Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner

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Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner Von keltischer Götterdämmerung

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wollte den Gedanken ebenso schnell wieder verdrängen, wie er gekommen war. Ein Selbstmörder. Er hatte es nicht probiert, doch er war sich sicher, dass die Hand des Toten genau auf die Abdrücke am Messergriff passen würde. Bilder flackerten vor seinen Augen auf. Die Vergangenheit jagte wie eine Welle auf ihn zu, wollte ihn mitreißen. Aigonn kämpfte mit seinem Gleichgewicht, während die Wache besorgt immer wieder von ihm zu der Leiche blickte.

      Es brauchte einen Moment, bis Aigonn sich wieder gefangen hatte. Er begegnete dem Blick des Wachpostens, der kaum älter war als er selbst. Sein Name war Bral. Ein Mensch, den Aigonn niemals wirklich gekannt hatte – wie so viele andere nicht. Er spürte, dass Bral etwas sagen, fragen wollte. Doch der Krieger brachte es nicht über die Lippen.

      Dann hörte Aigonn Schritte. Als er sich herumdrehte, sah er gut und gern zehn Bewohner der Siedlung, zwei Wachen, einen Schmied und zahlreiche Bauern auf sich und die Leiche zueilen – allen voran Behlenos selbst.

      Als der Fürst angelangt war, streifte er Aigonn mit einem Blick, der so viel Drohung enthielt, wie er es noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Wieder er. Schon wieder ein unschönes Ereignis, und er war der erste, der es gesehen hatte. Fast konnte er Behlenos verstehen.

      „Wisst ihr, wer das ist?“ Die Frage war an alle gerichtet. Der Fürst presste angewidert die Lippen aufeinander, sodass seine langen Schnurrbartenden um seine Mundwinkel spielten. Niemand antwortete. Stattdessen drängte eine junge Frau die Umstehenden beiseite, nicht hektisch, aber bestimmt, bis sie die Leiche sehen konnte.

      Erstaunt sah Aigonn auf. Die junge Frau stand wie zu Stein erstarrt. Unzählige Gefühlsregungen durchliefen ihr Gesicht binnen Herzschlägen, bis sie eine Mischung aus Entsetzen und schockiertem Erkennen bildeten, das alle Umstehenden überraschte.

      „Lhenia?“ Es dauerte einen Moment, bis die junge Frau auf Behlenos reagierte. „Lhenia, kennst du diesen Mann?“

      „Nein …, nein eigentlich …“

      „Eigentlich was?“

      „Ich weiß es selbst nicht.“ Ihr Ausdruck mäßigte sich, doch die Leiche schien ihren Blick gefangen zu halten. Aigonn versuchte, aus ihren Zügen zu lesen, doch es war zwecklos. Er konnte die Herzschläge nicht zählen, bis sie auf einmal, schlagartig, ihren Blick abwandte, sich umdrehte und an den Männern vorbeilief, als wären diese gar nicht existent.

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      „Ich danke euch, dass ihr so schnell gekommen seid!“ Behlenos’ Stimme verriet seit langem so nicht gespürte Anspannung. Der Hauptaufenthaltsraum seines geräumigen Hauses war rund um das Herdfeuer mit allen Bewohnern des Dorfes bevölkert, die dort noch Platz gefunden hatten. Aigonn selbst hatte man

      mehr oder minder freiwillig bis in Sichtweite des Fürsten vordringen lassen – ganz gleich, ob dieser lieber einen anderen Platz eingenommen hätte.

      Behlenos warf immer wieder hilfesuchende Blicke in die Menge, bevor er – erfolglos – ohne Unterstützung zu sprechen begann: „Es wird sich herumgesprochen haben, was … Aigonn und Bral am Waldrand gefunden haben. Hat einer …“ Seine Stimme ging beinahe im Getuschel und Gemurmel der Anwesenden unter. „RUHE BITTE!“ Augenblicklich wurde es still. Der Fürst strich sich den Schweiß von der Stirn, als seine Stimme an Ruhe gewann: „Hat einer von euch den Toten Zeit seines Lebens gekannt?“

      Aigonn jagte ein weiterer ungezählter Schauer über den Rücken. Behlenos hatte den Toten auf dem Marktplatz aufbahren lassen – eine ehrfürchtige Geste für den Verstorbenen, jedoch in diesem Fall eher zweckmäßiger Art.

      Keiner der Bärenjäger konnte den jungen Mann beim Namen nennen. Nach einem Moment jedoch löste sich Bral zögerlich aus der Menge, fischte ein Stück Stoff aus einem Lederbeutel und hielt es Behlenos mit spitzen Fingern entgegen.

