Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner

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Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner Von keltischer Götterdämmerung

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diesem Grund war Rowilan an diesem Abend in den Wald gekommen. Der Hain, der sich zwischen dem Strauchwerk des Dickichts vor ihm auftat, schimmerte im Zwielicht auf seine ureigene, geheimnisvolle Art. Rowilan erkannte den mächtigen Menhir bereits von weitem, den dort ein alter Gott für die Menschen hinterlassen hatte, damit dieser ihnen immer nahestehen konnte. So wollten es zumindest die Legenden. Bereits die Urahnen der Bärenjäger waren an diesen archaischen Ort gekommen, um zu den Göttern zu sprechen. Und die Heiligkeit haftete ihm noch bis heute an.

      Rowilan verneigte sich ehrfürchtig, bevor er auf das feuchte Laub des Hains hinaustrat. Eine gewaltige Eiche dominierte den Ort, schien wie ein Schutzgeist auf den Menhir hinabzusehen, und durchzog mit ihren knorrigen Wurzeln die gesamte Fläche. Die Geister des Baumes beäugten Rowilan misstrauisch. Er kannte sie, schon seit seiner Ausbildung. Doch sie trauten ihm bis heute nicht.

      In seiner rechten Hand hielt er eine schwere, kunstvoll verzierte Bronzekanne. Kleine Götterfiguren waren an ihrem Rand angebracht und wachten über den heiligen Trank, den Rowilan zum ersten Mal seit Monaten wieder gebraut hatte. Er würde es ihm ermöglichen, weiter zu sehen, als es seine Fähigkeiten für gewöhnlich zuließen. Heute nämlich galt es zu erfahren, was die Götter als Preis dafür forderten, die Felder zur Sonnenwende zu segnen.

      Für einen Moment blitzte der vergangene Tag in seinem Geist auf. Der Ärger über Aigonn und die Rückkehr von Lhenia vermischten sich zu einer Wolke aus Gefühlen, die wie Kopfschmerz in seinem Schädel pochte.

      Unwirsch schüttelte Rowilan seinen Kopf und schob die Erinnerungen beiseite. In diesem Hain hatte der Alltag keinen Platz. Die Götter und die Andere Welt waren ihm näher als die irdische Wirklichkeit. Er konzentrierte sich darauf, weshalb er gekommen war, wie viel an diesem Ritual hing.

      Als es hinter ihm im Dickicht zu rascheln begann, sah Rowilan sich nicht um. Es gab nur eine Person, die den Mut hatte, eine solch heilige Stätte ohne Weiteres zu betreten.

      „Ich bin bereit!“, begrüßte Aehrel den Schamanen, bevor der alternde Krieger mit drei Fackeln in den Händen in den Hain hinaustrat. Nur eine hatte er bisher entzündet – wohl um damit leichter durch das Dickicht zu gelangen. Drei war die heilige Zahl der Götter – das Symbol für Geburt, Tod und Wiedergeburt, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die heilige Dreiheit.

      Aehrel lief zu Rowilan, der mit gut zehn Fuß Abstand vor dem Menhir stand und ehrfürchtig zu dem Felsen hinaufsah. Rowilan hörte, wie der Krieger in einiger Entfernung etwas auf den Boden fallen ließ, ein Säckchen, irgendetwas, es war nicht von Bedeutung. Als Aehrel direkt hinter ihm stand, sagte er: „Lassen wir es beginnen!“

      Damit nahm Rowilan die Kanne in beide Hände. Fast lautlos steckte Aehrel vor ihm die Fackeln in den Boden. Das trockene, talgbestrichene Holz entflammte knisternd, die Wärme der Flamme erfasste Rowilan wie ein sommerlicher Windhauch. Mit jedem Knacken des Holzes, jedem Rascheln der Blätter über ihm entfernte sich sein Geist immer weiter von der Wirklichkeit.

      Es zischte. Dann verbreitete sich ein schwerer Geruch, der Rowilan in den Schleimhäuten brannte und bis zu seinem Geist vorzudringen schien. Ein dichter Rauch wehte mit dem Wind über den Hain, verschleierte die Bilder vor seinen Augen. Jetzt war es an der Zeit.

      Der bittere Geschmack des Trankes mochte Rowilan schon seit vielen Jahren vertraut sein, doch er schüttelte ihn mit jedem Mal so, als hätte er ihn noch nie gekostet. Die Wirkung setzte rasch ein, die Welt drehte sich vor seinen Augen, während Rowilan auf die Knie sank und langsam den Kopf hob.

      „Ihr Götter, Beschützer dieses Landes, unsterbliche Seelen dieser Welt! Ich rufe euch!“

      Der Schwindel, der Rowilan erfasst hatte, wurde immer stärker. Er wollte sich bereits auf den Boden stützen, bis er sich ermahnte, dass er nicht fiel, sich von dem Gefühl nicht täuschen lassen durfte. Das Laub unter seinen Knien schien an Substanz zu verlieren, die Welt sich aufzulösen.

