Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner страница 74

Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle - Astrid Rauner Von keltischer Götterdämmerung

Скачать книгу

gewesen war.

      Haelinon zitterte am ganzen Leib, als sie den Arm ausstreckte, die Hand geöffnet, um seine zu fassen, Aehrel das zu bieten, nach dem er seit zwanzig Jahren suchte. Flimmernde Hoffnung keimte in seinen Augen auf. Er löste sich von der Wand, kam näher, drei Schritte. Doch in dem Moment, da Haelinon glaubte, er würde ihre Hand ergreifen, stieß er sie mit beiden Händen von sich, sodass sie ins Stolpern geriet, blickte einen Atemzug lang auf sie hinab, bevor er hinter dem Durchgang zur Grotte verschwand und flüchtete.

      Der Augenblick hatte die Zeit angehalten. Haelinon stand wie erstarrt, auf einen Felsvorsprung gestützt, um nicht zu Boden zu sinken. Die Kraft, den Schritt zu tun, vor dem sie sich fast ein halbes Leben lang gefürchtet hatte, sackte in sich zusammen. Die Bilder verschwammen vor ihren Augen. Sie glaubte bereits, ohnmächtig zu werden, als sie am Rand ihres Sichtfeldes eine Bewegung wahrnahm.

      Die Wendung der Ereignisse hatte Rowilan nicht weniger erschreckt als alle anderen Beteiligten. Fassungslos hatte er Haelinons Worten lauschen müssen, bis er sich wieder entsonnen hatte, dass es eine Seele zu retten gab: Aigonn, der entrückt neben ihm halb an der Wand lehnte, halb auf dem Boden lag. Der Schamane hatte seine eisigen Hände gefasst, versucht, das Band seiner Seele zu fassen, bis er diese gefunden hatte. Doch es war zwecklos gewesen. Als er sich endlich Haelinons Aufmerksamkeit bewusst war, gewann er seine Sprache wieder, um zu sagen: „Ich kann ihn nicht erreichen! Die Tore zur Anderen Welt sind für mich verschlossen, ich kann sie nicht durchdringen. Wenn noch mehr Zeit vergeht, wird er verloren sein!“

      Für einen kurzen Augenblick hingen unzählige unausgesprochene Fragen zwischen den beiden Gefährten. Doch die Dringlichkeit des Moments vertagte sie.

      Zitternd löste die junge Frau sich von der Wand. Die Geschehnisse hatten sie übermannt, wollten sie niederreißen, doch auf einmal blitzte in dem Bildersturm der Vergangenheit eine viel jüngere Erinnerung auf. Sie schien einer fremden Person zu gehören, jemandem, den Haelinon nicht kannte. Je länger sie das Geräusch jedoch nachhallen ließ, den Aufschrei von Aigonns Seele, die man zwang, sich der Grenze zwischen den Welten zu nähern, desto mehr verschwand die Tochter des Moorsängers und ließ die junge Frau zu der werden, die Aigonn aus ihr gemacht hatte. Anation.

      Ewig

      Sie waren das, was kein Mensch erfassen konnte. Die beiden Gestalten leuchteten heller als die Sonne. Ihr warmes Licht brach sich auf Aigonns Augen, ohne ihn mehr zu blenden. Es war noch weniger als ein Instinkt, es war etwas namenlos Unbeschreibliches, das ihn hatte auf die Knie sinken lassen, während er fassungslos vor sich blickte, auf etwas, das nur eine Silhouette war und dennoch mehr als alle Menschen, alle Tiere.

      Die Götter.

      Der Herr Des Waldes stand auf der linken Seite. Das gewaltige und gleichzeitig filigrane Geweih auf seinem Kopf ragte ehrfurchterregend gen Himmel, bildete ein makelloses Ganzes mit seiner glatten Haut und den Hirschhufen, die Aigonn ausmachen konnte. Die Gestalt daneben wirkte schlanker, noch weniger menschlich, mit einem Gesicht, für das Schönheit kein Ausdruck mehr war. In der Sprache der Menschen hatte dieser Zustand keinen Namen, reif, alt, aber gleichzeitig jugendlich. Unvergänglich, das waren sie, die Herren über die Welten, zwei von denen, deren Gestalten Menschen ähnelten, wenn sie solchen begegneten, aber doch jeden Zustand annehmen konnten, der existierte.

      Der Herr Des Lebens, der Vater, stand neben dem Herren Des Waldes. Das ewige Rad schimmerte dort, wo Aigonn die Stirn eines Menschen sehen konnte, wenn er wollte: Geburt und Vergehen, Tod und Wiederkehr, der unendliche Kreis, den keine Macht dieser Welt jemals durchbrechen würde.

