Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac страница 30

Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

Скачать книгу

mach­ten ihn zu ei­nem der ge­ach­tets­ten Rich­ter. Selbst sei­ne Män­gel nütz­ten sei­ner Re­pu­ta­ti­on. Da er emp­fand, daß er ein un­be­deu­ten­der Kopf war, ord­ne­te Cäsar wil­lig sei­ne Ein­sicht der sei­ner Kol­le­gen un­ter, die sich ge­schmei­chelt fühl­ten, wenn er ih­nen so auf­merk­sam zu­hör­te; die einen be­müh­ten sich um die still­schwei­gen­de Zu­stim­mung ei­nes Man­nes, den sie, weil er zu­zu­hö­ren ver­stand, für einen tie­fen Geist hiel­ten; die an­dern rühm­ten ihn, weil sie sich über sei­ne Be­schei­den­heit und sei­ne Lie­bens­wür­dig­keit freu­ten. Die Par­tei­en lob­ten sein Wohl­wol­len und sei­ne ver­söh­nen­de Art, und oft wur­de er bei Strei­tig­kei­ten zum Schieds­rich­ter ge­wählt, wo­bei ihn sein ge­sun­der Men­schen­ver­stand wie einen Kadi ur­tei­len ließ. Wäh­rend der Dau­er sei­ner Amt­stä­tig­keit ver­stand er, sich eine Aus­drucks­wei­se an­zu­eig­nen, die vol­ler Ge­mein­plät­ze, durch­setzt mit Grund­sät­zen und Ur­tei­len, die in wohl­ab­ge­run­de­ten Phra­sen vor­ge­bracht wur­den, war, und die von ober­fläch­li­chen Leu­ten für Be­red­sam­keit an­ge­se­hen wur­de. Er ge­fiel so der na­tur­ge­mäß mit­tel­mä­ßi­gen Mehr­zahl, die für im­mer zu all­täg­li­cher Tä­tig­keit und An­schau­ung ver­dammt ist. Aber Cäsar ver­lor bei dem Ge­richt so viel Zeit, daß sei­ne Frau ihn schließ­lich nö­tig­te, auf die­se kost­spie­li­ge Ehre zu ver­zich­ten.

