Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner Toni der Hüttenwirt Paket

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zurücknehmen.

      Sie beschlossen, daß Simon zurück zum ›Beim Baumberger‹ gehen sollte. In der Nacht, wenn Evi schlief, könnte Boyd sein Auto parken. Simon würde ihn dann am nächsten Morgen bei den Baumbergers abholen. Da bekäme Eveline Boyd keinesfalls zu sehen.

      So geschah es dann auch. Simon machte sich sofort auf den Weg.

      *

      Es war schon nach Mitternacht. Evi lag schlaflos in ihrem Bett und starrte mit offenen Augen an die Decke. Die Tür zum Balkon stand offen. Ein frischer Nachtwind wehte herein und bewegte sanft die hel-

      len Spitzenvorhänge. Die Kirchen-glocken von Waldkogel verkündete mit drei dunklen Schlägen, daß es halb ein Uhr in der Nacht war. Kaum waren die Glockenschläge verhallt, als ein Motorengeräusch vom Hof heraufdrang. Evis Herz klopfte. Die Gedanken jagten ihr durch den Kopf. Am Motorengeräusch hatte sie zweifelsfrei erkannt, daß es ein fremdes Auto war. Sie sprang aus dem Bett. Sie warf sich ein großes dunkles Schultertuch um und trat auf den Balkon. Langsam schob sich ein hellblauer Sportwagen über den Hof. Die Scheinwerfer waren abgeschaltet. Simon stand bei der Scheune und winkte im Mondlicht das Fahrzeug heran.

      Um nicht gesehen zu werden, ging Evi in die Hocke und lugte durch die Zwischenräume des hölzernen Balkongeländers. Im Auto saß Boyd. Sie konnte ihn im Licht des Vollmondes deutlich sehen. Evi preßte ihr Gesicht gegen das Holz. Sie schloß die Augen und legte ihre Hand auf die Brust, als wollte sie ihr Herz festhalten. Es schlug, als wollte es ihr die Brust sprengen. Ihr Puls raste. In ihrem Kopf drehte sich alles. Bei jedem Herzschlag hämmerte es in ihrem Innern – Boyd – Boyd – Boyd.

      Geräusche drangen an Evis Ohr. Ihr Bruder Simon schloß leise das große Scheunentor. Dann ging er mit Boyd über den Hof. Sie blieben vor dem Haus kurz stehen.

      Evi konnte gut hören, was die beiden leise sprachen.

      »Danke, Simon! Dann sehen wir uns morgen!«

      »Heute!«

      »Richtig! Heute! Wir haben schon nach Mitternacht! Dann bis später, so gegen neun Uhr bei den Baumbergers.«

      Evi hörte, wie ihr Bruder das Haus betrat und die Haustür von innen abschloß. Dann lauschte sie dem Klang von Boyds Schritten, der mit festem Tritt über den Hof in Richtung Straße ging.

      Evi konnte ihn durch den Spalt im Balkongeländer nicht mehr sehen. Sie zog sich hoch und schlich in gebeugter Haltung ans Ende. Dort konnte sie sich hinter den Blumenkästen mit der üppigen Bepflanzung gut verbergen. Vorsichtig, mit bebenden Händen und von einem leichten Zittern am ganzen Körper erfaßt, schob sie die Blüten auseinander und schaute hindurch. Es war nicht die nächtliche Kühle, die Evi so zittern ließ. Es war ein anderes Gefühl, das neu für sie war und das sie bisher niemals verspürt hatte. Sie fühlte, als wäre ihr heiß, als hätte sie Fieber und gleichzeitig fror sie. Ihre Augen verfolgten Boyd, bis sie ihn in der Dunkelheit nicht mehr ausmachen konnte.

      Dann richtete sie sich auf und torkelte mehr als daß sie ging zu einem Gartensessel, der auf dem Balkon stand. Sie ließ sich hineinfallen. Sie zog die Beine fest an den Körper, schob ihr langes Nachthemd über die nackten Füße und hüllte sich eng in das große Umschlagtuch. Evi legte das Kinn auf die hochgezogenen Knie und schaute hinauf zu den Sternen und dem Vollmond. Die Weite und Ruhe des Universums legte sich auf ihr aufgewühltes Herz. Die Nacht ist so schön, dachte sie. Es scheint, als lächle der Mond. Er sieht richtig lieb aus, wie ein guter, guter Freund.

      Evi seufzte leise.

      »Ja, guter Mond, du hast alles gesehen!« flüsterte sie leise. »Sag, du bist doch weise und siehst alles jede Nacht, wenn du dort oben am Himmel stehst. Ich kann nur dich fragen.«

      Die Frage flüsterte Evi nicht. Sie dachte sie nur, sei es aus Angst, daß sie doch jemand hören konnte, sei es aus Angst, sie auszusprechen, weil es dann keine Frage mehr war, sondern eine Antwort, eine Tatsache, eine Erkenntnis, wie sie sich jedem jungen Madl einmal stellte.

