Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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des­halb wol­len die­se Leu­te dein Geld ha­ben.«

      »Aber wel­che Leu­te denn, mein Kind? Etwa dein On­kel Pil­ler­ault, der uns lieb hat wie sein eig­nes Fleisch, und alle Sonn­ta­ge bei uns ißt? Oder der gute alte Ra­gon, un­ser Vor­gän­ger, der vier­zig Jah­re eh­ren­haf­ten Le­bens hin­ter sich hat und mit dem wir un­sern Bo­ston spie­len? Oder schließ­lich Ro­guin, ein Pa­ri­ser No­tar, ein Mann von sie­ben­und­fünf­zig Jah­ren, der sein No­ta­ri­at seit fünf­und­zwan­zig Jah­ren ver­wal­tet? Ein Pa­ri­ser No­tar, das wäre der Gip­fel, wenn nicht alle eh­ren­haf­ten Leu­te den glei­chen Wert hät­ten. Also, wenn Not am Mann wäre, wür­den mir mei­ne So­zi­en schon bei­sprin­gen! Wo ist denn nun also das Kom­plott, mein Lieb­chen? Aber ich muß dir ein­mal mei­ne Mei­nung sa­gen! So wahr ich ein an­stän­di­ger Mensch bin, das liegt mir auf dem Her­zen. – Im­mer bist du miß­trau­isch wie eine Kat­ze ge­we­sen! So­bald wir nur für zwei Sous Ei­gen­tum in un­serm La­den hat­ten, hast du die Kun­den für Spitz­bu­ben ge­hal­ten. – Knie­fäl­lig muß man dich bit­ten, daß du ge­stat­test, dich reich zu ma­chen! Für ein Pa­ri­ser Kind hast du wirk­lich recht we­nig Ehr­geiz! Wenn du nicht ewig klag­test, könn­te es kei­nen glück­li­che­ren Men­schen ge­ben als mich! – Wenn ich auf dich ge­hört hät­te, nie­mals hät­t’ ich die Sul­tan­in­nen-Pas­te und das Eau Car­mi­na­ti­ve ge­macht. Un­ser La­den­ge­schäft hat uns wohl er­nährt, aber die­se bei­den Er­fin­dun­gen und uns­re Sei­fen ha­ben uns hun­dert­sech­zig­tau­send Fran­ken ein­ge­bracht, die wir klar und nett be­sit­zen! – Ohne mei­ne Er­fin­dungs­ga­be – und ich habe Ta­lent für die Par­fü­me­rie – wä­ren wir klei­ne De­tail­händ­ler ge­blie­ben, wir wür­den uns pla­gen müs­sen, um un­ser Aus­kom­men zu ha­ben, ich wür­de nicht zu den an­ge­se­he­nen Kauf­leu­ten ge­hö­ren, die für die Wahl zum Han­dels­rich­ter in Fra­ge kom­men, ich wür­de we­der Rich­ter noch Bei­ge­ord­ne­ter ge­wor­den sein! Weißt du, was ich wäre? Ein Krä­mer, wie der alte Ra­gon ei­ner war, wo­mit ich ihn nicht be­lei­di­gen will, denn ich ach­te das La­den­ge­schäft, un­ser Haupt­ver­mö­gen rührt ja da­her! – Aber nach vier­zig Jah­ren Han­del mit Par­füms wür­den wir wie er drei­tau­send Fran­ken Ren­te ha­ben; und bei dem, was heu­te al­les kos­tet, wo sich die Prei­se ver­dop­pelt ha­ben, wür­den wir, wie sie, kaum zu le­ben ha­ben. (Täg­lich ma­che ich mir um das alte Ehe­paar im­mer mehr Sor­gen. Ich muß da end­lich mal klar se­hen, und ich wer­de das ent­schei­den­de Wort mor­gen von Po­pi­not hö­ren!) – Wäre ich dei­nem Rate ge­folgt, dir, die du im­mer in Sor­gen bist und dich im­mer fragst, ob du das, was du heu­te in der Hand hast, mor­gen noch ha­ben wirst, so wür­de ich kei­nen Kre­dit, wür­de nicht das Kreuz der Ehren­le­gi­on und nicht die Aus­sicht ha­ben, eine po­li­ti­sche Per­sön­lich­keit zu wer­den. Ja, schütt­le nur den Kopf, wenn uns­re An­ge­le­gen­heit zu­stan­de kommt, kann ich De­pu­tier­ter von Pa­ris wer­den. Oh, nicht um­sonst hei­ße ich Cäsar, mir ist al­les ge­glückt. – Es ist nicht zu glau­ben, je­der­mann er­klärt mich für einen fä­hi­gen Kopf; nur zu Hau­se hält mich die ein­zi­ge, der zu­lie­be ich so hand­le, daß ich Blut und Was­ser schwit­ze, um sie glück­lich zu ma­chen – aus­ge­rech­net hält mich ge­ra­de die für einen Dumm­kopf.«

      Ob­wohl die­se Phra­sen durch be­red­te Pau­sen un­ter­bro­chen und wie Ku­geln ab­ge­schos­sen wur­den, wie es von all de­nen ge­schieht, die sich in die Brust wer­fen, um ih­ren Geg­ner zu be­schul­di­gen, drück­ten sie doch gleich­zei­tig eine so tie­fe, so un­er­schüt­ter­li­che Zu­nei­gung aus, daß sich Frau Bi­rot­teau im In­ners­ten be­wegt fühl­te; aber wie alle Frau­en be­nütz­te sie die Lie­be, die sie ein­flö­ßte, um die Sa­che zu ih­ren Guns­ten zu ent­schei­den.

