Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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Ver­mö­gen er­wer­ben wür­de, das er ja auch nur Glücks­fäl­len ver­dank­te, de­nen man sich al­lein in der Ju­gend über­lie­fert; er ge­dach­te also in der Tou­rai­ne ein Mäd­chen zu hei­ra­ten, das eben­so reich wäre wie er, um dann Les Tré­so­rières kau­fen und be­bau­en zu kön­nen, ein klei­nes Gut, wo­nach er, seit­dem er er­wach­sen war, sich ge­sehnt hat­te, das er zu ver­grö­ßern hoff­te, wor­aus er ein Ein­kom­men von tau­send Ta­lern zu er­zie­len ge­dach­te und wo er in der Ver­bor­gen­heit ein glück­li­ches Le­ben füh­ren woll­te. Schon woll­te er ab­leh­nen, als die Lie­be plötz­lich alle sei­ne Plä­ne über den Hau­fen warf und sei­ne ehr­gei­zi­gen An­sprü­che ver­zehn­fach­te.

      Seit­dem ihn Ur­su­la ver­las­sen hat­te, war Cäsar keusch ge­blie­ben, eben­so­sehr aus Angst vor den Ge­fah­ren, die ei­nem in Pa­ris in Lie­bes­an­ge­le­gen­hei­ten dro­hen, als in­fol­ge sei­ner Ar­beit. Wenn aber die Lie­bes­sehn­sucht ohne Er­fül­lung bleibt, ver­wan­delt sie sich in ein zwin­gen­des Be­dürf­nis; dann wird das Hei­ra­ten für die Leu­te aus dem Mit­tel­stan­de zu ei­ner fi­xen Idee, denn nur auf die­sem Wege kön­nen sie ein Weib er­obern und sich zu ei­gen ma­chen. In die­sem Zu­stan­de be­fand sich Cäsar Bi­rot­teau. In dem Ge­schäft der Ro­sen­kö­ni­gin las­te­te al­les auf dem ers­ten Kom­mis; er hat­te kei­nen Au­gen­blick für Ver­gnü­gun­gen üb­rig. Bei ei­nem sol­chen Le­ben wer­den jene Be­dürf­nis­se um so drin­gen­der, und die Be­geg­nung mit ei­nem hüb­schen Mäd­chen, an die ein lie­der­li­cher Kom­mis kaum wei­ter ge­dacht hät­te, muß­te auf den keu­schen Cäsar den größ­ten Ein­druck ma­chen. Als er an ei­nem schö­nen Ju­ni­ta­ge über die Ma­ri­en­brücke nach der In­sel Saint-Louis kam, er­blick­te er ein jun­ges Mäd­chen, das vor der Tür ei­nes La­dens an ei­ner Ecke des Quai d’An­jou stand. Kon­stan­ze Pil­ler­ault war die ers­te Ver­käu­fe­rin in ei­nem Mo­de­wa­ren­ge­schäft, der Pe­tit-Ma­te­lot ge­nannt, dem ers­ten die­ser Art Ge­schäf­te, die seit­dem in Pa­ris mit mehr oder we­ni­ger be­mal­ten Schil­dern, flat­tern­den Wim­peln, Schau­fens­tern voll von hän­gen­den Schals, Kra­wat­ten, die auf Kar­ten­häu­sern ar­ran­giert wa­ren, und tau­send an­dern ver­füh­re­ri­schen Wa­ren, mit fes­ten Prei­sen, Tä­fel­chen, An­zei­gen, op­ti­schen Täu­schun­gen und Ef­fek­ten eine sol­che Voll­kom­men­heit er­reicht ha­ben, daß die­se Schau­fens­ter zu wah­ren kauf­män­ni­schen Ge­dich­ten ge­wor­den sind. Der nied­ri­ge Preis al­ler die­ser so­ge­nann­ten Nou­veautés, die man im Pe­tit-Ma­te­lot fand, be­wirk­te einen rie­si­gen Zu­lauf an die­ser für den Ver­kehr und den Han­del am we­nigs­ten güns­ti­gen Stel­le von Pa­ris. Die­se ers­te Ver­käu­fe­rin war da­mals ih­rer Schön­heit we­gen eben­so be­kannt, wie es spä­ter die schö­ne Kell­ne­rin des Cafés des Mil­le-Co­lon­nes und meh­re­re an­de­re arme We­sen wur­den, de­rent­we­gen sich mehr jun­ge und alte Na­sen nach den Fens­tern der Mo­de­ge­schäf­te, Cafés und an­de­rer Lä­den er­ho­ben, als es Pflas­ter­stei­ne in den Stra­ßen von Pa­ris gibt. Der ers­te Kom­mis der Ro­sen­kö­ni­gin, der zwi­schen Saint-Roch und der Rue de la Sour­diè­re wohn­te und al­lein mit sei­ner Par­füm­hand­lung be­schäf­tigt war, hat­te kei­ne Ah­nung von der Exis­tenz des Pe­tit-Ma­te­lot; denn die klei­nen Ge­schäf­te in Pa­ris wis­sen eins vom an­dern nichts. Cäsar war von der Schön­heit Kon­stan­zens so hef­tig be­wegt, daß er ganz auf­ge­regt in den Pe­tit-Ma­te­lot ein­trat, um sechs lei­ne­ne Hem­den zu kau­fen, um de­ren Preis er lan­ge han­del­te und wo­bei er sich Stö­ße von Lei­nen vor­le­gen ließ, nicht an­ders als eine Eng­län­de­rin, die zu ih­rem Ver­gnü­gen her­um­han­delt (shop­ping). Die ers­te Ver­käu­fe­rin ließ sich her­ab, Cäsar zu be­die­nen, da sie an ge­wis­sen An­zei­chen, die alle Frau­en ken­nen, wohl be­merk­te, daß es Cäsar viel mehr um die Ver­käu­fe­rin als um die Ware zu tun war. Er nann­te ihr sei­nen Na­men und sei­ne Adres­se, sie zeig­te sich aber zum Er­stau­nen des Kun­den nach dem Kauf sehr gleich­gül­tig. Der arme Kom­mis hat­te we­nig zu tun brau­chen, um das Ent­ge­gen­kom­men Ur­su­las zu er­rei­chen, er war un­be­hol­fen wie ein Schöps; die Lie­be ließ ihn noch un­ge­schick­ter er­schei­nen, er wag­te kein Wort zu re­den und war auch zu sehr ge­blen­det, um die Gleich­gül­tig­keit, die auf das Lä­cheln der ver­füh­re­ri­schen Ver­käu­fe­rin folg­te, wahr­zu­neh­men.