      Als Rowilan die Augen öffnete, war der Menhir fast vollkommen im Dunst der Flammen verschwunden. Der Rauch breitete sich aus, schien Gestalt anzunehmen, als hätten die Geister des Ortes von den Fackeln Besitz ergriffen. Lautlose Worte hallten über den Hain hinweg. Rowilan hörte seinen eigenen Atem wie den Wind in seinen Ohren rauschen, vermischt mit Stimmen, die kein Mensch verstehen konnte; nicht er. Noch nicht.

      „Ihr Götter, uns steht eine neue Wende bevor!“ Seine Worte verloren sich in einem Stimmenmeer. „Der Herr des Lichts und des Reifens, die göttliche Sonne, schreitet zu seinem Höhepunkt, der uns Gedeihen und Ernte bringen wird. Er ist der Richter, der bestimmt, wie wir den Winter verbringen. Er entscheidet, womit wir unsere Vorräte füllen. Sagt mir nun, ihr Götter, was verlangt ihr für eine neue, gute Ernte?“

      Mit seiner letzten Frage kam ein Wind auf. Die Stimmen wurden lauter, kamen näher. Sie schmerzten Rowilan in den Ohren, während er angespannt in den Rauch starrte, wartete, ob etwas geschah.

      Auf einmal verschwammen die Flammen mit ihrem Dunst. Die Farben vermischten sich zu einer unkenntlichen Masse, während die Stimmen direkt neben Rowilans Ohren zu sprechen schienen. Das Flüstern vibrierte auf seiner Haut, sein Name erklang vielstimmig dazwischen. Es wurde immer schwerer, sich zu konzentrieren, während Rowilan immer noch abwartete. Doch kein Gott sandte ihm eine Botschaft. Er spürte keine Präsenz, nur die Geister, die ihm allmählich so nahe waren, dass es ihn schauerte. Mit aller Macht versuchte Rowilan sich zu konzentrieren, doch schließlich konnte er nicht anders, als zu fragen: „Was wollt ihr von mir?“

      Keine Antwort. Nur ein Lachen. Ein feines, wissendes Lachen, das ihn verhöhnte. Irgendetwas stimmte hier nicht. Rowilan zwinkerte, versuchte die Visionen abzuwenden. Jeder Schamane hatte gelernt, sich aus einer Trance zu befreien, wenn es nötig wurde. Doch der Weg in die Wirklichkeit war verschwunden. Er fühlte ihn nicht mehr, hatte den Bezug zum Boden, zum Wald, zum Hain verloren. Nur noch der Wind und das schwimmende Farbenmeer waren verblieben. Rowilan war plötzlich orientierungslos geworden. Wider Willen wogte Panik in ihm auf. Er musste jetzt ruhig bleiben, sonst würde er die Kontrolle verlieren, den Weg zurück! Seine Stimme hatte keinen Klang mehr, als er ins Nichts hineinschrie: „Aehrel!“

      Keine Antwort. Keine Reaktion, weder von den Menschen noch von den Göttern. „Aehrel, hilf mir!“ Das Lachen wurde lauter. Je näher es kam, desto mehr verwandelte es sich in eine Stimme, die seine eigene Panik widerspiegelte, eine Stimme, die ihm immer vertrauter wurde. Es gab kein Entkommen davor, keinen Ausweg. Keinen Weg zurück.

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      „Herrin!“ Aigonns geflüsterter Ruf verlor sich in den Schatten. Der Tag dämmerte bereits in leuchtenden Rottönen über dem Horizont und beschwor eine erste, frische Brise, die den Bärenjägern endlich Abkühlung schenken sollte.

      „Herrin, bitte höre mich!“ Keine Antwort. Nur das leise Flüstern des Waldes von fern her. Missmutig presste Aigonn die Lippen zusammen, während er unterhalb des Wallganges entlanglief, die feinen Nebelschwaden im Auge, die immer wieder unter den Palisaden hindurchdrangen.

      Rasch warf er einen Blick nach hinten. Er war sich sicher, dass die Wachen ihren Dienst nicht beendet hatten und Aigonn noch immer nachstellten. Doch in diesem Moment wollte er sie eigentlich nicht beachten – aller Unvernunft zum Trotz.

      „Herrin, ich bitte Euch! Sprecht mit mir! Hört mich, ich brauche Euren Rat.“

      Die Nebelschwaden entgegneten nichts. Gar nichts. Keinen Laut, kein Wort, schon wieder nicht. Aigonn überkam fast das Gefühl, zu verzagen. Er konnte nicht verstehen, warum die Nebelfrau nicht mit ihm sprechen wollte – jetzt, da viel mehr im Gange zu sein schien, als Menschen es kontrollieren konnten. Doch vielleicht interessierte

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