Inselgötter. Reinhard Pelte

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Inselgötter - Reinhard Pelte

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du Jan Eilers, den Vater, eigentlich in guter Erinnerung haben. Oder besser, in schlechter.«

      »Ich lese keine Tageszeitung«, stellte Jung fest und kam sich blöd vor.

      »Er war vor langer Zeit mal das Hätscheltierchen des Chefredakteurs. Dann hat er sich verdächtig gemacht und wurde der Buhmann. Jede Menge vor Moral und Selbstgerechtigkeit triefende Leitartikel. Ekelerregend.«

      »Du sagtest, er war Vorstand«, kam Jung zurück zum Thema. »Was ist er denn jetzt?«

      »Er ist Anlageberater.«

      »Für Leute mit zu viel Geld.«

      »Für Geldanleger«, erwiderte Holtgreve sachlich. »Er ist auch der Geschäftsführer einer Wohnungsbaugesellschaft.«

      »Aha. Welche Rechtsform?«, forschte Jung süffisant.

      »GmbH & Co. KG. Sie heißt ›Team Futuro‹.«

      »Und er ist auch Kommanditist, oder?«

      Holtgreve nickte bestätigend. »Er hält die Mehrheitsanteile.«

      »Aha, perfekt. Warum ist er eigentlich kein Banker mehr?«

      »Er passte nicht mehr in die Landschaft. Das ist eine lange Geschichte. Ich will das an dieser Stelle nicht vertiefen. Nur so viel: Ihm wurde nahegelegt, sich zurückzuziehen. Die Argumente müssen ausgereicht haben, dass er dem freundlichen Verlangen seines Aufsichtsrates widerstandslos gefolgt ist. Jedenfalls drang nichts Gegenteiliges nach draußen.«

      »Sie reichten aber nicht aus, ihn in den Knast zu bringen«, folgerte Jung.

      »Ich nehme an, er wusste zu viel. Er hätte den einen oder anderen mitgenommen. Über die Namen hätten wir uns sicherlich gewundert. Wenn diese Leute ins Straucheln kommen, kennen sie kein Pardon.«

      Jung überkam die Lust weiterzufragen. Er hielt sich aber zurück und sagte: »Es geht um seinen Sohn. Reden wir über ihn.«

      »Genau das ist das Problem. Wenn wir über den Sohn reden, müssen wir auch über den Vater reden. Er …«

      »Wieso das denn?«, fiel Jung ihm ins Wort. »Ist der auch verschwunden?«

      »Nein, nein«, winkte Holtgreve ab. »Aber Eilers senior versucht, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen. Über den Innenminister, den Polizeipräsidenten, den Generalstaatsanwalt. Ich bin der Letzte in der Kette. Bei mir landet die Arbeit. Verstehst du?«

      »Nicht so ganz. Er war einmal mächtig, mag sein. Aber heute ist er einer von vielen. Im Übrigen ist es ganz egal, was er war oder was er ist. Alle Versuche, Einfluss zu nehmen, müssen zurückgewiesen werden. Oder sehe ich das etwa falsch?«

      »Nein. Natürlich hast du recht. Dennoch …«

      »Ich verstehe. Man muss Rücksicht nehmen. An höherer Stelle, nicht wahr?«, höhnte Jung.

      »Ich selbst weiß nichts Genaues. Aber es gibt Gerüchte. Es werden üble Geschichten über ihn erzählt. Er soll schon als Student in Kiel …«

      Holtgreve unterbrach seine Rede, weil die Bedienung mit der Flasche an ihren Tisch trat und einen Probeschluck einschenkte.

      »In Ordnung, danke«, nickte Jung dem Mann zu und wartete, bis er außer Hörweite war. Dann wandte er sich wieder seinem Chef zu.

      »Mein Gott, Henning. Das kennen wir doch zur Genüge. Gerüchte, Intrigen, Neider, üble Nachrede und so weiter und so fort. Alles Gelaber, nichts als Getuschel und Gemauschel.« Jung schüttelte angewidert den Kopf.

