Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac
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»Das hatte ich von dir erwartet, Frauchen«, sagte Cäsar Birotteau. »Aber so dumm bin ich noch nicht (obwohl du mich ja für sehr dumm hältst), daß ich daran nicht gedacht hätte. Nun höre mir aber ernsthaft zu. Alexander Crottat paßt uns vortrefflich als Schwiegersohn, und er wird Roguins Notariat erwerben; aber meinst du denn, daß er sich mit einer Mitgift von hunderttausend Franken begnügen wird (ich setze dabei voraus, daß wir alle unsre flüssigen Mittel für die Heirat unsrer Tochter hergeben, was auch meine Absicht ist; denn ich würde mich für den Rest meiner Tage gern mit trocknem Brot begnügen, wenn ich sie glücklich wie eine Königin sehen könnte, also als die Frau eines Pariser Notars, wie du sagst)? Nun, hunderttausend Franken oder selbst achttausend Franken Rente sind nichts, wenn man das Notariat Roguins kaufen will. Der kleine Xandrot, wie wir ihn nennen, hält uns, wie alle Welt, für viel reicher, als wir sind. Wenn sein Vater, der dicke Gutspächter, der ein richtiger Hamster ist, nicht auch für hunderttausend Franken Land verkauft, wird Xandrot nicht Notar werden, denn das Notariat Roguins ist vier- bis fünfhunderttausend Franken wert. Wenn Crottat nicht die Hälfte in bar zahlt, wie soll das Geschäft zustandekommen? Cäsarine muß zweihunderttausend Franken Mitgift bekommen; und ich will, daß, wenn wir uns vom Geschäft zurückziehen, wir es als wohlhabende Bürger mit fünfzehntausend Franken Rente tun. Also, wenn du das als sonnenklar einsiehst, wirst du dann nicht dein Schnäbelchen halten müssen?«
»Ja, wenn dir die Schätze von Peru gehören …«
»Ja, mein Herz, sie gehören mir. Ja,« sagte er, faßte seine Frau um die Taille und gab ihr ein paar leichte Klapse, erregt von der Freude, die sein ganzes Gesicht belebte. »Ich habe mit dir von dieser Sache noch nicht reden wollen, bevor sie reif war; aber morgen wird sie wahrscheinlich zustande kommen. Also höre: Roguin hat mir eine Spekulation vorgeschlagen, die so sicher ist, daß er sich mit Ragon, deinem Onkel Pillerault und noch zwei andern seiner Klienten daran beteiligt. Wir wollen an der Madeleine-Kirche Terrains kaufen, die wir nach der Berechnung Roguins für ein Viertel des Wertes haben können, den sie in drei Jahren erreichen müssen, wo wir sie dann, wenn ihre Verpachtung abgelaufen sein wird, nach unserem Belieben ausschlachten können. Wir beteiligen uns alle sechs daran mit bestimmten Anteilen, ich mit dreihunderttausend Franken für drei Achtel. Wenn einer von uns Geld braucht, wird Roguin ihm das verschaffen, indem er auf seinen Anteil eine Hypothek aufnimmt. Um den Stiel der Pfanne in der Hand zu behalten und zu sehen, wie der Fisch brät, will ich, dem Namen nach, Eigentümer der einen Hälfte sein, die Pillerault, dem guten Ragon und mir zusammen gehört. Roguin wird unter dem Namen eines Herrn Karl Claparon der andere Mitbesitzer sein und, wie ich, seinen Sozien einen Revers ausstellen. Die Kaufurkunde wird in privatschriftlicher Verschreibung ausgestellt, bis wir Besitzer aller Terrains sind. Roguin wird genau prüfen, welche Kontrakte realisiert werden müssen, denn er weiß noch nicht gewiß, ob wir die Eintragung ins Grundbuch vermeiden und die Kosten auf diejenigen, an die wir dann im einzelnen verkaufen werden, abwälzen können; aber das dauert zu lange, wenn ich dir das erklären wollte. Sind die Terrains bezahlt, so haben wir nichts zu tun, als mit gekreuzten Armen zuzusehen, und in drei Jahren besitzen wir eine Million. Cäsarine wird dann ihr zwanzigstes Jahr erreicht haben, dann verkaufen wir unser Geschäft und können, dank dem Himmel, bei aller Bescheidenheit zu hoher Stellung aufsteigen.«
»So, und wo willst du die dreihunderttausend Franken hernehmen?« sagte Frau Birotteau.
»Von Geschäften verstehst du nichts, mein Herz. Ich gebe die hunderttausend Franken her, die bei Roguin stehen, vierzigtausend Franken nehme ich auf die Baulichkeiten und das Gartenland unsrer Fabrik im Faubourg du Temple auf, für zwanzigtausend haben wir Wechsel im Portefeuille, das sind zusammen hundertsechzigtausend Franken. Bleiben noch hundertvierzigtausend, für die ich Wechsel an die Order des Bankiers Karl Claparon geben werde; er übernimmt die Valuta dafür nach Abzug des Diskonts. Damit sind unsre hunderttausend Taler bezahlt: vor dem Termin braucht man nicht zu zahlen. Werden die Wechsel fällig, so können wir sie mit unsern Überschüssen einlösen. Und können wir das nicht, so wird Roguin mir Geld zu fünf Prozent leihen und es als Hypothek auf meinen Anteil an den Terrains eintragen lassen. Aber es wird gar nicht zu diesem Geldborgen kommen: ich habe eine Essenz gegen den Haarschwund erfunden, das Comagenöl! Livingston hat mir eine hydraulische Presse aufgestellt, mit der ich mein Öl aus Nüssen herstelle, denen unter solchem Druck all ihr Öl sofort ausgepreßt wird. Nach meinen Berechnungen werde ich wenigstens hunderttausend Franken daran verdienen. Ich brüte über einer Annonce, die mit den Worten beginnen soll: ›Weg mit den Perücken!‹ und die eine großartige Wirkung machen wird. Du hast von meinen schlaflosen Nächten gar nichts gemerkt! Schon seit drei Monaten raubt mir der Erfolg des Makassaröls den Schlaf. Aber ich will das Makassaröl schon tot machen!«
»Das sind also die feinen Projekte, mit denen du seit zwei Monaten dein Gehirn abarbeitest, ohne daß du mir etwas davon sagst. Eben habe ich mich als Bettlerin an meiner eigenen Tür erblickt, das war ein Wink des Himmels. In kurzer Zeit wird uns nichts weiter bleiben als die Augen, um sie uns aus dem Kopfe zu weinen. Solange ich lebe, wirst du die Sache nicht machen, verstehst du mich, Cäsar? Dahinter stecken gewisse Machenschaften, die du nicht merkst, du bist zu anständig und zu ehrlich, um bei andern Betrügereien zu vermuten. Weshalb bieten sie dir Millionen an? Du beraubst dich aller deiner Ersparnisse, du engagierst dich über deine Mittel hinaus, und wenn nun die Wertsteigerung der Terrains nicht eintritt, womit willst du dann deine Wechsel bezahlen? Etwa mit den Schalen deiner Nüsse? Um in die feine Gesellschaft