      Ist es so, wenn einem Madl ein Bursche gefällt?

      Ist es so, wenn man sein Herz verliert?

      Ist es so, wenn man sich verliebt?

      Das waren gleich drei Fragen, doch Evi hatte noch mehr auf ihrem Herzen. Sie war müde und wollte jetzt, da sie alleine war, nicht gegen das schöne Gefühl in ihrem Herzen ankämpfen. Jetzt mußte sie sich nicht verstecken, verteidigen, auf Abwehrstellung gehen.

      Evi gab sich ganz ihren Träumen hin – Träume, die sie mit offenen Augen träumte, – Träumen, von denen sie niemals jemanden erzählen würde, – Träumen, die nur in der Stille der Nacht von einem liebenden Herz geträumt werden. Evi ließ sich treiben. Sie lehnte sich auf dem Sessel zurück und genoß die Fantasien, die aus dem innersten Winkel ihres Herzen langsam und behutsam hervorkamen. Gefühle, Hoffnungen, Sehnsüchte bahnten sich den Weg in ihr Bewußtsein. Evi schämte sich erst etwas vor sich selbst, so als würde sie sündhaften Gedanken nachhängen. Doch die Gefühle waren so rein und so natürlich, daß sie es einfach nur geschehen ließ.

      Das muß wohl so sein, wenn man jemand begegnet ist, der so schöne, so wunderschöne dunkelbraune Augen hat, voller Sanftheit und Wärme.

      Boyd war bestimmt nicht der erste Bursche, den sich Evi näher angesehen hatte. Auf Festen in Waldkogel tanzte sie gerne. Sie war auch in verschiedenen Vereinen, in denen sich die jungen Leute, die Burschen und Madln von Waldkogel und der Umgebung regelmäßig trafen. Doch noch niemals war ihr eine so kurze Begegnung so nahe gegangen. Evi überlegte, welche Vorstellung sie davon gehabt hatte, wie es werden würde, wenn sie sich einmal verliebt. So sehr sie sich auch bemühte, sie konnte sich nicht mehr erinnern. Die Gefühle überlagerten alles. Es war, als wäre eine Tür am Ende eines langen, langen Weges aufgestoßen worden und dahinter zeigten sich alle Schönheit und Lieblichkeit so wunderbar, daß ein Blick zurück, ein Umdrehen ganz unmöglich war, weil jede Faser des Herzens gebannt die Lieblichkeit dieses einst so heiß ersehnten Ortes aufsaugte und alles erfüllte. So erfüllte, daß für nichts anderes mehr Raum blieb.

      Eva schaute hinauf in Richtung der Gipfel vom ›Engelssteig‹ und dem ›Höllentor‹. Evi mußte schmunzeln. Da wird sich der Teufel ganz schön ärgern, wenn er sieht, wie die dunkle Wolke über seinem Gipfel mir den Boyd gebracht hat.

      Doch dann erschrak Evi über ihren Gedanken. Ja, es war so. Es hing eine schwarze, eine tiefschwarze, Angst einflößende Wolke am frühen Abend über dem Gipfel des ›Höllentors‹. Es war diese Wolke, die Boyd so fasziniert hatte und er deshalb den Namen des Berges wissen wollte. Das konnte doch nichts Gutes bedeuten, oder? Eveline fröstelte es plötzlich sehr.

      War es die Angst, die sich langsam um ihr sorgloses und glückliches Herz legte?

      Ich muß vorsichtig sein, schoß es Evi durch den Kopf. Das bringt nichts mit diesem Fremden. Es soll mir eine Warnung sein, oder? Die Kälte kroch ihr jetzt in alle Glieder. Sie stand auf und ging hinein. Sie legte sich in ihr Bett, kuschelte sich tief in die Kissen und zog die Decke so hoch hinauf, als wollte sie sich ganz unter ihr verstecken. Sie fror noch eine Weile. Sie rieb die kalten Füße aneinander und zog die Daunendecke ganz eng an den Körper. Langsam wurde ihr wärmer. Mit der Wärme sank Evi mit einem unbewußten Lächeln hinüber ins Land der Träume.

      *

      Boyd ging auf direktem Weg zur Pension zurück. Wie klar der Himmel hier ist, dachte er. Wie gut man die Sterne und den Mond hier sehen kann, viel besser als in der großen Stadt. Da und dort bellte ein Hund. Es waren nur noch wenige Fenster erleuchtet. Boyd bemühte sich,

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