      Holtgreve hatte gerade nach seinem Weinglas gegriffen und setzte es wieder ab, als hätte ihn ein Insekt gestochen. Er sah Jung intensiv an. Dann sagte er mit Nachdruck: »Dieses ›Gelaber‹, wie du es auszudrücken beliebst, bewegt das Wohl und Wehe der ganzen Menschheit. Darüber solltest du dir mal Gedanken machen, mein Lieber, anstatt den Gutmenschen und Besserwisser raushängen zu lassen.«

      Jetzt stellte auch Jung sein Weinglas ab. Er fühlte sich bis ins Mark getroffen. Ein ungewohntes Gefühlskonglomerat machte sich in ihm breit: Wut, Angst und Trotz, begleitet von einer Art Respekt. Noch nie zuvor hatte er Holtgreve gegenüber ähnlich empfunden. Nur mühsam behielt er seinen Gleichmut bei. Holtgreve nahm einen langen Schluck.

      »Was hat Eilers senior denn tatsächlich unternommen? Was hast du damit zu tun?«, nahm Jung scheinbar ungerührt das Gespräch wieder auf.

      »Er hat den Generalstaatsanwalt und den Polizeipräsidenten ersucht, ihn über den Fortgang der Ermittlungen auf dem Laufenden zu halten.«

      »Sein Sohn ist verschwunden. Da ist der Wunsch verständlich«, warf Jung ohne Überzeugung ein.

      »Aber nach Gesetz und Recht nicht statthaft. Das hast du bereits richtig angemerkt. Er hat keinen Anspruch auf Extrawürste. Er könnte die Ermittlungen beeinflussen, im schlimmsten Fall torpedieren. Mit ziemlicher Sicherheit aber komplizieren. Das weißt du so gut wie ich.«

      »Okay. Meinetwegen. So könnte es sein, muss aber nicht. Ich sehe da nicht unbedingt eine Zwangsläufigkeit.«

      »Du kennst die Kreise nicht, in denen die sich bewegen, Tomas.«

      »Mag sein. Aber ist das ein Grund, die höchste Alarmstufe auszurufen? Wo ist das wahre Problem?«

      »Dass Eilers an allerhöchster Stelle Gehör gefunden hat. Gegen die üblichen Regeln, um das noch einmal zu betonen. Und genau das ist das Problem. Das lässt auf nichts Gutes schließen. Auf gar nichts Gutes«, sagte Holtgreve beschwörend. »Der Polizeipräsident hat mich in Kenntnis gesetzt.«

      »Er bindet dich ein, Henning. Korrekt von ihm, könnte man sagen.«

      »Tomas, ich bitte dich. Sei doch nicht so furchtbar naiv. Wenn der Polizeipräsident mich anruft, dann will er was von mir. Dann hat er ein Problem. Und ich anschließend auch. Er sagt mir durch die Blume, ich soll ihm helfen, sein Problem aus der Welt zu schaffen. Vielleicht hat er sogar mehrere. Hier geht es nicht um Belanglosigkeiten. Das rieche ich. Ich habe das schon zu oft erlebt.«

      Tomas Jung hatte Mühe, ruhig zu bleiben. Er war es leid, sich einen Gutmenschen, einen Besserwisser oder naiv nennen zu lassen. Sogar Charlotte bezichtigte ihn einer sauren Moral und nannte ihn altmodischen Tugendbold. Svenja tutete ins gleiche Horn und haute ihm den ganzen Kram noch einmal um die Ohren. Auf welchem Thron saßen sie eigentlich, dass sie sich das erlauben durften? Reichte es, Vorgesetzter oder Frau zu sein? Er war Polizist, ›Ordnungshüter‹ war ein anderer Name für das, wofür er bezahlt wurde. Holtgreve übrigens auch. Recht und Gesetz durchzusetzen und zu schützen, war ihr Beruf. Was war daran altmodisch? Gewaltenteilung, Beweisbarkeit, Schutz vor Übergriffen, Unschuldsvermutung, Nichteinmischung, Verschwiegenheit und so weiter und so fort. Das waren, neben vielen anderen, Eckpfeiler dieser Ordnung, Werte, auf die sich die Gesellschaft in Deutschland verständigt hatte und an die er glaubte. Aus Überzeugung. Er spürte ein großes Verlangen, das lauthals in die Welt zu brüllen. Tomas Jung schwieg verbissen.

      Holtgreve griff zu seinem Glas. Jung machte es ihm nach. Die anderen waren einfach schlauer, dachte er, während er einen zweiten Schluck nahm. Holtgreve war Inspektionschef geworden, nicht er. Und Frauen waren unangreifbar, solange sie ihre soziale Kompetenz ausspielten. Sie hatten eine feine Witterung dafür, wo sozialer Abstieg drohte, Gefahr für Leib und Leben bestand, vor allem von Kindern,

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