Den Oridongo hinauf. Ingvar Ambjørnsen

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Den Oridongo hinauf - Ingvar Ambjørnsen

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style="font-size:15px;">      »Mit Arnes Rücken ist doch hoffentlich alles in Ordnung?«

      »Sicher. Ich habe nur daran gedacht, was hätte passieren können.«

      »Ja, diese Treppe ist steil.«

      »Ich konnte ihm zum Glück klarmachen, dass wir es an der Wand hochhieven könnten.«

      Ich erkläre ihr den Trick mit Flaschenzug und Seilen.

      »Danach habe ich es mit Holzkeilen gesichert. Jetzt würde es sogar ein Erdbeben überstehen.«

      Sie nickt und versteht.

      Ich sehe wieder ihre Hände an, während ich mir den Mund mit diesem leicht geräucherten Fischfleisch fülle, mit den guten Kartoffeln und Möhren, ich sehe, wie ihre Hände Messer und Gabel bewegen, wie sie das Wasserglas heben und die zerlassene Butter weiterreichen. Was haben diese Hände schon alles mitgemacht? Und meine eigenen … was machen die Hände eines Menschen in einem langen Leben so alles mit? Woran haben wir uns schon festgehalten? Haben es umfasst oder von uns gestoßen? Ich weiß noch, wie wir uns zum ersten Mal begegnet sind, und wie unsere Hände sich zu einem höflichen Guten Tag zusammengefunden haben. Und jetzt hier, an einem normalen Tag, mit gesunder schlichter Kost auf dem Tisch. Morgen vielleicht Rinderleber. Oder Rentierragout. Und unsere Hände, die einander die ganze Zeit begegnen und sich miteinander verschränken wie gute Freunde. Wenn sie schläft, kommt es vor, dass ich ihre Wange streichele, und dann lächelt sie in der Dunkelheit, aber sie wacht nicht auf, bisher ist das jedenfalls noch nicht vorgekommen. Sie liegt da und schläft und lächelt.

      Sie lächelt auch jetzt, als sie den Tisch abräumt und den Topf mit den beiden übrig gebliebenen Kartoffeln auf den Herd stellt, die Fischreste, Haut und Gräten in den Katzennapf wischt – kaum hat sie das getan, da kommt der Kater angestürzt, wie aus der Kanone geschossen, laut murrend, hungrig wie immer. Ja, sie lächelt mich an und sie lächelt den Kater an, aber ich glaube im Grunde, dass sie vor allem sich selber anlächelt, denn es ist ein etwas vages Lächeln, eine Art Kräuseln an der Oberfläche. Es ist wohl etwas, das irgendwo in ihrer geheimen Tiefe vor sich geht, davon bin ich überzeugt. Und diese Tiefe soll sie für sich behalten dürfen, da wir abgemacht haben, nicht in den gegenseitigen Tiefen herumzufischen, wir haben nach vielem Hin und Her festgestellt, dass es besser so ist. Dass nicht alles an die Oberfläche geholt werden muss, um seziert und diskutiert zu werden, denn so war es anfangs, in der schwierigen Anfangszeit, als ich beschlossen hatte, dass das hier mein neues Zuhause sein sollte, während sie sich nicht ganz so sicher war. Jetzt verlangen wir voneinander keine Erklärungen mehr für alles zwischen Himmel und Erde. Aber dennoch: Habe ich etwas gesagt? Getan? Ist dieses Lächeln nicht ein klein wenig herablassend?

      Nein. Nicht. Kein Wort.

      Jetzt bringt sie den Nachtisch, den norwegischen Alltagsnachtisch, sollte ich wohl sagen, es ist ein alter Bekannter aus meiner Kindheit, ein Werktagsfavorit, und zwar Knäckebrot mit Milch, und für mich mit sehr viel Zucker, Mengen von Zucker, während sie so vorsichtig und maßvoll ist … Und während sie gleich mit Essen anfängt, wenn das Knäckebrot noch knusprig und hart ist, mache ich es wie damals, mache ich es wie in Kinderzeiten zu Hause am Küchentisch, ich warte, bis die zerbrochenen Brotscheiben die Konsistenz von feuchter Pappe angenommen haben, ja, wie vom Meer ans Ufer geschwemmte Pappkartons, und Zucker wie Sand, denke ich, Zucker wie Sand, und die süße Milch in der Mundhöhle, es ist so schlicht und genial, und für einen Moment sehe ich vor mir, wie die Klerke, Horst und Evelyn van der Klerk, in unserem Haus hier in Viken eintreffen, zusammen mit den beiden Kindern, nachdem Berit und ich sie zum Essen eingeladen haben. Ja. Zwei Tage zuvor habe ich das Moped genommen, das Dreirad, und bin zum Holländerhaus gefahren, wo sie jetzt mit der Feinarbeit im Haus begonnen haben, ich will nicht viel, eigentlich nichts, es geht nur um eine Einladung zum Essen, jetzt am Mittwoch, oder vielleicht am Freitag. Sie dürfen nichts anderes erwarten als norwegische Alltagskost, zum Beispiel geräucherten Schellfisch mit Möhren und zerlassener Butter, und zum Abschluss Knäckebrot mit Milch. Was, wie ich mir jetzt insgeheim einbilde, auf sie doch einigermaßen exotisch wirken muss, oder jedenfalls fremd und spannend.

