LebensLichtSpuren. Nanaja Meropis

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу LebensLichtSpuren - Nanaja Meropis страница 9

Автор:
Серия:
Издательство:
LebensLichtSpuren - Nanaja Meropis

Скачать книгу

mit großer Spannung wartete ich dann auf die goldbraun gebackenen Krapfen, die mir ausgezeichnet schmeckten und die wir bis zum Aschermittwoch in Rekordtempo aufessen mussten. Doch nicht nur beim Backen von Süßspeisen schlich ich mich in die Küche, sondern auch beim Zubereiten der Schnitzel. Dabei gab es meist einige kleine Fleischstücke zum Vorkosten, und diese schmeckten stets besser als die darauffolgende Mittagsspeise.

       ARCHITEKTINNEN

      Wir spielten in unserem Hof. Wir hatten kein Spielzeug und mussten es erfinden. Mit einem Ast zeichneten wir den Plan des Hauses für eine Familie auf den Boden. Das Haus hatte drei quadratische Räume: ein Wohnzimmer, eine Küche und das Schlafzimmer. Ich wollte nicht der Vater sein. Der Vater ging zur Arbeit und kam spät zurück, aß zu Abend, spielte mit dem Baby und ging dann ins Schlafzimmer. Vater zu sein, war in unserem Spiel eintönig. Ich wollte Mutter sein, das war abenteuerlustiger. Die Mutter hatte viele Aufgaben: sie kümmerte sich um das Kind, das Haus, bereitete das Essen mit einer Handvoll Erde und etwas Wasser in einer alten Erbsendose zu. Unsere einzige Puppe war der Sohn Walter. An diesem Tag sollte ich Vater sein und ging zur Arbeit auf die andere Seite des Hofes. Als ich dann zu früh nach Hause kam, sagte meine Schwester wütend, das sei gegen die Spielregeln.

      Ich musste an der anderen Hofseite beim Baum bleiben. Aber ich wusste nicht, was ich tun sollte, wie ich als Vater arbeiten sollte. Ich verbrachte also die Zeit damit, dem Rascheln des Baumes zuzuhören oder mir die Pflanzen in der Nähe anzuschauen. „Fertig?“, rief ich eifrig. „Noch nicht!“, antwortete meine Schwester. Das bedeutete, dass der Tag noch nicht zu Ende war und sie noch nicht alle Mutteraufgaben erledigt hatte. Aber ich langweilte mich als Vater. Jetzt wurde ich von einem Käfer abgelenkt, der auf dem Boden herumkrabbelte, und es dauerte lange, bis ich endlich mit meiner imaginären Aktentasche durch die nicht vorhandene Tür ins Haus trat. „Hallo Frau!“, sagte ich mit tiefer Stimme. „Hallo Ehemann!“ „Ist das Abendessen fertig?“ „Ja, Ehemann.“ „Ich bin sehr müde.“ Wir aßen unser Essen aus Erde, ich spielte ein wenig mit Walter und zog mich dann ins Schlafzimmer zurück. Dort sagte ich erwartungsfroh: „Jetzt bist du dran, Vater zu sein!“

       DER EINTRAG

      Tagelang hatte mir ein Mitschüler mein Buch nicht zurückgebracht. Das war unangenehm, da ich befürchtete, es nicht mehr an die übrigen Schüler weitergeben zu können. Das Schuljahr war doch in wenigen Tagen zu Ende. Ein erstes Abschiednehmen im Leben, das uns aber in unserer unbeschwerten Kindheit nicht wirklich bewusst war.

      An meinem Geburtstag hatte ich das Poesiealbum bekommen, etliche Wochen lag es unberührt auf meinem Schreibtisch. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, und eigentlich dachte ich schon, dass es für immer leer bleiben würde. Doch dann gaben mir Schulfreunde ihr Buch, und bald kamen auch die ersten Eintragungen von Familienmitgliedern in meines. So beschloss ich, dass sich auch meine Grundschulfreunde hier verewigen sollten, bevor wir in alle Richtungen auseinander gehen würden.

      Nun wartete ich aber schon eine Woche auf mein Buch. Unruhig betrat ich das Klassenzimmer. Meine drei besten Freunde gaben wie immer witzige Kommentare ab. Ihnen brauchte ich es gar nicht zu geben, da wir uns für das kommende Jahr im selben Gymnasium angemeldet hatten. Ich hoffte sehr, dass wir dort wieder eine Klasse besuchen würden … Schließlich kam auch mein spezieller Freund in die Klasse. Er ging lächelnd auf mich zu … und gab mir tatsächlich mein Poesiealbum zurück. Ich bedankte mich und sah mir sogleich seinen Eintrag an:

      „Es ließe sich alles trefflich schlichten, könnte man die Sachen zwei Mal verrichten!“ Das Zitat, das mir schon beim ersten Lesen bedeutsam vorkam, war von einem gewissen Johann Wolfgang von Goethe. Es sollte sehr realitätsnah werden in zahlreichen Situationen meines Lebens.

