Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke

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seinem Waffenschein pflichtigen Gestänge, auf die gesunden Hühner im Stall losging, sie regelrecht krank vögelte. Das war sehr, sehr geschäftsschädigend. Als sich keine befriedigende Einigung zwischen Besitzer und Besitz abzeichnete und Zumba drohte einen eigenen Stall aufzumachen, war die rote Linie überschritten. Auch hinsichtlich der Geduld der Innung. Es heißt, Bokassa hätte ihn an einen Kapitän weiter vermittelt der die Ostindien Route befuhr, wo es deutlich wärmer sei. Andeutungen, wonach man den schwarzen Riementräger eher bei den Fischen finden könnte, als in anderen Kontinenten, ließen sich nicht beweisen. Für Bokassa konnte sich der Kater noch vor dem Weltenlenker schämen, aber selbst das gelang ihm nicht bei den hirnlosen Clowns, aus dem Land der stolzen Dummköpfe. Nur weil man zur Gattung Mensch gehöre sei man nicht automatisch ein vernunftbegabtes Wesen. Bokassa und die mutigen Feiglinge aus Spanien, zeigten klar die Grenzen auf. >Hätten die Tiere eine Religion, dann wäre der Mensch der Teufel<, so der Kater. Der Kater sei ein ganz sensibler Hund, verriet mir Siggi Salonlöwe. Als vor kurzem sein Lieblingskater krank wurde konnte der Chef mit keinem seiner Mädels etwas Triebhaftes anfangen. Und als im letzten Jahr sein Dienstältester Kater, der Jopi, im stolzen Alter von 19 Jahren friedlich in Carlos Armen entschlief, ja da trug der knallharte Rotlichtboss einen Monat lang die Trauerbinde und niemand durfte seine trübe Laune stören. Die Beerdigung in seinem Garten wurde eine Großveranstaltung und wer den Kater schätzte der kam, erwies Respekt und Anteilnahme am Grab vom Jopi. Ein zusätzlicher "Gedenkstein" zierte nun seinen Garten. >Sollen sich doch die Kirchenfürsten darüber aufregen, oder im Grab umdrehen, dass bestimmt viel pompöser ausfällt wie mein einfacher Gedenkstein<, meinte der Kater am Rande der Feier. Dann setzte er noch hinzu: >So geistig bin ich auch noch, dass ich aus Erfahrungen sagen kann: Tiere sind nun mal die besseren Menschen und wer das nicht einsieht hat ein Brett vom Kopf, wo immer das auch herkommt! < Der Kater pflegte für sich das Image: Mild in der Art, stark in der Tat. Auch glaubte er ein Herz aus Gold zu besitzen und manches Mädchen hielt es zumindest für Blattgold. Sex als lukrative Geschäftsidee, mit überlegenem Material den heimischen Ehefrauen gegenüber, weil reizvoll fremd und meistens weniger prüde. Der Kater meinte mit wertvollen Kunstwerken menschlicher Ästhetik zu handeln, welche zwar unverkäuflich, aber für schöne Stunden, auf Mietbasis, erhältlich und das sei durchaus die bessere Lösung, als jahrelang mitanzusehen wie sich ein an den Fluss der Zeit gebundenes Kunstwerk unschön verformt. Ein chromblitzendes Symbol für sichtbaren Erfolg, dass er als "Unternehmer" auf die richtigen Pferdchen" setzte, war zweifelsohne sein Cadillac, Coupe de Ville, 1959er, oder 1960er, das kann ich nicht mehr genau sagen. Aber wieder zurück zur Silvesternacht 1967: Man sah Trauben von Dollar starken, erlebnishungrigen Happy ending Suchern vor überfüllten Läden. Auf Einlass hoffend. Etwas entfernt standen zwei MP- Fahrzeuge der Amerikaner und beobachteten die Szene. Zwei Wagen bedeutete mindestens acht durchtrainierte MP mit Peacemaker Knüppeln in Bereitschaft. Schon sichtbare Präsenz schaffte Ruhe und Ordnung unter den Wartenden. Zumindest unter den Amerikanern, denn andere Nationen kannten die Qualität dieser mobilen Truppe weniger. Zumindest, sagte Vater einmal anerkennend zu Captain Walker: >sehr nahe am ehemaligen deutschen Eliteeinheiten Standard<. Dann saßen sie trinkend, wie so oft nach einem guten Geschäft in der Jagdhütte und erzählten sich tiefe Wahrheiten. Später mehr davon. Allerdings gab es auch zuständige Ordnungshüter, direkt von der Innung gestellt. Zwei Originale die im Rotlicht lebten und ständig ihre Runde machten. Das waren "Turbine" und der "Major". Beide legten keinen Wert auf die Bekanntheit ihrer wirklichen Namen und der Kater konnte das nur zu gut verstehen. Er brachte dazu den Spruch: >Ich bin nicht besseres als die beiden! < So bürge Carlo bei der Innung für diese Mitarbeiter und hielt seine Hand schützend über sie. Das dynamische Duo, wie die Mädchen sie nannten, hatte, wie so viele, ein Schicksalsschlag in diesen Teil der Welt verbannt.