      Um 1813 be­gann für das Ehe­paar, dank ih­rer be­stän­di­gen Ei­nig­keit und dem wei­te­ren gu­ten Fort­schrei­ten auf ih­rem Le­bens­we­ge, eine Ära des Wohl­stan­des, den nichts mehr er­schüt­tern zu kön­nen schi­en. Herr und Frau Ra­gon, ihre Vor­gän­ger, ihr On­kel Pil­ler­ault, der No­tar Ro­guin, die Ma­ti­fats, Dro­gis­ten in der Rue des Lom­bards und Lie­fe­ran­ten der Ro­sen­kö­ni­gin, Jo­seph Le­bas, Tuch­händ­ler und Nach­fol­ger von Guil­lau­me in der »Ball­spie­len­den Kat­ze«, eine Leuch­te der Rue Saint-De­nis, der Rich­ter Po­pi­not, Frau Ra­g­ons Bru­der, Chif­fre­ville, vom Hau­se Pro­tez & Chif­fre­ville, Herr und Frau Co­chin, An­ge­stell­ter beim Schatz­amt und Kom­man­di­täre des Hau­ses Ma­ti­fat, der Abbé Loraux, der Beicht­va­ter die­ser Ge­sell­schaft, und ei­ni­ge an­de­re Per­so­nen bil­de­ten ih­ren Freun­des­kreis. Trotz sei­ner roya­lis­ti­schen Ge­sin­nung ur­teil­te die öf­fent­li­che Mei­nung güns­tig über Bi­rot­teau, der auch für sehr reich galt, ob­wohl er nur hun­dert­tau­send Fran­ken au­ßer sei­nem Ge­schäft be­saß. Sei­ne re­gu­lä­ren Ge­schäf­te, sei­ne Pünkt­lich­keit, sein Prin­zip, nie et­was schul­dig zu blei­ben und nie­mals Wech­sel zu es­komp­tie­ren, da­ge­gen aber Si­cher­hei­ten von sol­chen an­zu­neh­men, de­nen er da­mit hilf­reich sein konn­te, sei­ne Ge­fäl­lig­keit – all das ver­schaff­te ihm einen au­ßer­or­dent­li­chen Kre­dit. Er hat­te üb­ri­gens in der Tat viel Geld ver­dient; aber sei­ne Bau­ten und die Fa­brik hat­ten viel da­von ver­schlun­gen. Auch kos­te­te ihm sein Haus­halt an­nä­hernd zwan­zig­tau­send Fran­ken jähr­lich. Schließ­lich er­for­der­te die Er­zie­hung Cäsa­ri­nes, der ein­zi­gen, von Kon­stan­ze und ihm in glei­cher Wei­se an­ge­be­te­ten Toch­ter, star­ke Aus­ga­ben. We­der er noch sei­ne Frau sa­hen auf das Geld, wenn es sich dar­um han­del­te, ih­rer Toch­ter, von der sie sich nicht hat­ten tren­nen wol­len, ein Ver­gnü­gen zu be­rei­ten. Man stel­le sich die Freu­de die­ses ar­men, her­auf­ge­kom­me­nen Bau­ern­sohns vor, wenn er sei­ne süße Cäsa­ri­ne eine So­na­te von Stei­belt auf dem Kla­vier spie­len, oder eine Ro­man­ze sin­gen hör­te; wenn er sah, wie sie kor­rekt Fran­zö­sisch schrieb und wenn er sie be­wun­der­te, wie sie Ra­ci­ne, den Äl­te­ren und den Jün­ge­ren, las und ihm de­ren Schön­hei­ten er­klär­te, und wie sie eine Land­schaft zeich­ne­te oder ein Blatt in Se­pia mal­te! Was für ein Glücks­ge­fühl, wenn er sich in ei­ner so schö­nen, so rei­nen Blü­te wie­der auf­le­ben sah, die sich noch nicht von der müt­ter­li­chen Hut ge­trennt hat­te, kurz, in ei­nem En­gel, des­sen auf­kei­men­de Rei­ze und Ent­wick­lung mit lei­den­schaft­li­chem An­teil be­ob­ach­tet wur­den, ei­ner ein­zi­gen Toch­ter, die nie dar­an dach­te, ih­ren Va­ter ge­ring zu ach­ten oder sich über sei­nen Man­gel an Bil­dung lus­tig zu ma­chen, so sehr war sie eine ech­te Jung­frau. Als er nach Pa­ris kam, konn­te Cäsar le­sen, schrei­ben und rech­nen, aber da­mit war sei­ne Bil­dung zu Ende, sein ar­beit­sa­mes Le­ben hat­te ihm nicht ge­stat­tet, Ge­dan­ken und Kennt­nis­se, die in kei­ner Be­zie­hung zum Par­fü­me­rie­ge­schäft stan­den, sich an­zu­eig­nen. In stän­di­gem Ver­kehr mit Leu­ten, de­nen Wis­sen­schaf­ten und Li­te­ra­tur gleich­gül­tig wa­ren, und de­ren Bil­dung sich nur auf Spe­zi­al­ge­bie­te er­streck­te, und da er kei­ne Zeit hat­te, sich mit hö­he­ren Stu­di­en zu be­fas­sen, wur­de er ein Mann der Pra­xis. Er nahm not­wen­di­ger­wei­se die Spra­che, die Irr­tü­mer, die An­sich­ten der Pa­ri­ser Bour­geoi­sie an, die Mo­liè­re, Vol­taire und Rous­seau auf ih­ren Na­men hin be­wun­dert, die ihre Wer­ke kauft, sie aber nicht liest; die be­haup­tet, man müs­se or­moi­re sa­gen, weil die Frau­en in die­sem Mö­bel ihr »Gold« und ihre Klei­der auf­be­wahr­ten, die frü­her fast im­mer aus »Mo­hair« ge­macht wa­ren, und daß ar­moi­re ein kor­rum­pier­tes Wort sei. Po­tier, Tal­ma, die Mars sei­en zehn­fa­che Mil­lio­näre und leb­ten nicht so wie an­de­re mensch­li­che We­sen; der große Schau­spie­ler äße ro­hes Fleisch, die Mars ge­nös­se zu­wei­len auf­ge­lös­te Per­len, um es ei­ner be­rühm­ten ägyp­ti­schen Schau­spie­le­rin gleich­zu­tun. Der Kai­ser habe in sei­nen Wes­ten le­der­ne Ta­schen, um sei­nen Ta­bak gleich hand­voll zu sich neh­men zu kön­nen, er rei­te im Ga­lopp die Trep­pe der Oran­ge­rie in Ver­sail­les hin­auf. Die Schrift­stel­ler und Künst­ler stür­ben im Ho­spi­tal in­fol­ge ih­rer Ab­son­der­lich­kei­ten; sie sei­en üb­ri­gens alle Atheis­ten und man müs­se sich sehr hü­ten, sie bei sich zu emp­fan­gen.

