Drachensonne. Thomas Strehl

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Drachensonne - Thomas Strehl

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auf seine Füße. Man merkte deutlich, dass ihm die Diskussion unangenehm war.

      Von allen dreien war er derjenige, der am stärksten an den Traditionen der Sangapao festhielt.

      »Vielleicht hatte er wirklich die eine oder andere gute Idee«, versuchte er trotzdem zu beschwichtigen. »Aber sein Verhalten war dumm. Niemand kann ohne die Gemeinschaft überleben, und diesen Schutz darf man nicht leichtfertig aufs Spiel setzten.« Er sah Tyk fest an. »Ganz egal, was man manchmal denkt oder fühlt.«

      Die Freunde schwiegen. Tyk sammelte kleine Steine vom Boden auf und warf sie gegen die Wand. Das Klicken, das entstand, war lange Zeit das einzige Geräusch.

      »Du hast es richtig gemacht, Tyk«, sagte Jonaas in die Stille. »Du hast als Jugendlicher nicht gegen deinen Vater aufbegehrt, sondern mit uns zusammen die Prüfung abgelegt. Wenn du die Höhle verlässt, bist du ein Mann, und dein Vater und die Ältesten müssen dir zuhören und deine Meinung akzeptieren.« Er versuchte ein aufmunterndes Lächeln. »Vielleicht schaffst du es ja doch noch, da raus zu kommen.«

      Tyk hielt in der Bewegung inne. Er ließ die Steine aus seiner Hand auf den Boden rieseln und nickte Jonaas zu.

      »Hoffen wir es«, brummte er.

      Wieder entstand eine kurze Zeit der Stille, und obwohl Tyk diesmal keine Steinchen warf, drang ein Scharren und Klappern an ihre Ohren.

      Nie zuvor in den dreihundert Tagen hatten sie solche Geräusche vernommen.

      »Habt ihr das auch gehört?«, flüsterte Kalil und sprang auf.

      Das Geräusch war für einige Sekunden verschwunden, und die Freunde lauschten angestrengt. Schon glaubten sie, ihre Sinne hätten ihnen einen Streich gespielt, als das Scharren erneut an ihre Ohren drang, diesmal lauter und näher.

      »Die kommen uns schon heute holen«, sagte Kalil und fuhr sich durchs Haar. »Jungs, wir haben uns verzählt. Die Strichliste stimmt nicht, einer von uns hat Mist gebaut, und heute ist nicht Tag zweihundertneunundneunzig, sondern schon dreihundert.« Er warf sich die Decke von der Schulter und wollte dem Geräusch entgegen gehen, doch erstens konnte man nicht genau lokalisieren, woher das Scharren kam, und zweitens wurde er von Tyk aufgehalten.

      »Warte«, flüsterte er. »Ich bin sicher, dass wir uns nicht vertan haben. Wir werden erst morgen geholt. Glaub mir.«

      Doch Kalil ließ sich nicht beirren. »Und wer oder was soll dann hierher kommen?«, fragte er.

      Seine Mitwachen antworteten nicht. Sie wussten genauso gut wie Kalil, dass ein Felsen vor den Höhleneingang gerollt wurde, sobald neue Wachen den Berg betreten hatten. Ein Felsen, der nur von zehn Mann bewegt werden konnte.

      Und sonst gab es in diesem Höhlenlabyrinth nichts. Kein Tier trieb hier sein Unwesen. Kein Bär, kein Olano, nicht einmal eine Maus wohnte in der Nähe der Flamme. Es war nicht nur so, dass Jonaas und die anderen in den Tagen zuvor kein Lebewesen gesehen hatten, nein, sie wussten auch von den anderen Wachen aus den Jahren zuvor, dass die Hüter der Flamme ihren Dienst ganz allein versehen mussten. Hier unten gab es wirklich nichts. Die einzigen lebenden Organismen in dieser Höhle waren sie.

      Das jedenfalls hatten sie bis vor einem Augenblick gedacht.

      Und nun dies.

      Unzweifelhaft ging oder schlurfte jemand über den Felsboden, und der Unbekannte machte sich nicht einmal die Mühe, besonders leise dabei zu sein.

      Jonaas und Tyk hatten sich ebenfalls erhoben, und Rücken an Rücken warteten die Freunde ab.

