Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Sitten, Strolche & Strategen - J. J. Juhnke страница 11
Die jungen Kerle standen mächtig unter Dampf und schwänzelten um sie herum, aber konnten sich nicht friedlich einigen wer das Mädchen Paloma abgreifen durfte. Es artete zu einer wüsten Schlägerei unter kräftigen, ausgehungerten und geilen Marinesoldaten aus. Das Inventar war somit einer starken Gefährdung ausgesetzt und das bezahlt später niemand, wenn die Boys im Gewahrsam der Army verschwanden.
Es war kein Zufall das der Major über das lodernde Gefecht informiert wurde und schnell vor Ort die missliche Situation erkannte. Er hätte alle ausgeflippten Jungs nicht festsetzen können und lief zurück zum Jeep. Er griff sich einen handlichen Benzinkanister, öffnete ihn und goss schwenkend über die sich bereits am Boden prügelnden Nordamerikaner reichlich aus. Dann ließ er die Musik stoppen, stellte sich vor die Boys und hielt eine brennende Kerze in die Luft. Es dauerte keine gefühlte Ewigkeit bis den in Rage geratenen Männern der bekannte Geruch in die Nase und dann ins Gehirn stieg. Während der ganzen Zeit wurde es sehr still, dann zeigte der Major auf die brennende Flamme und auf den Ausgang der von den Mädchen offengehalten wurde. Wie Feuerwehrleute im Einsatz spritzten die Soldaten aus Kater Carlos Vorzeigeladen und wurden von der MP in die bereits offenen Einsatzwagen komplimentiert. Riskante Nummer, finde ich heute noch. Hätte komplett aus dem Ruder laufen können. Ich denke auch, dass nur der M P Zugriff garantierte, das die Jungs nicht nochmal aufgetaucht sind. Als alles geklärt und provisorisch aufgeräumt war, setzten sich die Verbliebenen an die Theke, kippten ein paar Kurze und Paloma drückte in der Jukebox, vielleicht passenderweise, Jumpin Jack Flash von den Rolling Stones. Dann wurde wild getanzt.
Ganz zum Schluss schneite Turbine herein und begriff was er versäumt hatte. Er kam gerade von einem Notfall und berichtete über eine Horde Seelöwen die gerade einer Bohrinsel entkommen waren und die Puppen nicht tanzen wollten, wie sie es wollten. Aber das ist eine andere Geschichte und ich schwenke wieder ab. Also zurück zur Silvesternacht. In dieser Hardcore Wirklichkeit suchten wir Waisenknaben doch nur eine nette Atmosphäre, in der uns ein bezahlbares, williges Mädchen an die Hand nahm und uns sozusagen einführte. War das denn zu dieser Stunde, an diesem Ort, unmöglich? Wir drifteten in Richtung der ruhigeren Kneipen, ohne Live-Programm, am Ende der "tingel tangel Straße". Brando erinnerte sich an das Cap Störtebecker. Eine alte Kneipe seines Vaters. Ein Seefahrer Klassiker der etwas hinter der Zeit war und demnächst renoviert werden würde. Vielleicht konnten wir uns dahin flüchten, frei bewegen und Nymphomaninnen treffen. Brando wusste: Der Störtebecker hatte Räume in denen man sich mit einer Hure ungestört vergnügen konnte. Das war nicht überall so. Es gab Kneipen die man extra verlassen musste um ein Stundenhotel zu nehmen, die Hure nachhause begleiten, oder im Sommer mit einem Taxi einen geeigneten Platz aufsuchen. Je nach Stimmungslage trieben es manche auch direkt in der Lasterhöhle, vor den Augen der anderen. Das schlossen wir für uns aus. Nicht unter Wildfremden. In solchen alten Spelunken, vom Typ Störtebecker, herrschten animalische Sitten und Gebräuche. Man konnte saufen, rauchen, streiten und ficken, alles unter einem Dach. Dann standen wir vor dem alten Bumsladen und er sah wie ein kleines Haus meiner Modelleisenbahn aus. Mit Schnee auf dem Dach und roter Außenbeleuchtung. Ein gemaltes, verwittertes Bild, vom alten Piratenkapitän, prangte angestrahlt über dem Eingang. In einem Bericht über den Goldrausch in Alaska habe ich ähnliches gesehen. Die Tür ließ sich öffnen und wir griffen uns zwei freiwerdende Barhocker am Tresen. Um 2 Uhr morgens, am 1. Januar 1968.
Ein Mann, wohl Stammgast, sprang vom Hocker und hob das Mädchen neben sich von ihrem. Dann trug er sie einen dunklen Gang entlang und entschwand hinter einem Vorhang. Weiteres konnten wir förmlich nachfühlen. Mit dem zweiten Blick erkannten wir die vielfältig hinterlassenen Spuren urbaner Kommunikation unter Seeleuten. An den Wänden hingen Bilder in Rahmen und ohne, vergilbt, vergilbter und frisch. Momentaufnahmen der Erinnerung, von Seefahrern aus aller Welt, die hier vor Anker gegangen waren. Verstaubte Schiffsmodelle rundeten das Gesamtbild ab. Die Musikbox spielte Lieder über die Liebe, vom verlassen werden und einer Zukunft, in der alles warten und hoffen sich gelohnt haben wird.
