Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke

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Sitten, Strolche & Strategen - J. J. Juhnke

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wieder das triste Leben mit Wasser unterm Kiel. Es folgten klingende Namen wie: Bongo Bar, Paradiso, Klabautermann, Kit Cat Club, Angel Station, Sailor´s Dream, Haifischbar, Rio Rita, Roxy, und, und, und ..… Oft boten sich beim Durchfahren der Straße ähnliche Bilder. Kleine und große Gruppen in weißen und blauen Uniformen, oder ähnlichen Kostümen, zogen drängend, geordnet oder wankend durch die Lasterhöhlen - Allee, welche bestimmt war von Leuchtreklamen, verwehten Klängen aus Musikboxen, sowie bunter Mädchen mit signalisierendem Verhalten. Das alles hat meinen Vater wenig tangiert, aber die vielen, schon zu dieser Uhrzeit, am Bordstein geparkten Luxuskarossen, beflügelten rechnerisch seine Phantasie. Mancher "Schlachtschiff Straßenkreuzer" hatte den Wert eines Einfamilienhauses. Mögen die Nebengeschäfte meines Vaters einige große Scheine abwerfen - das Geld der Bordelle klimperte in einer anderen Liga. Ich erinnere mich noch an einen Moment vor einer roten Ampel, mitten im Amüsierviertel. Im schönsten Sonnenlicht liefen zwei sommerlich knapp bekleidete junge Mädchen über den Zebrastreifen. Mit pendelnden Zigaretten zwischen Mund und Fingern. Ebenso pendelnd zeichneten sich deutlich Ihre Körperkurven ab. Das erregte Vater spontan zu einer Feststellung die er laut formulierte: >Sieht dir diese Lolitas an, Junge. Da weiß man nicht mehr, gehen die noch zur Schule, kommen die aus einem Bordell, oder beides. In diesen Babylonischen Zeiten! < Ich dachte mir nur, da wäre ich jetzt aber gerne in Babylon. Als es dann weiter ging und Vater mal nicht wie gewohnt den Spruch brachte: > wenn das der Führer wüsste<, las ich zufällig das Wort "unwissend" an einer Hauswand. Ich fand das passend. Denn diese Mädchen konnten nicht wissen welche Signale sie senden, welche Reize sie ausstrahlen und was sie dafür bekommen werden. Oder, doch?

      Aber dann folgte noch ein Spruch an einer Hauswand: "Keine Macht für Niemand", war diese Losung. Das machte mich nachdenklich. Wie das wohl aussehen würde? Am anderen Ende der Stadt lag der Fischereihafen. Die Welt der Fischdampfer Rabauken. Nur wirklich herbe Kerle schaukelten an Bord dieser Pötte durch die Nordmeere. Ein nasskalter Job: Fische fangen und an Bord hieven. Tag und Nacht mit Wellengang, Stürme, Eis und Schnee. Oft waren es verrufene Seebären, die laut und gewalttätig in die Hafenkaschemmen einfielen. Auf diesen Seelenkäufer Dampfern und in den Spelunken konnte man auf Gestalten treffen die woanders im Ketten gelegt wurden. Hier gab es die finstersten Bars und Bordelle, die mit verlockenden Namen und Angeboten, auf Neonlicht, warben. Ständig bedroht das Inventar zerlegt zu bekommen, was auch mit guter Regelmäßigkeit geschah. Es kam vor das für Seebären, mit bewegter Vergangenheit, die Fischdampfer zur neuen Heimat wurden. Zu offensichtlich war die persönliche Übereinstimmung mit Steckbrief und Haftbefehl. Auch wenn ich äußerlich zu dieser Zeit noch ein Junkerschulen Kandidat gewesen bin, hat mich das zügellose "remmy demmy" dieser Welt elektrisiert.

      Damals ahnte ich noch nicht, wie tief ich das alles später kennen lernen sollte. Wir fuhren unsere Fracht meistens in eine Garage von Alfredo, zu der Vater einen Schlüssel besaß. Seltener brachten wir es zu einem Seiteneingang der Drachenburg, zu Gestapo Kuddel, oder es ging auf die Domäne. Als der Siegeszug des Containers und der bargeldlose Zahlungsverkehr die Bars und Betten leerten, waren die rauschhaften Jahre vorbei. Der nächste Keulenhieb, für die Stadt am Meer, war das sterben der Werften und die Schließung der amerikanischen Militärbasis. Fährt man heute durch den Hafen und die alten "remmy demmy" Straßen, fällt es schwer, diesen "Tingel Tangel" lebendig werden zu lassen. Gar zu glauben das es das alles gegeben hat und die Tage der "Taschen voller Dollars" existiert haben. Augenzeugen, von beiden Seiten der Tresen, wird es hier und da noch geben. Aber schon lange sind die Türen der goldenen Zeiten verschlossen und mit ihnen alle Lichter erloschen. Solche Amüsierviertel wird es noch geben, irgendwo auf der großen, weiten Welt zwischen Bali, Sansibar und Jamaika. Aber jetzt gehen wir zurück in die Zeit als Musikboxen, Zigarettenautomaten, Flipperautomaten und Menschen an den Bartresen in diesen „Bums Lokalen“ lebendig waren.

