Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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und vor­sich­ti­gen Teil, den Zwei­fel, die Op­po­si­ti­on, die Furcht; wäh­rend Cäsar die Kühn­heit, den Ehr­geiz, die Tat und das höchs­te Glück, das Her­aus­for­dern des Schick­sals, ver­kör­per­te. Trotz die­ses äu­ße­ren An­scheins aber zit­ter­te der Kauf­mann in­ner­lich, wäh­rend sei­ne Frau in Wahr­heit Ge­duld und Mut be­saß. So ge­lang es die­sem klein­mü­ti­gen, mit­tel­mä­ßi­gen, un­ge­bil­de­ten Man­ne ohne ei­ge­ne Ge­dan­ken, ohne Kennt­nis­se, ohne aus­ge­präg­ten Cha­rak­ter, auf dem schlüpf­rigs­ten Plat­ze der Welt, wo er am we­nigs­ten Aus­sicht auf Er­folg hat­te, durch sein klu­ges Be­neh­men, durch sein Rechts­ge­fühl, sei­ne wahr­haft christ­li­che See­len­gü­te und durch die Lie­be zu der ein­zi­gen Frau, die er je­mals be­ses­sen hat­te, für einen be­mer­kens­wer­ten, mu­ti­gen und klug über­le­gen­den Mann zu gel­ten. Die Men­schen ur­tei­len nur nach dem Er­fol­ge. Au­ßer Pil­ler­ault und dem Rich­ter Po­pi­not wa­ren die Mit­glie­der sei­nes Krei­ses, die ihn nur ober­fläch­lich sa­hen, nicht fä­hig, ihn rich­tig zu be­ur­tei­len. Üb­ri­gens re­de­ten die zwan­zig bis drei­ßig Freun­de, die un­ter sich ver­kehr­ten, die­sel­ben Al­bern­hei­ten, sie wie­der­hol­ten die­sel­ben Ge­mein­plät­ze und hiel­ten sich alle für über­le­ge­ne Leu­te in ih­rem Fa­che. Die Frau­en be­streb­ten sich, mit gu­ten Di­ners und Toi­let­ten her­vor­zu­ste­chen; eine jede von ih­nen hielt sich für ver­pflich­tet, ver­ächt­lich von ih­rem Mann zu re­den. Nur Frau Bi­rot­teau hat­te so­viel Takt, den ih­ri­gen vor den an­dern mit Ach­tung und Re­spekt zu be­han­deln; sie sah in ihm den Mann, der trotz sei­ner ver­steck­ten Un­fä­hig­keit ihr Ver­mö­gen ver­dient hat­te und des­sen An­se­hen sie teil­te. Aber sie frag­te sich manch­mal, wie die Ge­sell­schaft be­schaf­fen sein müs­se, wenn alle an­geb­lich her­vor­ra­gen­den Per­sön­lich­kei­ten ih­rem Man­ne gli­chen. Ihr Be­neh­men trug nicht we­nig dazu bei, die re­spekt­vol­le Ach­tung auf­recht zu hal­ten, die man dem Kauf­mann in ei­nem Lan­de ent­ge­gen­brach­te, wo die Frau­en meist ge­neigt sind, ihre Män­ner zu ver­ach­ten und sich über sie zu be­kla­gen.

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      Die ers­ten Tage des Jah­res 1814, die für das kai­ser­li­che Frank­reich so ver­häng­nis­voll wa­ren, mar­kier­ten sich bei den Bi­rot­te­aus durch zwei Er­eig­nis­se, die in je­dem an­dern Hau­se we­nig be­deu­tet hät­ten, die aber einen tie­fen Ein­druck auf so ein­fa­che See­len wie die Cäsars und sei­ner Frau mach­ten, die, wenn sie auf ihre Ver­gan­gen­heit zu­rück­blick­ten, dar­in nur an­ge­neh­me Er­re­gun­gen fan­den. Sie hat­ten als ers­ten Kom­mis einen jun­gen Mann von zwei­und­zwan­zig Jah­ren an­ge­nom­men, mit Na­men Fer­di­nand du Til­let. Die­ser jun­ge Mensch, der von ei­nem Par­fü­me­rie­hau­se, wo man ab­ge­lehnt hat­te, ihn am Ge­winn zu be­tei­li­gen, ab­ge­gan­gen war und der für ge­ni­al be­gabt ge­hal­ten wur­de, hat­te sich vie­le Mühe ge­ge­ben, bei der Ro­sen­kö­ni­gin an­zu­kom­men, de­ren Um­stän­de, Leis­tungs­fä­hig­keit und Ge­schäfts­ge­ba­ren ihm be­kannt wa­ren. Bi­rot­teau nahm ihn an und be­wil­lig­te ihm tau­send Fran­ken Ge­halt mit der Ab­sicht, ihn ein­mal zu sei­nem Nach­fol­ger zu ma­chen. Fer­di­nand hat­te auf das Ge­schick die­ser Fa­mi­lie einen so großen Ein­fluß, daß es nö­tig ist, ei­ni­ge Wor­te über ihn zu sa­gen. Zu­erst nann­te er sich ein­fach Fer­di­nand, ohne Fa­mi­li­enna­men. Die­se An­ony­mi­tät hielt er für einen au­ßer­or­dent­li­chen Vor­teil zu ei­ner Zeit, da Na­po­le­on die Fa­mi­li­en aus­preß­te, um Sol­da­ten zu be­kom­men. Ir­gend­wie war er eben zur Welt ge­kom­men, als die Frucht ei­ner kal­ten wol­lüs­ti­gen Lei­den­schaft. Über sei­ne Per­so­na­li­en mö­gen die fol­gen­den we­ni­gen An­deu­tun­gen ge­nü­gen. Im Jah­re 1793 hat­te ein ar­mes Mäd­chen aus