      Es ist nur ein Gedanke, mit dem ich hier herumspiele. Es wird nichts dabei herauskommen. Wir sind nicht so. Wir laden niemanden ein, und wir sind damit zufrieden. Wir kümmern uns um unsere eigenen Angelegenheiten, und ein Tag ist wie der andere. So wollen wir das.

      Und jetzt, als ich fast fertig bin, kommt Bendik Haga mit seinem Bus vorbei. Schon unten in der Senke und noch lange, nachdem er hinter der Scheune verschwunden ist, drückt er auf die Hupe. Pumpt er an der Hupe herum.

      »Kümmer dich nicht um ihn«, sagt sie. »Bitte!«

      Der Abwasch gehört mir. Meine bevorzugte Hausarbeit. Ich mag diese stille halbe Stunde nach dem Essen. Berit, die im Wohnzimmer beschäftigt ist. Das Geräusch des Radios oder einer Jazzplatte. Die Hände im heißen Seifenwasser. Das scharfe Licht der Leuchtröhre unter dem Hängeschrank. Ich bin gründlich. Wenn ich fertig bin, ist alles leuchtend sauber und eingeräumt. Anrichte und Tisch sind abgewischt. Und der Umgang mit dem heißen Wasser im Becken scheint mich umzuwerfen, denn nach der Arbeit bin ich immer zum Umfallen müde. Die soeben verzehrte Mahlzeit spielt natürlich auch eine Rolle, aber etwas liegt auch an diesem trüben warmen Wasser. Eine Art Ur-Erinnerung, denke ich ab und zu. Etwas, das seit den Zeiten vor der Zeit in den Genen lagert, seit den seichten Pfützen, in denen das Leben auf Erden angeblich seinen Anfang genommen hat. Das ist zumindest eine Theorie, auf die ich mehrmals gestoßen bin, und die mir plausibel erscheint. Seichte Pfützen, die von der Sonne angewärmt werden. Eine Zelle, die sich teilt, oder die mit einer anderen verschmilzt. Wir sind in Gang.

      Ich bin Lilly nie begegnet. Trotzdem lege ich mich fast jeden Tag um diese Zeit in ihr Bett. Ja, nicht selten komme ich auch nachts her. Wie der Kater habe ich mehrere Stützpunkte. Alles geht nach Lust und Laune. Aber um diese Zeit, nach dem Essen, müde und satt von Essen und Abwasch, ist das hier mein Lieblingsort. Lillys enges Mädchenzimmer. Das schmale Bett unter dem schrägen Dach. Es kommt vor, dass ich die Astlöcher in der Täfelung betrachte, oder die Löcher der Heftzwecken, die die Bilder von Popstars festgehalten haben. Und dann denke ich, dass sie so gelegen hat, wie ich jetzt hier liege, aber mit anderen Gedanken und Träumen. Die Kleine. Später die junge Frau. Hier hat sie gelegen und das gehört, was ich jetzt jeden Tag höre, die Schreie der Möwen, den heulenden Wind. Das Maschinendröhnen der Hurtigrute, die Wellen, die gegen das Ufer schlagen. Aber während ich hier liege, mit einem überwältigenden Gefühl, endlich nach Hause gekommen zu sein, endlich mein Leben an Land gebracht zu haben, hat sie hier gelegen mit ihren Sehnsüchten danach, die Insel zu verlassen, ja, sogar den Landesteil, sie hat sich die breiten Straßen in Oslo vorgestellt, das Schloss und das Parlament, sie hat sich in die Restaurants und Theater der Stadt hineinfantasiert, zusammen mit neuen und interessanten Freunden, Stadtfreunden, um nicht zu sagen, Stadtmännern, vielleicht übrigens nur einem Einzigen von der Sorte, denn sie streicht doch nicht wie eine läufige Hündin durch die Hauptstadt, dagegen ist sie hier oben sicher geimpft worden. Nur sie selbst und der Stadtmann. Ein einzelnes Glas Wein. Eine Arbeitsstelle. Eine Wohnung. Später, ein Kind. Ein normales Familienleben, aber in der Stadt, in Oslo, mit seinen Warenhäusern mit dem überwältigenden Angebot, ja, Steen & Strøm und Rolltreppen, und mit Männern, die sich benehmen können, die sich nicht in aller Öffentlichkeit in der Nase bohren, oder an noch anderen und schlimmeren Stellen, Männern mit Stil und Manieren. Und ist es nicht natürlich, denke ich. Dass du solche Tagträume über die leuchtende Stadt träumst, wenn du hier oben in Wind und Dunkelheit geboren und aufgewachsen bist, mit einem weiten Weg zum Laden, wo die anderen stehen und über dich herziehen, oder vielleicht sogar deine eigenen Eltern, da stehen sie und zerreißen sich das Maul, und wenn du hereinkommst, verstummen alle, vielleicht kichert nur die Frau an der Kasse ganz vorsichtig. Ist es da nicht natürlich, sich in die Stadt zu träumen, nach Oslo, mit seinem unbegrenzten Warenangebot und seiner wunderbaren Anonymität. Doch. Das verstehe ich. Ich verstehe ihre Sehnsucht nach hochhackigen Schuhen und Sommerkleidern schon im Mai, Sonnenschein

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