Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner

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Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner Von keltischer Götterdämmerung

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hat! Sie hat ihm furchtbare Rache geschworen!“

      „Derona!“ Aigonn horchte auf. „Wo ist sie? Ist sie hier in der Nähe?“

      Seine Mutter schüttelte den Kopf. „Nein. Sie war nie lange hier. Kurz nach ihrem Tod ist sie in die Welt der Menschen zurückgekehrt. Sie war immer an unserer Seite, an meiner, deiner. Immer nahe. Ich weiß nicht, ob du es gespürt hast. Ich habe es. Sie wollte Gerechtigkeit, wie sie es nannte. Ich nenne es Rache. Rache, die ich ihr nicht geben konnte. Ich glaube fast, der Zorn, der sie geleitet hat, hat sich irgendwann ihrer Kontrolle entzogen. Es tut mir so leid, Aigonn! So unendlich leid! Du musst mir glauben, dass ich euch niemals im Stich lassen wollte. Ein menschlicher Körper und die Zustandsform seines Geistes sind schwächer als man glaubt – zumindest bei jemandem wie mir. Ich hätte dich beschützen müssen, erst recht jetzt. Du musst zurück!“

      „Nein.“ Nun schüttelte er den Kopf, energischer als Moribe zuvor. „Nein, ich gehe nicht zurück. Ich bleibe bei dir! Die anderen brauchen mich nicht; sie werden ohne mich zurechtkommen.“

      „Aber die Frau, Anation …“

      „Sie ist stark. Sie braucht meine Hilfe nicht.“

      „Sie ist auch wegen dir zurückgekommen!“

      Diese Worte ließen Aigonn innehalten. In seinem Kopf arbeitete es. Ein Drängen, vielleicht seine Vernunft, begann seiner Mutter Recht zu geben. Sein Willen aber sträubte sich dagegen mit aller Kraft. Du brauchst nicht zurück, bleib einfach hier, warte, bis dein Körper gestorben ist. Dann ist es für eine Rückkehr zu spät!

      „Vergiss, was in der Welt der Menschen geschieht, Mutter! Es ist egal. Wir sind hier, werden irgendwann zurückkehren. Ihre Kämpfe sind nicht mehr unsere!“

      „Täusche dich nicht darin!“

      Unwillkürlich fuhr Aigonn herum. Die Stimme ließ ihn erschauern, mehr noch. Sie hatte nichts Menschliches an sich, nichts, das er von den Geistern kannte. Sie war etwas Größeres, Älteres, das ihn ohne zu denken auf die Knie sinken ließ. Noch bevor er begriff, was soeben geschah, riss vor ihm die Erde auf. Gleißendes Licht flutete die Welt, brach wie Nebelschwaden aus dem Boden. Aigonn konnte nicht atmen, er brauchte es nicht. Die Macht, die auf ihn einströmte, machte unnötig, was seinen menschlichen Körper am Leben erhalten hatte. Tränen rannen ihm aus den Augen. Es war kaum zu ertragen, er konnte nicht hinsehen. Die Luft vibrierte. In dem Moment, als Aigonn glaubte, in dieser ursprünglichen, uralten Macht zu zerfließen, bäumte das Licht sich auf, bündelte sich, bis es Gestalt annahm. Eine Gestalt, die seine Gedanken zum Stocken brachte.

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      „Das ist es.“ Anations Stimme war nur noch ein Flüstern. Rowilan hätte beinahe geglaubt, die junge Frau wäre auf seinem Arm eingeschlafen, doch als sie sich in diesem Moment aufrichtete, schien sie wacher, als ihr Körper es zulassen wollte. Das konnte der Schamane spüren. Die Schatten der Nacht hatten sich über den Wald gesenkt. Samtene Schwärze verschluckte alle Konturen, ließ nur an wenigen Stellen undeutliche Silhouetten zurück, sodass es Rowilan schien, als hätte Anation ihn auch zu irgendeinem unbestimmten Baum führen können. Erkennen konnte er ohnehin nichts. Es war Neumond. Wie blind musste der Schamane sich vortasten, bis er in der Dunkelheit eine Felsformation ausmachen konnte, die sich finster von den nachtschwarzen Schatten abhob.

      „Wo sind wir?“, fragte er. Anation glitt vorsichtig aus seinen Armen, schwankte kurz, dann antwortete sie: „Ich weiß es nicht genau. Es liegt ein Hauch über diesem Ort, der an eine Grabstätte erinnert, lauter zurückgelassene Erinnerungen aus alten Generationen. Ich bräuchte Aigonns Hilfe, um dir Näheres sagen zu können.“

      Aigonns Name brachte die Anspannung zurück, die Rowilan für einen kurzen Moment hatte verdrängen können. „Hat sich etwas getan, verändert?“

      „Nein. Der, der ihn kontrolliert, wartet. Aigonn hat das Tor durchquert.“ Mit diesen letzten Worten stockte ihm der Atem. Ein Tor zur Anderen Welt! Aigonn war gezwungen worden, eines der ältesten Gesetze ihrer Welt zu brechen. In Gedanken hatte er gehofft, Aigonn hätte es vielleicht gar nicht durchqueren können. Doch geahnt hatte er die Wahrheit auf eine Weise – und sie verriet ihm die Dringlichkeit, so schnell wie möglich etwas zu unternehmen.