      Bei Turbine fing es damit an das eine Quarantäne, am Ende der Welt, ihn für eine ganze Schiffsreise ausfallen ließ. Als er nächstes Mal wieder an Bord ging, erfuhr er erst auf hoher See und rein zufällig, von dem Verhältnis seiner Frau mit dem Kapitän. So verprügelte er im Dienst seinen Vorgesetzten und die Mannschaft konnte nur mit Mühe verhindern das er ihn über Bord warf. Dieser Vorfall beendete seine Seefahrerzeit und auch seine Pläne eine Frau fürs Leben zu haben. Er tauchte ab und bei uns wieder auf. Seine Nationalität blieb mir schleierhaft, auch weil er es mit Worten nicht so hatte. 10 deutsche und 10 englische Sätze reichten ihm, im Dienst, völlig zur Verständigung aus. Dafür waren diese recht kernig und richtungsweisend. Zum Beispiel sagt er bei passender Gelegenheit: >Ist jetzt Ruhe hier im Puff, oder soll doch der Leichenwagen kommen? < Das verfehlte seine Wirkung nur selten. Ansonsten blieb Turbine unauffällig und man sah ihn gelegentlich auf seinem Fahrrad das Revier abfahren. Den Namen Turbine soll er schon an Bord der Schiffe gehabt haben, weil er kurzfristig enorme Kräfte abrufen konnte und vielleicht auch weil er kurzfristig sehr böse werden konnte. Beim Feuerwehrmann, den sie Major nannten, lief es ungefähr so ab: Er kam aus dem Norden der Staaten und soll als Feuerwehrmann in New York gearbeitet haben. Dort muss der große kräftige Kerl aufgefallen sein. So landete er schon Anfang der 60zigern bei den Green Berets und dann in Vietnam. Als sie ihn später nach Deutschland ausflogen hatte er immer noch die Kugel im Kopf. Aber auch im besten US Army Hospital hielt man es für zu riskant die Kugel heraus zu operieren. Mit Glück würde sie nicht anfangen im Gehirn zu wandern und alles bliebe unauffällig. Das war nur die halbe Wahrheit den der Major zog, seit er die Kugel eingefangen hatte, etwas das Bein nach und seine Farberkennung hatte Tagesform. Er hat sich immer wieder gefragt woher damals der Feuerstoß gekommen sein konnte und er hielt es nicht für unmöglich das er aus einer amerikanischen Waffe stammte. Der Dschungel, die Dunkelheit, die Angst und der Stress können den besten Soldaten irritieren. Jedenfalls hatte er genug Krieg abbekommen und ging seiner Wege. Nach Amerika zurück kam nicht in Frage denn als Feuerwehrmann war er nicht mehr zu gebrauchen. Unter diesen Voraussetzungen in Amerika neu anzufangen wäre schwer. Zufällig traf er in Wiesbaden, bei einer internen Abschiedsfeier im Offizierscasino, unseren Rex mit seinen Mädchen, die dort mindestens tanzten und sangen. Irgendwo in der Familiengeschichte vom Major muss es deutsche Wurzeln gegeben haben, denn er soll von Anfang an etwas deutsch beherrscht haben. Rex sah in ihm gutes Verwendungspotenzial für die Innung, wenn der Major nicht schon andere Pläne geschmiedet hätte. Hatte er aber nicht und so telefonierte Rex mit dem Kater, dem Mann für Entscheidungen im organisieren des Tagesgeschäftes. Kater Carlo suchte ständig fähige Männer mit Beulen und Schrammen im Lebenslauf, sowie "Eiern in der Hose". Das Rotlicht boomte derartig das in mehreren Schichten gearbeitet wurde und Turbine nicht laufend Doppelschichten fahren konnte.

      Außerdem suchte er für die "Bumsläden" im Fischereihafen einen "Killertypen", den die einfallenden Verbrechervisagen aus den Fischtrawlern respektieren würden. Aber da wäre einer sowieso chancenlos geblieben und so war es mehr das Einsatzgebiet der Drachenburger Lotsen. Jedenfalls sorgte das dynamische Duo für Ordnung in Zusammenarbeit mit der MP der Amerikaner und gelegentlich mit der Seestadt Polizei, die es, nach Möglichkeit, vermied sich mit den vielen Ausländern herum zu schlagen.

      Zu ungewöhnlich, undurchsichtig und derbe waren oft die Konflikte im Rotlicht. Als deutscher Polizist war es auch nicht einfach sich in der Szene durchzusetzen, würde man nicht geltendes Recht verletzen. Da waren Turbine, Major und die M P freier in der Wahl der Mittel die sofort halfen. Der Major hatte schnell einen guten Draht zu den Boys seines alten Arbeitgebers. Es dauerte nicht lange da fuhr der Major mit einem ausgemusterten Army Jeep durch das Viertel. Eine Sammlung "Nightsticks" gab es gratis dazu. Nightstick – so nannte man den Schlagstock der amerikanischen Militärpolizei. Er war der M P wirklich eine Hilfe in dieser turbulenten Zeit. Ständig neue Soldaten die gingen und kamen, genau wie die Schiffe und ihre Besatzungen, die sie brachten oder holten. Oft brauchten sie die reisefertig gestalteten Heißsporne nur noch in ihrem Einsatzwagen zu werfen und ab ging es in die Zelle. Alle aktiven Mädchen mochten den Major sehr. Er sah kompetent aus und von seiner Nähe ging ein Strahl wärmender Sicherheit auf sie über. Egal wo hoch es her ging und die Stimmung gerade einen Siedepunkt erreicht hatte. Manchmal wurde es wirklich ungemütlich. Ich kann mich an die Geschichte mit dem Mädchen Paloma erinnern. Paloma war ein kakaobraunes Mädchen aus der Karibik. Kein Gramm Fett zu wenig, zu viel, oder am falschen Platz.

      Sie wäre 365 Tage im Jahr ausgebucht gewesen, wenn sie das gewollt oder ausgehalten hätte. Ihre Spezialität war der Dreier mit zwei Männern.

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