Kraftvoll beten. Pete Greig
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Die Sache ist aber die: Er hat uns gern. Sehr gern.
Gott möchte noch viel lieber Zeit mit uns verbringen als wir mit ihm. Das ist eine Tatsache, und sie ist atemberaubend. Es bedeutet, dass er dich bereits wohlwollend erwartet, wenn du im Gebet zu ihm kommst. Denk daran, wenn du das nächste Mal in einen Gebetsraum gehst oder dich mit der Bibel hinsetzt. Er runzelt nicht die Stirn. Du langweilst ihn nicht. Er ist wahrscheinlich froh darüber, dass du gerade dieses Buch liest!
In den nächsten Kapiteln werden wir auf verschiedene Aspekte des Gebets eingehen, aber das Herz, das all dem Leben gibt, ist Liebe. Wenn Beten für dich nicht ein Ausdruck von Freundschaft ist, dann bleibt dir nichts als Theorie und Technik. Wie der alte Seemann in Coleridges berühmtem Gedicht sagte: „Der betet gut, der Liebe hegt …“3
Gebet ist das Natürlichste der Welt, weil wir für die Freundschaft mit Gott geschaffen wurden. Aber wie sieht das praktisch aus? Wie können wir einfach bleiben, wo Beten doch so verwirrend und schwierig sein kann? Wie sollen wir echt bleiben, wenn es in unserer Welt und in uns selbst so viel Täuschung und Heuchelei gibt? Und wie sollen wir dranbleiben, wenn wir alle (ganz ehrlich) manchmal am liebsten aufgeben würden?
1. Einfach bleiben
Jesus warnt uns genau davor, beim Beten übermäßig kompliziert zu werden:
Die Welt ist voll sogenannter Gebetskrieger, die mit Methoden hausieren gehen, wie man von Gott bekommt, was man will. Fallt auf diesen Unsinn nicht herein. Es ist euer Vater, mit dem ihr es zu tun habt, und er weiß besser als ihr selbst, was ihr braucht. Wo solch ein Gott euch liebt, könnt ihr ganz schlicht beten.4
Und dann schenkt er den Jüngern das Vaterunser, das in seiner Ursprungssprache nur einunddreißig Wörter lang und in Reimform war. Jesus hat uns ein Gedicht geschrieben!5 Nachdem er sich für schlichtes Beten ausgesprochen hatte, gab er ein Beispiel mit einem kurzen, sich reimenden Prototyp, dessen englische Übersetzung in dreißig Sekunden gesprochen werden kann und in einen einzigen Tweet passt. Wie der Erzbischof Justin Welby sagt, ist das Vaterunser „so einfach, dass kleine Kinder es auswendig lernen können, und gleichzeitig so tief, dass es durch ein ganzes Gebetsleben trägt“.6
* * *
Wenn du noch nicht lange gläubig bist, hast du vermutlich alle möglichen Fragen zum Thema Gebet. Ich erinnere mich an eine elegante Dame, die mich eines Sonntags nach dem Gottesdienst ansprach. „Ich bin erst seit Kurzem Christ“, sagte sie. „Ist es in Ordnung, wenn ich unter der Dusche mit Gott spreche?“
Ich fuhr einen Freund durch die Stadt. Er war eben erst gläubig geworden, und ich schlug vor, gemeinsam zu beten. „Auf keinen Fall!“, schrie er und wollte mir fast ins Lenkrad greifen – vor lauter Angst, ich würde jetzt die Augen schließen.
Es gibt für Christen sehr wenige Regeln, was das Beten angeht. Ja, natürlich kannst du unter der Dusche beten oder auch beim Autofahren. Wir müssen nicht die Augen schließen, eine bestimmte Haltung einnehmen, uns auf bestimmte Art kleiden, rituelle Waschungen vornehmen oder eine festgelegte Wortfolge benutzen, um von Gott gehört zu werden. Manches davon kann hin und wieder hilfreich sein. Aber der Schreiber des Hebräerbriefs macht sehr deutlich, dass uns Gottes Gegenwart durch Jesus jederzeit und überall frei verfügbar ist (Hebr. 10,19).
Gott lädt dich ein, einfach, direkt und wahrhaftig genauso verrückt und wunderbar zu beten, wie er dich geschaffen hat. Spaziere durch den Regen. Schreib Gebete auf deine Schuhsohlen. Sing den Blues. Rappe. Dichte italienische Sonette.