      Das Geräusch verstummte ab und zu für wenige Momente, so, als orientiere man sich, dann war es wieder für kurze Zeit zu hören, jedes Mal näher als zuvor.

      Jonaas spitzte die Ohren, doch es war unmöglich, die Richtung zu bestimmen, aus der das Scharren kam.

      Das Geräusch war nicht besonders laut, trotzdem hallte es von den Wänden wider.

      »Was zum Henker ist das?«, sprach Kalil die Gedanken aller aus.

      Jonaas antwortete nicht, und am unsicheren Blick Tyks konnte er erkennen, dass auch der schweigsame Junge keine Erklärung für das Scharren hatte.

      »Vielleicht will uns jemand einen Streich spielen?«, flüsterte er. »Oder das gehört mit zur Prüfung, und man will uns testen, ob wir die Flamme im Ernstfall wirklich verteidigen.« Seine Stimme zitterte leicht, und Jonaas bemerkte verwirrt, dass Tyk sein Jagdmesser aus dem Gürtel zog.

      »Hallo!« Kalils Stimme klang in der Stille ohrenbetäubend laut. Wie von selbst hatten sie sich in den Tagen der Höhle angewöhnt, leise zu sprechen. Da keine Nebengeräusche ihre Stimmen störten, hatte meist ein Flüstern gereicht.

      Nun jedoch rief Kalil laut, und die Echos tobten durch den Raum. »Wenn das ein Scherz sein soll, dann könnt ihr jetzt damit aufhören. Wir haben genug gelacht.«

      Jonaas verfluchte Kalil innerlich für seinen Ausbruch. Nicht, weil ihm die Echos in den Ohren weh taten, sondern weil es ihm dadurch unmöglich war, das Scharren zu orten.

      Als Kalils zehnfach wiederholte Stimme endlich verstummte, standen sie reglos da und lauschten.

      Sie legten den Kopf schief, verharrten angestrengt horchend, doch nichts geschah. Das Scharren war nicht mehr da.

      »Es ist weg«, sagte Tyk und atmete auf. »Herzlichen Glückwunsch, du Held. Egal, was es war, du hast es in die Flucht gebrüllt.«

      Er steckte sein Messer in den Gürtel zurück, ging einige Schritte von den anderen weg und bückte sich nach einem Krug.

      Plötzlich flog ein Schatten heran und landete mit einem Satz hinter dem Jungen.

      Jonaas und Kalil erstarrten. Ihre Augen sahen, doch ihr Verstand weigerte sich zu verstehen.

      Ein riesiger schwarzer Panther, so groß wie ein Pferd, erschien aus dem Nichts und hob eine Pranke, bewehrt mit messerscharfen Krallen, zu Tyks Rücken.

      Jonaas wollte schreien, Tyk warnen, ihm helfen, doch er war zur Bewegungslosigkeit verdammt und musste tatenlos mit ansehen, wie die Bestie ihr Maul öffnete und ein Brüllen ausstieß, das die Höhlenwände erzittern ließ.

      Erst jetzt bemerkte Tyk die Gefahr, in der er sich befand, und wirbelte auf dem Absatz herum.

      Seine Hand suchte sein Messer, doch es war bereits zu spät. Die Pranke des Tieres schoss auf ihn herab und riss ihm den Brustkorb auf.

      Jonaas war immer noch vor Schreck gelähmt, und auch Kalil war unfähig, sich zu rühren.

      Wie in Trance sahen sie, wie Tyk einen ungläubigen Blick auf das Loch in seinem Körper warf, um direkt danach den zweiten Hieb der Raubkatze zu empfangen.

      Diesmal traf die Pranke seinen Kopf, und Tyks Körper wirbelte durch die Wucht des Schlages herum und wurde gegen die Höhlenwand geschleudert. Als er am kalten Felsen herunter rutschte und wie eine nutzlose Puppe auf dem Steinboden aufschlug, war bereits kein Leben mehr in ihm.

      Muss er doch kein Schmied werden, huschte ein seltsamer, unpassender Gedanke durch Jonaas Kopf.

      Kalils Schrei riss ihn zurück in die Wirklichkeit.

      »Tyk.

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