Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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saßen auf der Westterrasse der großen, sehr gepflegten Gründerzeitvilla und nahmen einen Schlummertrunk zu sich. Sie schauten in den großen parkähnlichen Garten, den ein festangestellter Gärtner ständig pflegte. Es war still, nur das Rauschen des künstlichen Wasserfalls war zu hören.

      »Du bist stiller als sonst, Ingo. Bedrückt dich etwas? Hast du Ärger oder Sorgen im Betrieb?«

      Ingo lächelte seiner Frau zu. Sie ging auf die Sechzig zu und war immer noch eine Schönheit.

      »Nein! Alles in Ordnung! Entschuldige, wenn ich mit meinen Gedanken nicht bei dir war. Wie war dein Tag heute? Was hast du gemacht?«

      »Du bist nicht sehr geschickt, Ingo! Mir kannst du nichts vormachen. Dich bedrückt doch etwas – oder? Es beschäftigt dich etwas. Das spüre ich. Wenn man einen Menschen liebt, dann bekommt man seine Schwingungen mit. Ich fühle, daß dir etwas auf der Seele lastet. Haben wir nicht immer alles geteilt? Wir haben doch immer zusammengehalten, in guten wie in schlechten Tagen.«

      Ingo stellte sein Glas ab. Er legte seinen Arm um seine liebe Frau, die neben ihm saß, und drückte ihr einen Kuß auf die Wange.

      »Ach, liebste Frauke! Manchmal habe ich Zweifel, ob wir alles richtig gemacht haben. Wir gehen langsam auf den Abend des Lebens zu. Ich ziehe Bilanz für mich.«

      »Sicher haben wir alles richtig gemacht. Tüchtig bist du gewesen, als du den maroden Betrieb deines Vater übernommen hast. Das Unternehmen war verschuldet. Auf der Villa lasteten Hypotheken. Du hast modernisiert, die Firma zum Erfolg geführt. Heute geht es uns gut, sehr gut. Was ist es also, was dich bedrückt?«

      »Dirk! Dirk, unser Junge! Darüber denke ich viel nach. Sicher haben wir beide – da will ich dich bewußt mit einbeziehen – alles getan, daß heute alles so ist, wie es ist. Wir können stolz sein auf das Erreichte. Das Unternehmen exportiert Maschinen in alle Welt. Wir machen Gewinn, die Villa ist schuldenfrei und modernisiert. Wir können uns Hauspersonal leisten. Doch ich frage mich oft, ob es recht ist, dies alles unserem Dirk aufzubürden?«

      Frauke lehnte ihren Kopf an die Schulter ihres Mannes.

      »Liebster, wir bürden Dirk nichts auf. Er hat all die Aufgaben freiwillig übernommen.«

      Ingo seufzte.

      »Frauke, da bin ich mir nicht so sicher. Dirk ist nur in die Fußstapfen seines Bruders getreten, nach Knuts tragischem und tödlichem Autounfall. Er war einfach da und hat die Aufgaben seines älteren Bruders übernommen. Ich beobachte Dirk schon seit einigen Monaten. Er macht alles sehr – sehr gut, vielleicht noch besser, als es Knut gemacht hätte. Aber er ist so ernst. Er ist so verschlossen. Dabei ist er jung. Ihm fehlt die Jugendlichkeit, die Unbeschwertheit! Was sein Bruder zu viel hatte, hat Dirk zu wenig. Nie lächelt er!«

      »Ich weiß nicht, wie Dirk in der Firma ist. Das weißt du besser. Daß er sich mit viel Pflichtbewußtsein den gestellten Aufgaben widmet, das sehe ich auch von hier aus. Er bleibt immer länger im Büro. Er kommt während der Woche noch kaum zum gemeinsamen Abendessen heim. Jetzt ist er wohl auch noch im Büro.«

      Frauke lächelte.

      »Das war bei dir damals auch nicht anders. Da war es oft auch Mitternacht, bis du gekommen bist.«

      »Ich weiß, liebste Frauke! Du hast immer auf mich gewartet. Dann saßen wir in der Küche und redeten miteinander.«

      »O ja! Du hast mir alles erzählt. Du bist bei all den Sorgen aber immer voller Zuversicht und freudiger Schaffenskraft gewesen. Nie habe ich dich gebremst. Du hast das gebraucht.«