Setze dich schweigend in den Wald. Geh laufen, bis du Gottes Lächeln spürst. Stürze dich eine Wasserrutsche runter und schreie dabei Halleluja, wenn das ganz ehrlich dein Ding ist. „Ich bete immer“, sagte der indianische Pastor Richard Twiss, der zum Sicangu-Oyate-Stamm in South Dakota gehört:
Ich bete nicht nur, indem ich Gott anspreche. Meine Gebete sind Fragen, Dialoge, das Abbrennen von Salbei und Weihrauch. Wenn ich im Pow-wow tanze, ist jeder Schritt ein Gebet: Ich tanze meine Gebete für die Menschen. Manchmal stelle ich mir meine Gebete vor, ich fantasiere meine Gebete; sie sind nicht immer hörbar.7
2. Echt bleiben
Leiere nicht gedankenlos Gebete herunter wie Leute, die Gott nicht kennen. Sie meinen, sie würden bei Gott etwas erreichen, wenn sie nur viele Worte machen. Folgt nicht ihrem schlechten Beispiel, denn euer Vater weiß genau, was ihr braucht, schon bevor ihr ihn um etwas bittet. (Mt. 6,7–8)
Jesus lädt uns ein, das Gebet einfach und echt zu halten. Einmal erzählte er eine verblüffende Geschichte von zwei Männern, die zum Beten in den Tempel gingen. Einer der beiden, ein Pharisäer, stellte sich selbstsicher hin und hakte all die richtigen religiösen Kästchen ab mit seinem formidablen Fasten und Zehntengeben. Aber der andere Mann, ein verachteter Zolleinnehmer, „blieb verlegen am Eingang stehen und wagte es nicht einmal aufzusehen, schuldbewusst betete er: ‚Gott, sei mir gnädig und vergib mir, ich weiß, dass ich ein Sünder bin!‘ Ihr könnt sicher sein“, schloss Jesus seine Erzählung, „dieser Mann“ – der Zolleinnehmer, nicht der andere – „ging von seiner Schuld befreit nach Hause“.8 Der Trappistenmönch Thomas Merton sagte: „Gott ist viel zu real, als dass man ihn irgendwo anders als in der Realität finden könnte.“9
Anne Lamott hat ein erfrischend respektloses Buch über das Gebet geschrieben. Die drei Wörter Help, Thanks, Wow („Hilfe, danke, wow!“), so sagt sie, sind die einzigen Gebete, die wir je brauchen. Sie macht auf brillante Weise deutlich, wie wichtig es ist, beim Beten radikal ehrlich zu sein.
Ich glaube, dass du Gott nahe bist, wenn du die Wahrheit sagst. Wenn du zu Gott sagst: „Ich bin erschöpfter und deprimierter, als ich es mit Worten sagen kann, und ich mag dich im Moment überhaupt nicht und ich möchte mit den meisten Leuten, die an dich glauben, nichts zu tun haben“, dann bist du möglicherweise so ehrlich wie noch nie. Erzählst du mir, du habest zu Gott gesagt: „Es ist alles hoffnungslos, ich habe keine Ahnung, ob du existierst, aber ich bräuchte Hilfe“, dann muss ich beinahe weinen. Weil ich so stolz auf dich bin. Weil du den Mut aufgebracht hast, echt zu sein – echt ehrlich.10
Mit Gott kämpfen
In einer finsteren Nacht, als meine Frau Sammy im Krankenhaus auf ihre Hirnoperation wartete, lange bevor wir wussten, dass sie es überleben würde, kam mein Freund Dan vorbei, um mit mir zu beten.
„Herr, wenn es jetzt deine Zeit ist, Sammy heimzuholen“, wagte sich Dan schließlich vor und sprach damit meine schlimmste Befürchtung aus, „dann gib Pete bitte die Kraft, das Unerträgliche zu tragen.“ Es war bestimmt nicht leicht, so zu beten. Es war eine Bitte in Übereinstimmung mit dem Glauben und der Bibel, aber ich wollte davon nichts hören. „Nichts da“, unterbrach ich ihn ohne eine Entschuldigung. „Auf keinen Fall, Gott. Nur über meine Leiche!“ Ich war aufgesprungen und lief im Zimmer auf und ab. „Wenn du vorhast, mir meine Frau zu nehmen … Wenn du vorhast, den beiden kleinen Jungs ihre Mama zu nehmen, dann kriegst du es mit mir zu tun.“
Dan wirkte etwas nervös, aber das war mir egal.
„Und dann musst du dir in Zukunft auch jemand anderen suchen, der PR für dich macht“, fuhr ich fort. „Ich kündige. Ich steige aus. Ich laufe