos Liegenden und blieb am Verband an dessen Schulter hängen. Er seufzte. "Tja, was nun eigentlich diese Kraft gestoppt hat, weiß ich nicht. Ob es die Berührung von Ahmad war? Welche Energieart lässt sich durch eine bloße Berührung neutralisieren?"

      "Eine Energieart, die sein Vater erschaffen hat."

      Trajan schaute überrascht hinüber zum Bett, als er Ahmads Stimme in seinem Kopf vernahm.

      "Was ist?", fragte Yonas neugierig, der es bemerkt hatte. "Ist er wach? Was sagt er?"

      Trajan nickte. "Er sagt, dass dein Vater diese Energieart erschaffen hat."

      "Mein ... Vater?" Das Staunen war aus der stockend hervorgebrachten Frage herauszuhören. "Also ich weiß ja, dass er ziemlich seltsame Dinge gemacht hat und stundenlang in seinem Zimmer unter dem Dach hockte oder im Keller in seinem Labor war, unzählige Papierseiten vollschrieb, vergessen hat zu essen und zeitweise sogar, dass es mich gab ... Aber eine Energieart erschaffen? Geht so etwas überhaupt?"

      "Er weiß nicht viel über seinen Vater." Ahmad öffnete die Augen, wandte den Kopf zur Seite und schaute Yonas einen Moment sehr aufmerksam an.

      "Dein Vater war ein beeindruckender Mann", meinte er dann. Seine Stimme war ein wenig gedämpft durch die Sauerstoffmaske und leise. So leise, dass sich Trajan fragte, ob es eine so gute Idee von ihm war, zu sprechen.

      "Ich weiß nicht viel über ihn", seufzte Yonas nun, ganz so, als hätte er Ahmads telepathische Bemerkung von vorhin verstanden. "Er war eher ein Sonderling. Das, was man einen verschrobenen Wissenschaftler meint."

      "Ich kann dir ... von ihm erzählen." Noch immer wandte Ahmad den Blick nicht von Yonas.

      Jetzt krauste Trajan besorgt die Stirn. "Ahmad ...", begann er zögerlich, "also ich weiß nicht, ehrlich ... Und du", er boxte Yonas leicht an die Schulter, "ermuntere ihn nicht noch. Das könnt ihr ein andermal machen. Wenn Ahmad sich anstrengt, wird uns das Teil dort", er deutete mit dem Kinn zum Monitor hinüber, "sofort den Doc auf den Hals hetzen."

      Der Jüngere nickte. "Und wenn der mich hier erwischt, bin ich geliefert. Gibt mindestens vier Wochen Küchendienst." Er blickte so kläglich drein, als wäre der Hammer nach diesem Urteilsspruch über ihn schon gefallen.

      Trajan verzog belustigt die Mundwinkel. Doch mit der Vermutung konnte Yonas recht haben. Issam würde keine Gnade kennen, wenn er ihn hier vorfand.

      "Ich zeige es ihm." Selbst in Gedanken zu sprechen schien Ahmad anzustrengen, seine Stimme klang matt, kaum hörbar in Trajans Kopf.

      Doch der verstand den Sinn der Worte sofort. Stumm deutete er auf Yonas' Hand und dann auf Ahmads Schulter.

      Verblüfft sah der Junge ihn an. Ich soll Ahmad berühren, schienen seine Augen zu fragen, nachdem dieser das immer vermieden hatte?

      Zögernd folgte er der stummen Aufforderung und beugte sich ein wenig vor, während er die Augen schloss. Das half ihm immer, in Erinnerungen einzutauchen, auch in seine eigenen. Dann wartete er auf das, das Ahmad ihm zeigen wollte. Eine Weile herrschte Stille. Nur das Summen des Monitors und das leise Zischen vom Sauerstoff konnte man hören.

      Yonas Miene war hochkonzentriert. Er schien intensiv in Ahmads Erinnerungen eingetaucht zu sein. Ein paar Minuten vergingen, ohne dass sich einer von ihnen rührte. Dann riss er plötzlich mit einem erschrockenen Laut seine Hand zurück und sprang auf. Der Stuhl kippte um, als er nun beinahe taumelnd einen Schritt zurückwich.

      Trajan war erschrocken zusammengefahren und starrte ihn an.

      Aber Yonas sagte nichts, sondern drehte sich um und verließ das Zimmer fast fluchtartig.

      Der blaue Guardian sah ihm verdutzt nach und hörte gleich darauf die Tür der Klinik ins Schloss fallen. "Was ist denn in den gefahren?", murmelte er.

      "Geh ihm nach!", flüsterte Ahmad drängend. "Er darf sich nicht aufregen!"

      Gehorsam sprang Trajan auf, rannte durch den Behand­lungsraum und riss die Tür zum kleinen Foyer auf. Gerade noch sah er, wie links von ihm die Gartentür ins Schloss fiel. Als er durch das Fenster daneben spähte, konnte er erleich­tert feststellen, dass Yonas sich eben auf die Steinbank neben der niedrigen Gartenmauer plumpsen ließ.

      Ein, zwei Minuten wartete er noch, doch als er sah, dass der Jüngere ruhig dort sitzenblieb, kehrte er zurück ins Kranken­zimmer.

      Ahmad wartete schon ungeduldig. "Was macht er? Wo ist er hin?", fragte er besorgt.

      "Alles gut." Trajan winkte beruhigend ab. "Er sitzt ganz still draußen auf der Bank. Mann …", flüsterte er, nachdem er sich wieder ans Bett gesetzt hatte, "was hast du ihm bloß gezeigt?"

      Wirklich beruhigt schien Ahmad nicht zu sein. Doch jetzt richtete sich sein Blick wieder auf den blauen Guardian. Seine Linke griff nach der Sauerstoffmaske und zog sie herunter übers Kinn. "Ein paar Dinge aus seiner Kindheit, an die er sich selbst nicht mehr erinnern kann, weil er zu klein war." Für ein paar Sekunden schwieg er. "Und wie ich damals seinem Vater zum ersten Mal begegnet bin und der mich als Bodyguard eingestellt hat ... für seinen damals neun Monate alten Sohn."

      Trajan riss verdutzt die Augen auf. Das hatte er nicht erwartet. Und Yonas hatte also nichts davon gewusst.

      "Und das, was Yonas gestern Abend - also dieses … von was er überwältigt wurde, war also eine Energieart, die dessen Vater entwickelt hat?"

      "Ja."

      "Und du kennst sie?"

      "Ja."

      "Also weißt du, was sie anrichten kann?"

      "Ja."

      "Denkst du deshalb, Yonas sei gefährlich?"

      "Ja."

      Trajan lehnte sich zurück auf dem Stuhl und versuchte die vielen Informationen zu sortieren und zu verarbeiten.

      Was für ein heilloses Chaos. Er hatte jetzt noch mehr Fragen und wusste nicht, wer sie ihm beantworten sollte. Nur Ahmad kam in Frage. Doch der brauchte Ruhe und keine aufregenden Diskussionen.

      Unschlüssig sah er auf seine Uhr. Yonas kam nicht zurück. Ahmads Erinnerung war wohl ein Schock für ihn gewesen. Er hatte eben erkennen müssen, dass seit fast sechzehn Jahren auf Geheiß seines Vaters ständig jemand an seiner Seite gewesen war, um ihn zu beschützen.

      Aber

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