      Jo­seph Le­bas er­zähl­te mit Ent­set­zen die Ge­schich­te der Ehe sei­ner Schwä­ge­rin Au­gus­ti­ne mit dem Ma­ler Som­mer­vieux. Die Astro­no­men leb­ten von Spin­nen. Die­se Hö­he­punk­te ih­rer Kennt­nis­se in der fran­zö­si­schen Spra­che, der dra­ma­ti­schen Kunst, der Po­li­tik, der Li­te­ra­tur, der Wis­sen­schaf­ten las­sen den Um­fang die­ser bour­geoi­sen In­tel­li­gen­zen er­ken­nen. Wenn ein Dich­ter durch die Rue des Lom­bards geht, so kann er, wenn er Wohl­ge­rü­che wahr­nimmt, von Asi­en träu­men. Er be­wun­dert Tän­ze­rin­nen in ei­ner Wirt­schaft und meint den Duft des Ve­ti­ver­gra­ses ein­zuat­men. Ge­blen­det von dem Glanz der Co­che­nil­le, glaubt er dar­in Dich­tun­gen der Brah­ma­nen, in­di­sche Re­li­gio­nen und Kas­ten wie­der­zu­fin­den. Wenn er ro­hes El­fen­bein sieht, so steigt er in Ge­dan­ken auf den Rücken ei­nes Ele­phan­ten, in ein Zelt von Mus­se­lin und pflegt dar­in der Lie­be wie der Kö­nig von La­ho­re. Aber der klei­ne Kauf­mann hat kei­ne Ah­nung, wo­her die Pro­duk­te, mit de­nen er han­delt, kom­men, noch wo sie wach­sen. Der Par­füm­händ­ler Bi­rot­teau ver­stand nicht ein Jota von Na­tur­ge­schich­te und Che­mie. Wenn er Vau­que­lin für einen großen Mann hielt, so be­trach­te­te er ihn als eine Aus­nah­me; er selbst stand auf der Höhe je­nes ehe­ma­li­gen Krä­mers, der eine Dis­kus­si­on über den Be­zug des Tees da­mit schloß, daß er mit schlau­er Mie­ne sag­te: »Der Tee kommt ent­we­der mit der Ka­ra­wa­ne oder aus Le Ha­vre.« Nach Bi­rot­te­aus Mei­nung gab es Aloe und Opi­um nur in der Rue des Lom­bards. Das an­geb­li­che Kon­stan­ti­no­pe­ler Ro­sen­was­ser wür­de wie das Köl­ni­sche Was­ser in Pa­ris fa­bri­ziert. Die Ur­sprungs­na­men sei­en Auf­schnei­de­rei­en den

Скачать книгу