Til­let, ei­nem klei­nen Ort nahe bei les An­de­lys nächt­li­cher­wei­le im Gar­ten des Vi­kars der Kir­che von Til­let ein Kind zur Welt ge­bracht und sich dann, nach­dem sie an die Fens­ter­lä­den ge­klopft hat­te, er­tränkt. Der gute Pries­ter nahm das Kind zu sich, gab ihm den Vor­na­men des Ka­len­der­hei­li­gen je­nes Ta­ges, zog es auf und hielt es wie ein ei­ge­nes Kind. Die­ser Pries­ter starb im Jah­re 1804, ohne ein für die be­gon­ne­ne Er­zie­hung aus­rei­chen­des Erbe zu hin­ter­las­sen. Nach Pa­ris ver­schla­gen, führ­te Fer­di­nand hier ein Fli­bus­tier­le­ben, des­sen Ge­fah­ren ihn zu Ver­mö­gen, aufs Scha­fott, in die Ad­vo­ka­tur, in die Ar­mee, in den Han­del­stand oder in den Diener­stand füh­ren konn­ten. Fer­di­nand, der zu ei­nem Fi­ga­ro­le­ben ver­ur­teilt war, wur­de zu­erst Rei­sen­der, dann An­ge­stell­ter in ei­ner Par­fü­me­rie in Pa­ris, wo­hin er zu­rück­ge­kehrt war, nach­dem er Frank­reich durch­reist, die Welt ken­nen­ge­lernt und bei sich be­schlos­sen hat­te, um je­den Preis sein Glück zu ma­chen. Im Jah­re 1813 hielt er es für er­for­der­lich, sein Al­ter fest­stel­len zu las­sen und sich einen Zi­vil­stand zu schaf­fen, und be­an­trag­te beim Ge­richt von les An­de­lys, daß sei­ne Tauf­be­schei­ni­gung aus dem Kir­chen­re­gis­ter in das der Bür­ger­meis­te­rei zu über­tra­gen sei, und dort er­reich­te er, daß man ihn un­ter dem Na­men du Til­let ein­trug, un­ter dem er be­kannt ge­wor­den war, weil man ihn ja in die­ser Ge­mein­de aus­ge­setzt hat­te. Ohne Va­ter und Mut­ter, ohne an­dern Vor­mund als die kai­ser­li­che amt­li­che Vor­mund­schaft, al­lein in der Welt ste­hend, nie­man­dem Re­chen­schaft schul­dig, ging er ge­gen die Ge­sell­schaft, die ihn so stief­müt­ter­lich be­han­del­te, ohne Scho­nung vor; er ließ sich nur von sei­nem In­ter­es­se lei­ten, und um zu Ver­mö­gen zu ge­lan­gen, wa­ren ihm alle Mit­tel recht. Die­ser Nor­man­ne von ge­fähr­li­cher Be­ga­bung ver­band mit sei­nem Dran­ge, in die Höhe zu kom­men, die ab­sto­ßen­den Feh­ler, die man mit Recht oder Un­recht den Be­woh­nern sei­ner Hei­mat zu­schreibt. Hin­ter süß­li­chen Ma­nie­ren ver­barg sich ein rän­ke­süch­ti­ger Geist, denn er war der rück­sichts­lo­ses­te Pro­zes­sie­rer; so frech er nach dem Gut sei­nes Nächs­ten streb­te, so we­nig ließ er et­was von dem sei­ni­gen fah­ren; sei­ne Geg­ner er­mü­de­te er durch ge­dul­di­ges Ab­war­ten und durch eine un­beug­sa­me Wil­lens­kraft. Sei­ne wert­volls­te Fä­hig­keit war die der Sca­pins in der al­ten Ko­mö­die: er be­saß die­sel­be Frucht­bar­keit im Er­sin­nen von Aus­hilfs­mit­teln, die­sel­be Ge­schick­lich­keit, am Un­recht vor­bei­zu­strei­fen, die glei­che Gier, sich das an­zu­eig­nen, was man gern ha­ben und be­hal­ten möch­te. Schließ­lich glaub­te er, auf sei­ne Be­dürf­nis­se das­sel­be Wort an­wen­den zu dür­fen, das der Abbé Ter­ray im Na­men des Staats ge­brauch­te: es ge­nügt, wenn man spä­ter ein an­stän­di­ger Mensch wird. Aus­ge­stat­tet mit ei­nem lei­den­schaft­li­chen Tä­tig­keits­dran­ge, be­reit, mit sol­da­ti­scher Uner­schro­cken­heit von je­der­mann eine gute oder schlech­te Hand­lung zu for­dern, wo­bei er sei­ne For­de­rung schon durch sein per­sön­li­ches In­ter­es­se dar­an für ge­recht­fer­tigt an­sah, ver­ach­te­te er die Men­schen, die er alle für be­stech­lich hielt, zu sehr, war er zu we­nig zart­füh­lend in der Wahl sei­ner Mit­tel, von de­nen ihm je­des recht war, trach­te­te er zu hef­tig nach dem Gel­de, des­sen Be­sitz nach sei­ner Mei­nung von al­len mo­ra­li­schen Sün­den ab­sol­vier­te – als daß ihm nicht frü­her oder spä­ter der Er­folg si­cher ge­we­sen wäre. Ein sol­cher Mann, zwi­schen den Ba­gno und die Mil­lio­nen ge­stellt, muß­te not­wen­di­ger­wei­se rach­süch­tig, ei­gen­wil­lig, schnell in sei­nen Ent­schlüs­sen, aber hin­ter­häl­tig wie ein Crom­well sein, der der Recht­lich­keit den Kopf ab­schla­gen woll­te. Sei­ne Uner­gründ­lich­keit

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