LebensLichtSpuren. Nanaja Meropis

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LebensLichtSpuren - Nanaja Meropis

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Beim Sauerkraut, das sie mit vielen Gewürzen weichkochen ließ, war das aber gar nicht so einfach. Das Wichtigste in ihrem alten Rezept war nämlich, neben Zwiebeln auch viel Schmalz zu verwenden, umso besser schmeckte es angeblich. Damals war Schmalz noch ein üblicherweise verwendetes Kochfett. Meine Mutter setzte es sparsam ein und achtete darauf, das Sauerkraut regelmäßig umzurühren, damit alles gleichermaßen fein kochen konnte.

      Als wieder einmal Sauerkraut mit Knödeln aufgetischt wurde, sagte ich nach einem kleinen Bissen: „Bei der Juli-Tante hat es mir aber viel besser geschmeckt!“ Ich aß nur widerwillig weiter. Am Vortag hatte die Tante mir ein schon sehr braun gebranntes, etliche Male aufgewärmtes Sauerkraut zum Probieren gegeben. Das schmeckte mir ausgezeichnet, besonders die schwarze Kruste, die ich aus dem Topf kratzte, fand ich einfach himmlisch! So habe ich schon als Kind das ungesunde Essen dem gesunden vorgezogen. Und meine Mutter war an diesem Nachmittag ein bisschen traurig.

       EINGEWEIDE DER DUNKELHEIT

      Ins Bett zu gehen bedeutete für mich, reglos dazuliegen, damit meine Arme, Knie oder Füße nicht an die Kante rutschen konnten. Unter dem Bett befanden sich nämlich ein unendlich dunkler Abgrund und ein großes Krokodil, das mich verschlingen konnte. Es schlief ebenso so regungslos wie ich. Der harte Schuppenpanzer erstreckte sich über seinen gesamten Rumpf, den Schwanz und die Extremitäten. Sein Körper war mit festen Schuppen übersät, es sah aus wie ein rotäugiger Drache. Ich wollte nicht von einem rotäugigen Drachen in die Tiefe der Dunkelheit gezogen werden, aus der ich womöglich nie zurückkäme. Ich erkannte, dass die Dunkelheit die Macht hatte, Dinge zu transformieren, Monster und unheimliche Geräusche zu erzeugen. Tagsüber existierte nichts davon, unter dem Bett befanden sich nur meine Hausschuhe und ganz hinten die Fußleiste. Der Parkettboden glänzte im Licht. Aber nachts in der Dunkelheit war dies die Höhle des Monsters. Ich konnte nur noch in der Mitte des Bettes schlafen, und als ich einmal von der Nässe meines Urins aufwachte, wagte ich nicht, aufzustehen. Mein Schlafanzug war nass und kalt, doch ich durfte mich nicht aufrichten, denn das Krokodil würde mich an den Beinen nach unten ziehen. Lange verharrten wir so, ich bewegungslos in der Mitte des Bettes, das Krokodil darunter.

       GLASWAND

      Wo seid ihr? Das Bettlaken durchgeschwitzt. Fieberfantasien in mir. Sehnsucht nach Wärme trotz heißer Haut. Mein Kopf schmerzt. Trübe meine Augen, verschwommen das Krankenzimmer. Ganz schwach pfeift meine Lunge bei jedem Atemzug. Diese furchtbare Einsamkeit. Nur mein Teddy bei mir. Wo sind Mama, Papa? Ich brauche euch doch bei diesem hohen Fieber, einsam im Krankenzimmer. Nur weiße Kittel kommen ab und zu zu mir, sie sind kalt. Endlich sehe ich dich, Mama, draußen hinter der dicken Glasscheibe. Ich taumele aus dem Bett, presse meine Händchen und meine Nase an das kalte Glas, spüre meinen Herzschlag. Deine Hand auf der anderen Seite. Und die kühle Scheibe zwischen unserer Haut. Neben dir ein böse blickender Weißkittel. Er lässt dich nicht zu mir. Stimmt‘s? Will in den Arm genommen werden. Ich kann nicht weinen vor Schmerz. Kinder brauchen Nähe. Das muss doch auch der Weißkittel wissen. Deine Tränen tropfen auf deine Hand. Jetzt hältst du mich in Gedanken im Arm. Die Glasscheibe trennt nicht mehr. Ich spüre deine Wärme durch das Glas. Die Angst weicht. Ein kleines bisschen davon nehme ich mit ins Altwerden.

       PRIMELWIESE

      Zweifellos waren die Wintermonate meiner Kinderzeit wesentlich kälter und schneereicher, der Frühling zeigte sich frühestens Mitte März mit den ersten frühblühenden Pflanzen. Leider gab es damals auf unserem Gartenrasen nur wenige Wiesenblumen, er sah nach der Winterzeit immer sehr traurig aus.