       HAHNENTOD

      Von den Eltern in den Sommerferien verschickt auf den Bauernhof unserer Vorfahren – ein ärmliches Anwesen voller Wärme und Abenteuer für mich als Kind. Der Bauer schüttet sich nach getaner Arbeit Zucker ins Bierglas, „weil es so bitter schmeckt“. Seine Frau herzt mich, als habe sie mich geboren. Ihre Augen so tief und liebevoll, ihr Körper von der harten Arbeit gebeugt. Der Sommer ist trocken dieses Jahr. Schon seit Wochen kein Regen, nur heißer Wind. Pflanzen und Tiere ducken sich unter den Sonnenpfeilen. Selbst die Vögel verstummen. Fliegen schwirren über dem Misthaufen. Durch den Bauerngarten fließt ein Bach mit spärlicher Strömung. Forellen dösen unter Weidenwurzeln im sauerstoffarmen Wasser. Es gehört zu den großen Gefühlen meiner Kindheit, in den Bach zu steigen und mit den Händen unendlich langsam in die Uferhöhlen des Bachbettes zu tasten, sie vorsichtig unter die Forellenbäuche zu schieben und die Fische mit den Daumen zu streicheln. Im Bauernhof Lärm einer Betonmischmaschine und Stimmengewirr der Maurer. An die Scheune wird ein Kuhstall angebaut. Die Schalbretter für die drei Meter hohe Seitenwand sind schon gesetzt. Über eine Bohle wird mit dem Schubkarren frischer Beton in den Spalt verfüllt. Urplötzlich markdurchdringende Schreie von einem Hahn. Das Tier hat sich zwischen den Schalbrettern verfangen. Ein Maurer grinst und sagt: „Der bringt Glück in die tragende Wand“, und entleert seinen Schubkarren über dem Tier. Sommerbunte Federn versinken im Grau des Betons. Hahnschreie ersticken und mir das Herz.

       SCHWEBEND ZWISCHEN STERNEN

      Ich träume von einem dunklen, warmen, geräumigen und ziemlich trüben Raum, merkwürdig, und trotzdem ist er sehr vertraut, schwebend zwischen Sternen. Schwerelos bewege ich mich. Mitten in diesem glücklichen Dasein werde ich mit großem Druck auf den schwankenden Boden gestoßen und bin dann jedes Mal direkt wach, spüre den harten Boden unter meinem Gewicht.

      Mit dem ersten Schrei der Liebe

      erblicke ich das Licht der Welt

      und dein Schmerz

      um Leben zu schenken

      wandelt sich, umhüllt mich

      Und ich bejahe das Leben

      mit dem Anflug des Glücks.

       MITTEN IN DER HÖLLE

      Wir kamen dort an, wo die alte Brücke war. Aber es gab keine Brücke mehr, nur ihr Skelett. Ich dachte, wir könnten sie überqueren. Zu Beginn der Brücke waren die Streben noch in Ordnung, doch als ich voranging, mein Cousin hinter mir, brach weiter vorn das Holz. Mein Cousin konnte nicht weitergehen, ich stand schon mitten auf der Brücke. Doch was ich zuvor nicht gesehen hatte: Sie führte nicht weiter. Es gab hier ein tiefes Loch, darunter brodelte der Fluss, dessen schnelle Strömung wie schwarze Zöpfe dahinzog. Ich konnte nicht schwimmen. Ich war mitten im Gerippe der Brücke gefangen. Auf der anderen Seite befand sich eine schmale Betonwand. Wenn ich springen würde und meine Füße sie nicht erreichten, konnte ich hinfallen und mit dem Kopf auf den Beton schlagen.

      „Du musst Hilfe holen!“, schrie ich meinen Cousin an, der auf der anderen Seite der Brücke geblieben war und nicht wusste, was er tun sollte. „Ja, das werde ich! Aber zuerst muss ich scheißen!“ „Was? Ich sterbe hier und du musst scheißen?“, fragte ich entsetzt. „Ich muss scheißen!“, wiederholte er aufgeregt und versteckte sich hinter einem Busch.

      Ich sah wieder auf die andere Seite der Brücke. Nach unten schauen konnte ich nicht, die Strömung machte mich schwindelig. Der Nachmittag ging zu Ende, und das Licht der Sonne nahm rapide ab. Außerdem würden die Fledermäuse kommen

Скачать книгу