      »Richtig! Danke für dein Verständnis! Trotz allem fühlte ich mich damals glücklich. Es ging aufwärts – mit jedem Tag einen ganz, ganz winzigen Schritt. Ich freute mich über jeden Erfolg, über jeden Fortschritt. Das ist es, Frauke! Dirk hat wunderbare Erfolge. Er ist großartig. Doch er zeigt seine Freude nie. Hat er etwas erreicht, dann legt er die Meßlatte wieder ein Stück höher. Sicherlich bin ich sehr stolz auf ihn. Doch ich habe meine Bedenken. Es macht ihn nicht glücklich.«

      »Meinst du wirklich?«

      »Ja, das vermute ich stark! Für ihn ist alles Pflicht. Diese Pflicht wandelt er um in einen fast krankhaften Ehrgeiz. Er betäubt seine Gefühle mit Erfolgen und immer neuen Erfolgen. Er arbeitet nur. Er hat keine Familie, nicht einmal eine Freundin. Er treibt keinen Sport. Er geht nicht aus. Mein Gott, Frauke! Was ist das für ein Leben? Der Junge wird eines Tages vor die Hunde gehen. Er geht am Leben vorbei.«

      Frauke kuschelte sich in den Arm ihres Mannes.

      »Du fragst dich, ob es etwas gab oder gibt, das Dirk so werden ließ? Du fragst dich, ob dein Verhalten ihn dazu treibt?«

      »Richtig! Dann ging mir auf, daß ich mehr mit Knut zusammen war, weil er der Älteste war und einmal das Unternehmen führen sollte. Ich weiß eigentlich wenig von den anderen Kindern. Dirk kenne ich noch weniger als Viola. Vielleicht liegt es auch daran, daß Viola mehr redete. Sie sprach und spricht über alles, was sie bewegt. Es ist, als denke sie laut nach. Dirk schweigt und handelt. Er zeigt keinerlei Gefühlsregungen. Er schlägt niemals über die Stränge. Sage du mir, was geht unserem Buben nah? Für was hat er sich interessiert? Er ist mir so fremd. Frauke, hilf mir!«

      Frauke streichelte die Wange ihres Mannes.

      »Ich verstehe dich! Aber ich vermute, daß Dirk selbst nicht weiß, was ihm Freude macht. Denke doch einmal nach. Dirk hatte gerade sein Abitur gemacht und wollte vor dem Studium ein Jahr ins Ausland. Dann geschah das mit Knut. Dirk sagte alles ab. Er ging sofort in die Firma und nahm Knuts Sessel ein. Nebenbei studierte er an der Fernuniversität Betriebswirtschaft und Wirtschaftsrecht. Da kann man nur den Hut vor ihm ziehen. Wir können stolz auf ihn sein.«

      »Sicherlich, Frauke! Das können wir. Doch ich will nicht Kinder haben, auf die ich stolz sein kann. Meine Kinder sollen glückliche Menschen sein! Viola ist glücklich. Sie steht auch ihren ›Mann‹, – besser ›Frau‹ – in der Firma. Aber sie kann sich freuen. Sie lebt irgendwie. Bei Dirk fehlt die Lebensfreude.«

      »Vielleicht hätte er im Leben gern etwas ganz anderes gemacht, Ingo!«

      »Dieser Gedanke kam mir auch schon. Doch was? Warum tut er es nicht? Er muß diesen Weg nicht gehen. Ich sehe, daß er nicht glücklich ist. Warum? Warum? Warum? Ich will dieses Opfer nicht. Verstehst du mich, Frauke?«

      Sie nickte.

      »Frauke, was soll ich tun? Ich will das nicht weiter mit ansehen! Für mich war der Weg richtig! Aber mich beschleicht die Erkenntnis, daß Dirk gerne etwas anderes getan hätte. Erzähle mir von ihm. Was hat ihm als Kind Freude gemacht? Wofür hat er sich begeistert?«

      Frauke stand auf. Sie ging ins Haus und kam einige Augenblicke später mit einigen dicken Fotoalben zurück. Sie legte sie Ingo auf den Schoß.

      »Hier, schau!«

      Ingo fuhr mit der Hand über den ledernen Einband. Er schlug das erste Fotoalbum auf. Er betrachtete Seite für Seite und Bild nach Bild. Er lächelte. Seine Frau war eine begeisterte Fotoamateurin. Sie hatte jedes Ereignis der drei Kinder festgehalten und sie in Alben geordnet.

      »Das sind Dirks Alben! Für jedes unserer Kinder habe ich solche Bände zusammengestellt. Viola hat ihre mit in ihre Wohnung genommen, als sie mit ihrem Freund zusammengezogen ist. Sie wollte ihm von ihrer Kindheit erzählen und bat mich um Fotos. Du kannst dir nicht vorstellen, wie begeistert sie war, ihr Leben so dargestellt zu finden.«

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