Mit Schallplatten von Freddy Quinn, Connie Francis und den üblichen Verdächtigen. Wie mag das sein, wenn man nach Wochen auf See, nur Männer, Stürme und der weite Horizont, diese Barhocker ansteuert.
Dann stand sie vor uns, auf der anderen Seite vom Tresen. Dunkel, sehr dunkel, jung, sehr jung, hübsch, sehr hübsch – Antje, das Barmädchen. Sie leuchtete uns genauso an, wie der Weihnachtsbaum hinter ihr, der zusätzlich mit Ansichtskarten dekoriert war. >Hallo Jungs, schön wenn Schulferien sind, stimmt´s? Ich frag mal nicht nach Ausweisen, sondern schmeiß euch die erste Runde. Was wollt ihr trinken? < Das war die netteste Begrüßung des gesamten Abends und sie kam von einem Barmädchen. Trotzdem fühlte sich Gento entmannt. Wie konnte sie nur wissen, dass er noch zur Schule ging? Wir einigten uns darauf, dass sie nur uns gemeint haben kann, also Brando und mich. In der Musikbox lief Vaya con Dios (Gitta Lind) und Antje tanzte beim ein schenken der Drinks vor uns am Tresen, mit der Flasche in der Hand. Wir waren begeistert. Vielleicht schon in sie verliebt. Erst jetzt sah ich mich in der gesamten Kneipe um. Da lag auf einem großen Tisch ein riesiger Klumpen. Arme und Beine von sich gestreckt, blickte dieser Koloss zur Decke. Daneben saßen zwei ehemalige Lieblingsschülerinnen geiler Dorfschullehrer, rauchten Ringe in die Luft und stießen ihn manchmal an. Gento fragte Antje, >kommt der Notarzt gleich, oder was ist das? Nein, nein, keine Sorge, Das ist nur unser Pascha. Ein Stammgast. Manche nennen ihn auch Godzilla. Der wird schon wieder, ihr werdet sehen. Die Girls warten nur darauf, dass der Meister das Bewusstsein wiedererlangt. < Auf der anderen Seite der Bar saßen vier Schlitzaugen mit zwei weiteren Mädchen in ihrer Mitte. Antje sah unsere neugierigen Blicke und meinte:> Helga und Gitta beschäftigen sich seit Stunden mit den kleinen Japanern, aber sie kriegen die Kerle nicht auf Betriebstemperatur. Die wollen keinen Sex und das zur Jahreswende, fern der Heimat und bei diesem Angebot. < Ich wollte schon sagen: >Aber wir, wir wollen Sex! < Ließ es bleiben, weil sie, die dunkle Antje, sowieso die erste Wahl ist, in der wir gerne gekommen wären.
Aber sie schien nicht interessiert. Die Japaner sprachen ein witziges englisch, betrugen sich höflich (wir hörten ständig die Worte: Arigatou, Kanpai und Hai) und schienen über gute Barmittel zu verfügen, denn der Alkohol war von der teuersten Sorte. Wobei Asiaten grundsätzlich wenig Alkohol vertrugen und wie Kamikaze-Flieger abstürzen konnten. Das hatte uns Kapitän Reinhold mal erklärt. Weil wir hin und wieder die Toilette aufsuchten ist mir ein Text, unter den vielen an den Wänden, in Erinnerung geblieben. Er lautete ungefähr so:
Das Leben vergeht wie ein Blitzstrahl,
wie rasch fliegt und wechselt die Zeit
Du, der beim vollen Glas sitzt
und nicht mit dem Mädchen trinkt und singt,
sage mir, auf was wartest du denn?
Spontan erinnerte es mich an das Gerede vom Käpt´n. Wenn der in Feierlaune war und der Pegel seiner Alkoholvernichtung von seinem Hausmädchen, seiner Geliebten, seiner unverzollten, exotischen Blume, wie er sie nennen konnte, beanstandet wurde, dann fragte er uns: >Jungs, habt ihr überhaupt schon mal einen Toten, 10 Tote, oder 100 Tote, gesehen? Dann begreifst du, wie schnell plötzlich Zapfenstreich sein kann. Fällt der letzte Vorhang, ist ganz sicher Schluss mit lustig. Das siehst du abgeschalteten Seele an. Also, S O S und gieß wieder ein. Wenn ich vom Kutschbock falle, möchte ich volltrunken sein. Der Abflug ist dann schöner. Oder, Neptun ruft mich in die Tiefen der Meere. Dann möchte ich ihm fröhlich begegnen. < Antje schenkte wieder nach, hob ihr Glas, prostete uns zu und sagte: >auf unsere japanischen Gäste, die das hier alles bezahlen werden. < Plötzlich sprangen Godzillas Betreuerinnen auf und brachten sich in Position. Der Dicke zeigte primäre Lebenszeichen. Ein Party Häschen ging zur Musikbox und wählte: Everybody is Somebody´s Fool (Connie Francis). Die Platte wurde ständig wieder gedrückt, sodass wir vermuteten es sei Godzillas Lieblingsscheibe. Die Lebendig Macherinnen toter Männerschwänze tanzten, auf dem mit Flecken und Brandlöchern gezeichneten Tischen,