      „Was ist nun?“, sagte er dann. „Gibt es einen Eingang?“

      „Warte!“

      Unsicheren Schrittes ging Anation vor, suchte sich einen Weg zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch, bis ihre Hände kalten Fels ertasten konnten. Ihre Gedanken überschlugen sich. Die Stimme in ihrem Innersten brüllte, schrie ihr einen Weg zu, dessen Bruchteile sie jedoch nicht schnell genug erfassen konnte.

      Das dünne Band, das Aigonns Seele mit seinem Körper verbunden hielt, spürte sie so deutlich wie ihren eigenen Herzschlag. Es flackerte wie ein dünner Lichtstrahl durch die Materie, den Fels, einer Fackel gleich, der sie folgen konnte. Hätten ihre Sinne wieder volle Stärke erreicht, würde sie augenblicklich ihre eigene Seele vom Körper lösen, Aigonn folgen, Fels und Gestein zurücklassen und diesen Unbekannten außer Gefecht setzen. Im Stande dazu war sie, das wusste sie. Es war eine der wenigen Gewissheiten, die ihr aus dem letzten Leben geblieben waren, doch die Betäubung der Drogen lähmte ihren Geist zu schwer, machten sie unfähig, die nötige Zielstrebigkeit zu erreichen, um sich nicht selbst zu verlieren.

      Vor diesem Hintergrund blieb ihr keine andere Wahl. Vorsichtig tastete sie sich die Steinwand entlang. Mit jedem Moment, da sie Aigonns pulsierenden Herzschlag durch seinen Lebensfaden spüren konnte, den Rhythmus, der sich immer weiter verlangsamte, an Kraft verlor, loderte Panik in ihr auf. Ihre Konzentration ließ nach. Sie hätte am liebsten den gesamten Felsen in Stücke gehauen, bis sie auf einmal in der Dunkelheit einen winzigen Lichtfunken ausmachen konnte.

      Licht. Irgendwo brannte ein Feuer. Anation ging in die Knie, verlor dabei beinahe das Gleichgewicht, doch dieser Umstand wurde zur Nebensache, als sie durch einen dünnen Felsspalt den Schein eines Lagerfeuers schimmern sah.

      „Rowilan!“, zischte sie. Ihre Finger tasteten sich vor. Feuchte, aufgeriebene Erde offenbarte Schleifspuren, die nur von einem größeren Körper herrühren konnten. Sie machte sich nicht die Mühe, nach möglichen Tierhaaren zu suchen, die auf Jagdbeute hingedeutet hätten. Anation wusste mit Sicherheit, was dort unten geschah, und es brannte in ihr, sich endlich hinabzustürzen und dem ein Ende zu bereiten! Doch eine solche Reaktion konnte alles gefährden. Die junge Frau wartete also, bis der Schamane an ihre Seite gehetzt war, beugte sich ein wenig tiefer, um den Durchgang hinter dem Spalt ausmachen zu können, der schmal und kegelförmig in den Boden hinein verlief. Der Stein und die dazugehörige Höhle mussten tief unter der Erde entstanden sein. Ein heiliger Ort seit Generationen. Anation konnte es spüren. Der Geruch nach feuchtem Basalt versprach rutschigen Untergrund. Vorsichtig streckte sie die Hand aus, um Halt zu suchen.

      Plötzlich wurde Anation schwarz vor Augen. Erinnerungen schlugen mit einer solchen Wucht auf sie ein, dass Schwindel sie zu Boden streckte. Rowilans erschrockenes Zischen verlor sich in einem Bilderrausch, der kaum zu ertragen, geschweige denn zu erfassen war. Szenen, Schamanen, Kinder, ein alternder Mann an der Seite dreier junger Männer. Für Anation war es unmöglich, ihre Bedeutung zu ermitteln. Doch als ihr Geist sich in die Wirklichkeit rettete, blieb ein Gefühl zurück, das kalten Schrecken in ihr beschwor. Kein Schrecken vor einer Situation oder vor der Gefahr. Es war die Angst einer Gewissheit, die ihr in diesem Moment begreiflich wurde – untergründig. Auf einmal hing ein Name in der Luft. Mein Name.

      „Ist alles in Ordnung?“ Rowilan starrte schockiert zu seiner Gefährtin hinab, die Hände auf ihre Schultern gelegt, als könnte der Boden sich mit jedem

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