      „Was ist das?“ Der Fürst beugte sich ein Stück vor, beäugte nachdenklich das blutverschmierte Leinen, auf dem sich undeutlich eine feine Stickerei abzeichnete.

      „Das ist ein Stück seines Hemdes. So zerfetzt wie es war …, habe ich mir erlaubt, den Stoff abzureißen.“

      „Und? Was soll ich sehen?“

      „Das …, die Stickerei da. Das ist ein Eichenblatt.“

      Behlenos stutzte. Er nahm Bral das Stoffstück aus der Hand und starrte beschwörend auf die Stickerei, als ob er sie damit verzaubern könnte. Auf der Suche nach einer letzten Hoffnung warf der Fürst ein: „Die Eiche ist ein heiliger Baum. Viele Stämme schmücken sich damit.“

      „Aber nicht so. Schaut Euch die Stickerei an, Behlenos. So schmücken sich nur die Eichenleute.“

      Herzschläge schienen sich in Tage zu verwandeln. Lautlos beschwor Behlenos das Stück Stoff, als ob diese Geste irgendeinen Sinn und Zweck erfüllen würde. Jeder wusste, was er dachte – das, was sie alle dachten. Eine unheilvolle Wahrheit. Unheilvoller als vieles, das ihnen hätte widerfahren können.

      „Das kann nicht sein. DAS DARF NICHT WAHR SEIN!“ Behlenos’ Schlag ließ die Tischplatte erzittern. Aigonn sah Tonbecher schaukeln, die von den Beratern des Fürsten, die diesem am nächsten saßen, aufgefangen

      wurden.

      Es war nicht auszumachen, ob Behlenos vor Wut schäumte oder es mit der Angst zu tun bekam. Als wäre er ganz alleine im Raum, spie er aus: „Ein toter Eichenmann in unserem Dorf! Wir können froh sein, dass die Eichenleute sich dieser Tage mehr mit ihren eigenen Leuten beschäftigen. Wenn sie davon erfahren, werden sie uns in Stücke reißen! Sie werden … BEI ALLEN MÄCHTEN DES BÖSEN, WO IST ROWILAN?“

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      Die Grenze zwischen den Welten verschwamm, sobald der Schamane die Augen aufschlug. Für kurze Zeit erkannte er das Strohdach seines Hauses mit den getrockneten Kräutern, bevor es sich zurück in eine Flut aus fließenden Farben verwandelte. Rowilan war allein in seinem Haus. Zumindest glaubte er das. Manchmal schien es, als würde eine Gestalt zwischen seiner einfachen, aber zum größten Teil überfüllten Einrichtung umherlaufen, Dinge hin und her tragen und versuchen, ihm zuweilen einen Becher an die Lippen zu setzen. Doch wahrscheinlicher war es, dass er sich täuschte.

      Die Geister der Anderen Welt hatten nicht aufgehört, ihn zu verfolgen. Der Schamane war nicht wach genug, um in Erfahrung zu bringen, welcher Fehler ihm unterlaufen war. So oft suchte er nachts die Zwiesprache mit den Göttern, brachte Opfer und fand Antworten, die sonst niemandem zuteil wurden. Doch dieses Mal war es anders gewesen.

      Die Kräuter mussten es gewesen sein. Wenn er die heiligen Pflanzen der Götter überdosierte, konnte er so tief in die Welt der Geister eindringen, dass er daraus nicht mehr vollkommen zurückkehrte. Eine stumme Angst flammte in ihm auf. Das menschliche Bewusstsein schrie in seinem Kopf um Hilfe, während sich eine zweite Seele – ganz gleich, ob es sie gab – von seinem Körper zu lösen schien und den Menschen Rowilan in seinem schwachen Leib zurückließ.

      Behlenos nahm sich kaum Zeit, um ordnungsgemäß an der Tür des Schamanen zu klopfen. Nach einem kurzen Pochen stieß der Fürst gegen das Holz, gefolgt von seinen Beratern und einer ganzen Reihe Schaulustiger. Aigonn hatte sich dazwischen gemischt. Es hatte ihn vor allen Dingen die Neugierde so nah hinter Behlenos her getrieben – in der Hoffnung, er würde verstehen können, was der Fürst mit Rowilan zu sprechen hatte. Doch zu allseitiger Enttäuschung empfing sie lediglich Aehrel, dessen überraschte Miene bald ärgerlicher

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