      Acht Tage lang stand er alle Abend vor dem Pe­tit-Male­lot auf Wa­che, um einen Blick zu er­ha­schen, wie ein Hund, der an ei­ner Kü­chen­tür um einen Kno­chen bet­telt, ohne sich um die spöt­ti­schen Be­mer­kun­gen der Kom­mis und La­den­fräu­leins zu küm­mern und de­mü­tig den Käu­fern und Passan­ten platz­ma­chend, die auf die klei­nen Vor­komm­nis­se im La­den auf­paß­ten. Ei­ni­ge Tage spä­ter be­trat er von neu­em das Pa­ra­dies, in dem sein En­gel weil­te, we­ni­ger, um Ta­schen­tü­cher zu kau­fen, als um ihr eine glän­zen­de Idee mit­zu­tei­len.

      »Wenn Sie Par­fü­me­ri­en brau­chen soll­ten, Fräu­lein, dann kann ich sie Ih­nen eben­so­gut lie­fern«, sag­te er, als er be­zahl­te.

      Kon­stan­ze Pil­ler­ault er­hielt täg­lich glän­zen­de An­trä­ge, bei de­nen aber nie­mals von Hei­ra­ten die Rede war; und ob­wohl ihr Herz eben­so rein und weiß wie ihre Stirn war, ent­schloß sie sich doch erst nach sechs Mo­na­ten Hin- und Her­ge­hens, wo­bei Cäsar sei­ne un­er­schüt­ter­li­che Lie­be be­wies, sei­ne Hul­di­gun­gen an­zu­neh­men, aber noch ohne sich zu er­klä­ren, eine Vor­sicht, die ihr die Un­zahl von An­be­tern, Wein­groß­händ­lern, rei­chen Kaf­fee­h­aus­be­sit­zern und an­de­ren, die mit ihr lieb­äu­gel­ten, ge­bot. Der Lieb­ha­ber hat­te sich hin­ter Kon­stan­zens Vor­mund, den Herrn Clau­de-Jo­seph Pil­ler­ault, einen Ei­sen­wa­ren­händ­ler am Quai de la Fer­rail­le, ge­steckt, den er auf Schleich­we­gen, wie sie nur die ech­te Lie­be zu ent­de­cken weiß, auf­ge­spürt hat­te. Um die­se Er­zäh­lung nicht auf­zu­hal­ten, müs­sen die Freu­den ei­ner un­schul­di­gen Pa­ri­ser Lie­be mit Still­schwei­gen über­gan­gen wer­den; nicht zu re­den von den Ver­schwen­dun­gen, die Kom­mis bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten sich zu er­lau­ben pfle­gen: die ers­ten Me­lo­nen, fei­ne Di­ners bei Ve­nua mit nach­fol­gen­dem Be­such des Thea­ters, Land­par­ti­en am Sonn­tag im Wa­gen. Ohne hübsch zu sein, war Cäsars Per­son doch so be­schaf­fen, daß ihn ein Weib lie­ben konn­te. Das Le­ben in Pa­ris und der Auf­ent­halt in dunklen Räu­men hat­ten schließ­lich die et­was leb­haf­te Fär­bung sei­nes bäu­ri­schen Teints ver­blas­sen las­sen. Sein über­rei­ches schwar­zes Haar, sein Hals, wie der ei­nes nor­man­ni­schen Gauls, sei­ne mäch­ti­gen Glie­der, sein ge­ra­des, ehr­li­ches We­sen, al­les trug dazu bei, daß man güns­tig für ihn ge­stimmt wur­de. Der On­kel Pil­ler­ault, der über das Wohl der Toch­ter sei­nes Bru­ders zu wa­chen hat­te, bil­lig­te, nach ein­ge­zo­ge­nen Er­kun­di­gun­gen, die Wün­sche des Tou­rai­ners. Im Jah­re 1800, im schö­nen Mo­nat Mai, wil­lig­te Fräu­lein Pil­ler­ault ein, Cäsar Bi­rot­teau zu hei­ra­ten, der vor Freu­de fast ohn­mäch­tig wur­de, als in Sceaux, un­ter ei­nem Lin­den­baum, Kon­stan­ze-Bar­be-Jo­se­phi­ne ihm ihr Ja­wort gab.

      »Du be­kommst einen gu­ten Mann, mein Kind«, sag­te Herr Pil­ler­ault zu ihr. »Er hat ein war­mes Herz und eine eh­ren­haf­te Ge­sin­nung; er ist lau­ter wie Gold und rein wie ein Je­sus­kind: das ist eine Per­le von Mann.«

      3

      Kon­stan­ze

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