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      Die Innung

      Die Innung war ein loser Interessenverband ohne Registereintragung, aber mit klaren Regeln an die sich jedes Mitglied hielt, wollten seine Geschäfte erfolgreich verlaufen. Eine unauffällig Beutegemeinschaft der Bar- und Bordellbetreiber in Stärke einer Fußballmannschaft, die sich zu wirtschaftlicher Blüte entwickelte.

      Freunde, im klassischen Sinne, konnten sie kaum werden, aber Komplizen und Ehrenmänner, das schon.

      Alfredo und Carlo galten, bei der Polizei, als unangefochtene Köpfe dieser Vergnügungsviertel Vereinigung selbstständiger Schausteller, ohne dass es beweisbar wurde. Es gab noch einige mehr, wie den schönen Danilo, Kongo Kalle oder Planken Flint, zeitweilig auch einen gewissen Bokassa. Sie alle hatten eine zweite "rechte Hand" in ihrem Umfeld, die da hießen Salonlöwe, Bootsmann, oder Zumba. Zur Durchsetzung der elementarsten Ziele ging es darum Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Kontrolle über das Amüsierviertel zu behalten. Nur so war es möglich maximale Gewinne zu realisieren. Dafür musste das System gleichzeitig offen und geschlossen funktionieren. Ein Mädchen sollte ihren Verehrer durch das Viertel begleiten können, egal wem der Laden in dem gezecht wurde, letztendlich gehörte. Eine Bar sollte nicht unkontrolliert vom Verehrer verlassen werden. Der kostbare Seemann konnte sich an der frischen Luft dazu entschließen zum Schiff zurück zu kehren, obwohl sich noch Geld in seinen Taschen befand. Auch galt es Massenschlägereien von und mit Schiffsbesatzungen zu vermeiden. Schnell war ein Lokal in Schutt und Asche gelegt, wenn Seeleute, Soldaten, amerikanische Militärpolizei, deutsche Polizei und Barpersonal zu toben begannen.

      Darum war es wichtig eine kompetente Eingreiftruppe im Hintergrund zu wissen. Das waren die Drachenburger Lotsen. Motorradfahrer mit privilegiertem Stammsitz im Erdgeschoss der Drachenburg.

      Ihr Anführer hatte die Fähigkeit bei kurzfristigem Bedarf, aus einer Gruppe von 20 Ledermännern, innerhalb von 30 Minuten, 200 Kopien zu aktivieren. Alle Jahre wieder versuchen mutige Luden, im Gefolge frischer Mädchen, im Rotlicht zu landen und den Verwaltungsriegel der Innung zu knacken. Zum Beispiel erzählte mir Siggi Salonlöwe von dem Österreicher mit der großen "Goschen"! Er ließ sich auf eine Poker Nacht mit Kater Carlo ein. Für ihn wohl eine Nummer zu groß. Erst nahm der Kater ihm die Mädchen ab und zuletzt wanderten die Schlüssel seines V- 8 Boliden in andere Taschen. Dann fuhr man den sturzbetrunkenen Österreicher in den Überseehafen, verfrachtete ihn auf das nächste Schiff das gerade auslief und er ist bisher nicht zurückgekommen. Natürlich gab es grundsätzliche Konflikte mit der Polizei und deren Vorstellung von gültiger Gesetzeslage. Probleme mit den Papieren, minderjährige Barbesucherinnen, Kontrolle der Warenbücher, Besucher bei eindeutigen Handlungen gesichtet, und so weiter. Darum waren unangemeldete Razzien, mit ihren Konsequenzen, grundsätzlich etwas was es zu vermeiden galt. Ein gemeinsamer Fond sollte das schlimmste verhindern. Die Amerikanische Militärpolizei war die konsequenteste aller Eingreiftruppen jener Zeit. Die M P kümmerten sich um ihre durchgeknallten Soldaten gleich vor Ort, ohne Zeit mit Diskussionen zu verschwenden. US- Boys, die von Kriegsschauplätzen kamen oder in Kriegsschauplätze verbracht werden sollten, trugen nämlich leider etwas von Endzeitstimmung in sich.

      Landgang der Wölfe

      Ich habe in meinem Leben eine Menge Geld

      für teure Autos, Alkohol und Frauen ausgegeben

      und den Rest habe ich sinnlos verprasst.

      - Georg Best, nordirischer Fußball Nationalspieler-

      Manche Leser werden das Unglaubwürdige solcher Vorfälle kritisieren, aber soll ich lügen, oder die Wahrheit verschweigen? Nur weil unzählige Zeitgenossen wenig Kenntnis von den Launen der menschlichen Natur haben? Wie auch immer, entscheiden heißt verzichten, sagte schon Runen Rudi. Ich habe mich entschieden, nicht zu verzichten. Es folgt mein Bericht über die Silvesternacht von 1967 auf 1968.

      Die ganze Nacht war Schnee gefallen und das tat

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