      Einer der ersten Frühlingsboten ist die Primel, ihr monatelanges Blühen verbreitet große Freude. So schlug mir mein Großvater eines Tages einen Ausflug zu den nahen Waldwiesen vor, auf denen gelbe Primeln und auch die verwandten Himmelschlüssel in großer Zahl blühten. Wir versorgten uns mit kleinen Stoffsäcken und Messern und spazierten damit zur nahen Waldlichtung. Dort gruben wir zwei oder drei Primelstöcke aus und pflanzten sie dann in unseren eigenen Garten.

      Zuvor galt es noch, diverse Unkräuter mit bloßen Händen auszureißen, manche wie den Löwenzahn mussten wir auch mit einem Werkzeug ausstechen. Eine Spezialität meines Großvaters war es auch, den steinigen Weingartenboden mit kräftigem Mist zu düngen. Jedem Pferdekarren, der an unserem Garten vorbeifuhr, lief er hinterher, um die frischen Pferdeäpfel einzusammeln und sie zum Kompostbeet zu bringen.

      Nach einigen unserer Waldrunden zeigten sich in den folgenden Jahren immer mehr Primelgewächse als Bodendecker in unserem Garten. Mein Großvater, der eigentlich Tischler war, hatte als Hobbygärtner ein goldenes Händchen. Auch das Veredeln von Rosen und Bäumen zählte zu seinen Lieblingstätigkeiten. Später strahlten dann Primeln und die unterschiedlichsten Rosensorten in unserem Garten um die Wette. Unsere Nachbarin aber zeigte sich jedes Jahr aufs Neue höchst erstaunt darüber, wie es zu der wundersamen Blütenvermehrung in unserem Garten gekommen war.

       DAS WEIßE DES UNIVERSUMS

      In Kinderzeichnungen haben die Bäume meist keine Wurzeln, aber meine hatten welche. Warum die anderen Kinder in der Schule wurzellose Bäume malten, weiß ich nicht. Meine hatten Zweige, Blätter, Früchte und Blüten. Ich hatte viele Buntstifte und zeichnete gern eine Art Watte, die die Blätter darstellen sollte. Aber meine Bäume hatten immer auch dicke oder dünne gewundene Wurzeln. Wenn ich Früchte zeichnete, mussten sie rund sein, was einfacher war, und der Baum musste ein Orangenbaum oder Apfelbaum sein. Einmal habe ich auch einen Birnbaum gemalt, die Birnen sahen aus wie hängende Fische. Da es keine Fischbäume gibt, habe ich nie mehr einen Birnbaum gemalt. Die Lehrerin interessierte sich sehr für die Wurzeln meiner Bäume. Für sie bedeutete der Baum mit seinen offenliegenden Wurzeln einen Mangel an Schutz, und sie lass meine Eltern rufen. Sie glaubte, dass es mir als Kind an Sicherheit und Vertrauen in der Familie mangelte. Ich glaube, dass die Wurzeln meiner Bäume genauso feststanden wie das Haus, die Sonne, die Blumen und die Menschen, die aus feinen Strichen gemacht waren. Alles war gefangen und gefärbt im Weiß des Universums auf Papier.

       DIE SPRACHE DER FREUNDSCHAFT

      Es ist mein erster Schultag. Meine Mama weckt mich sehr früh und hilft mir bei den Vorbereitungen. Ich gehe allein zur Schule und bemerke ein Mädchen in meinem Alter, das mir folgt. Ich gehe langsamer, um ihr Gelegenheit zu geben, mich zu überholen. Als wir auf gleicher Höhe sind, schauen wir uns flüchtig, aber auch neugierig mit einem kleinen Lächeln an. Wir passen unser Tempo so an, dass wir in einem kleinen Spiel gegenseitig wie unser Spiegelbild erscheinen. Sie wird rot, ihr Gesicht verrät mir bei jedem unserer Blickkontakte, dass sie schüchtern ist. Doch trotz unseres Schweigens sprechen unsere Blicke eine eigene Sprache. Es ist ein Spiel der versteckten Sprache der Freundschaft, noch nicht aufgeblüht, doch deutlich spürbar ist diese neue Knospe in unserer inneren Heimat.

       VORKOSTEN

      Da meine Mutter vorwiegend Hausfrau war, genoss ich die vielen Stunden in der Küche, in denen ich weniger spielte, oft aber meiner Mutter meine aktuellen Erlebnisse erzählte, und manchmal durfte ich auch etwas probieren. Ein besonderer Renner für mich war es, wenn meine Mutter einen Teig anrührte. Obwohl roher Teig angeblich ungesund ist, schmeckte er mir vorzüglich. Die Bitte „Iss nicht zu viel!“ befolgte ich fast nie.

      Zur Küchenhochzeit zählte für mich das alljährliche Backen der Faschingskrapfen. An diesem besonderen Tag band ich mir eine Schürze

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