      »Nun also, Bi­rot­teau,« sag­te sie, »dann laß mich doch auf mei­ne Wei­se glück­lich wer­den. We­der du noch ich ha­ben eine Er­zie­hung ge­nos­sen, wir kön­nen we­der uns un­ter­hal­ten noch einen Die­ner ma­chen, wie die Leu­te der fei­nen Ge­sell­schaft: und wie sol­len wir da in ei­ner öf­fent­li­chen Stel­lung Er­folg ha­ben? Und ich, ich wür­de so glück­lich in Tré­so­rières sein! Im­mer habe ich die Tie­re und die klei­nen Vö­gel gern ge­habt, und ich wür­de so gern mein Le­ben da­mit ver­brin­gen, für die Hüh­ner zu sor­gen und eine Land­frau zu sein. Wir wol­len un­ser Ge­schäft ver­kau­fen, Cäsa­ri­ne ver­hei­ra­ten und du laß dei­nen Grö­ßen­wahn fah­ren. Wir wer­den den Win­ter in Pa­ris le­ben, bei un­serm Schwie­ger­sohn, wir wer­den so glück­lich sein, und nichts, was in der Po­li­tik oder im Han­del pas­siert, wird uns­re Le­bens­wei­se be­ein­flus­sen kön­nen. Wa­rum wol­len wir denn die an­dern tot ma­chen? Ge­nügt un­ser jet­zi­ges Ver­mö­gen nicht für uns? Wenn du Mil­lio­när sein wirst, kannst du dann zwei­mal Mit­tag­brot es­sen? Wünschst du dir noch eine an­de­re Frau als mich? Denk doch an mei­nen On­kel Pil­ler­ault! Der hat sich ver­stän­di­ger­wei­se mit sei­nem klei­nen Ver­mö­gen be­gnügt und ver­bringt sein Le­ben da­mit, an­dern Gu­tes zu tun. Braucht der etwa schö­ne Mö­bel? Na­tür­lich hast du schon die Mö­bel für mich be­stellt: ich habe Bra­schon hier ge­se­hen, und er ist si­cher nicht her­ge­kom­men, um Par­füms zu kau­fen.«

      »Ja­wohl, mein Herz, dei­ne Mö­bel sind schon be­stellt und mit den Ar­bei­ten hier wird mor­gen an­ge­fan­gen; ge­lei­tet wer­den sie von ei­nem Archi­tek­ten, den mir Herr von La Bil­lar­diè­re emp­foh­len hat.«

      »Mein Gott,« rief sie aus, »er­bar­me dich un­ser!«

      »Aber so sei doch ver­nünf­tig, lie­bes Kind. Willst du dich denn mit sie­ben­und­drei­ßig Jah­ren, so frisch und hübsch, wie du bist, in Chi­non be­gra­ben? Ich bin ja auch erst, Gott­lob, neun­und­drei­ßig. Das Glück er­öff­net mir eine neue Lauf­bahn, soll ich sie nicht be­tre­ten? Wenn ich mich hier mit der ge­bo­te­nen Vor­sicht be­we­ge, dann kann ich ein Haus be­grün­den, das un­ter der Pa­ri­ser Bour­geoi­sie eh­ren­voll ge­nannt wird, wie das frü­her ge­sche­hen ist; dann kann ich die Bi­rot­te­aus be­grün­den, wie es die Kel­lers gibt, die Ju­les Des­ma­rets, die Ro­gu­ins, die Guil­lau­mes, die Le­bas, die Nu­cin­gens, die Sail­lards, die Po­pi­nots, die Ma­ti­fats, die in ih­rem Vier­tel et­was be­deu­ten oder be­deu­tet ha­ben. Und wenn noch die­se Sa­che nicht so si­cher wie Gold wäre …«

      »Si­cher?«

      »Ja­wohl, si­cher. Seit zwei Mo­na­ten habe ich es mir aus­ge­rech­net. Ohne daß je­mand et­was ge­merkt hat, habe ich über die Bau­ten im Stadt­hau­se und bei den Archi­tek­ten und Un­ter­neh­mern Er­kun­di­gun­gen ein­ge­zo­gen. Herr Grin­dot, der jun­ge Archi­tekt, der un­se­re Woh­nung um­än­dern soll, ist un­glück­lich, daß ihm das Geld fehlt, um sich an un­se­rer Spe­ku­la­ti­on zu be­tei­li­gen.«

      »Weil er die Bau­ten aus­füh­ren will, des­halb drängt er euch dazu und will euch aus­nut­zen.«

      »Las­sen sich Leu­te wie Pil­ler­ault, Karl Cla­paron und Ro­guin aus­nut­zen? Nein, der Ge­winn ist so si­cher wie bei der Sul­tan­in­nen-Pas­te.«

      »Aber, Liebs­ter, was hat Ro­guin denn nö­tig, zu spe­ku­lie­ren, wenn er auf sein No­ta­ri­at nichts mehr schul­dig ist und ein Ver­mö­gen ge­macht hat? Ich sehe ihn manch­mal vor­bei­ge­hen, sor­gen­vol­ler als ein Staats­mi­nis­ter, mit et­was Ver­steck­tem in sei­nem Blick, was mir nicht ge­fällt; als

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