      Die Kraft der Götter, die warm wie Sonnenstrahlen auf Aigonn hinabschien, überwältigte ihn. Er wusste nicht, was er sagen sollte – ob er überhaupt etwas zu sagen brauchte. Der Herr Des Lebens lächelte fein, als Aigonns Gefühle zu ihm hinüberströmten. Seine Stimme schien von allen Seiten zu hallen, als er sagte: „Willkommen, Wanderer! Wir freuen uns, dass ein Mensch mit deinen Fähigkeiten endlich wieder den Weg zu uns gefunden hat.“

      Der Herr Des Lebens trat näher heran. Die unmittelbare Gegenwart seiner reinen, allmächtigen Kraft wollte Aigonn aus Respekt zurückweichen lassen, doch ein untergründiges Gefühl, das sie ihm sandte, hielt ihn zurück. Der Gott lächelte noch immer, als er sagte: „Wir haben auf dich gewartet. So vielen Menschen haben wir die Gabe geschenkt, der du dich dein Leben lang bedient hast. Aber du bist einer der wenigen, denen es gelungen ist, die Grenze zwischen den Welten im Leben zu überschreiten.“

      „Ich …“ – Alles in Aigonn sträubte sich dagegen, Widerworte zu geben. Er konnte jedoch nicht anders, als zu sagen: „Ich bin gezwungen worden, es zu tun! Im Grunde habe ich mich dagegen gewehrt!“

      „Oh ja, gezwungen wurdest du. Gezwungen, deinen Körper zu verlassen, den Weg ins Moor zu suchen, dich dem Tor zu stellen. Aber glaubst du nicht, ein Mensch deiner Kraft hätte die Macht besessen, vor dem Weltengang zu flüchten, wenn er es gewollt hätte?“

      Aigonn wagte nicht, darauf zu antworten.

      „Du hättest es nicht tun müssen, wenn du es nicht gewollt hättest. Dein Bewusstsein allein fällt nicht alle Entscheidungen! Dieser Mann, der den Übergang von dir forderte, hätte niemals die nötige Kraft, etwas zu erzwingen, das für gewöhnliche Menschen alle Gesetze der Welt sprengen würde!“

      Er war im Recht, das konnte Aigonn spüren. Irgendein Gefühl, tief in ihm, erinnerte ihn daran, eröffnete, was sein Bewusstsein so nicht hatte erfassen können. Als der Herr Des Lebens nicht weitersprach, fragte er: „Warum erwartet Ihr mich?“

      „Die Tatsache, dass nach so langen Jahren die Menschen wieder den Weg zu uns finden, bedeutet, dass es an der Zeit ist. Eurem Volk soll eine Gabe wiedergegeben werden, die ihr im Laufe der Generationen verloren habt.“ Für einen Herzschlag stoppte seine Rede. „Erst heute hat dir eine Seele einen Blick in das gegeben, was die Zukunft sein könnte.“

      „Ja.“

      „Möchtest du das wahre Sehen erlernen, Aigonn, und damit zu einem Weltenwanderer werden, der nicht nur Erinnerungen finden kann, sondern das Geschehen hinter ihnen; der erfahren kann, was die Zukunft vielleicht bringen mag und in der Vergangenheit geschehen ist?“

      Es dauerte einen Moment, bis sich Aigonn die wahre Bedeutung dieser Frage erschloss. Und sie überforderte ihn. Als er seine Reaktion wahrnahm, fügte der Gott hinzu: „Dir droht keine Strafe, wenn du ablehnst, keine Missgunst, nichts. Du wirst all deine Fähigkeiten behalten, die du bisher hast nutzen können und darüber hinaus. Bist du dazu nicht bereit, wissen wir, dass du nicht der Richtige bist!“

      Aigonn schluckte. In Gedanken wiederholte er dutzende Male dieses Angebot. Angebot. Der Herr Des Lebens selbst hatte ihm soeben das Angebot unterbreitet, ihm die Fähigkeit zu schenken, in die Zukunft zu sehen! Wie konnte er das ablehnen? Doch weit in seinem Hinterkopf hörte er eine leise Stimme Zweifel murmeln. Es klang unsicher, als er nachhakte: „Was ist der Preis?“

      Der Gott lächelte milde und schenkte Aigonn damit eine Klarheit, die er lieber nicht erfahren hätte. „Das wusstest du schon, bevor du nur ahntest, die Grenze zwischen den Welten zu überschreiten.“

      Und damit wurde es gewiss. Er war ein Seher und hatte die Worte des Moorsängers vernommen, der lange Jahre vor ihm diese Fähigkeit besessen hatte. Schon in diesem Moment hatte ein Teil von ihm sich danach gesehnt, es gespürt, die Gabe, die gleichsam Segen wie Fluch war, und manchmal auch keines von beiden; dreigesichtig, wie das Leben und das Sein.

      Als hätte er sich sein Leben lang auf diesen Moment vorbereitet, fühlte Aigonn auf einmal eine klare, zielstrebige Sicherheit in seinem Denken und Tun, die er so nicht von sich kannte. Überzeugung,

Скачать книгу