Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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Haars be­steht. Da­rauf be­ruht al­les, Po­pi­not. Mei­ne Er­fin­dung wirst du ken­nen ler­nen, und es han­delt sich nur noch dar­um, sie klug aus­zu­beu­ten. Be­vor du zu Li­ving­ston gehst, mußt du dich üb­ri­gens noch zu Pie­ri Bérard be­ge­ben. Die Unei­gen­nüt­zig­keit des Herrn Vau­que­lin ist ei­ner der großen Schmer­zen mei­nes Le­bens, mein Kind: er will durch­aus nichts von mir an­neh­men. Glück­li­cher­wei­se habe ich von Chif­fre­ville er­fah­ren, daß er eine hei­li­ge Jung­frau der Dres­de­ner Gal­le­rie, und zwar den Stich ei­nes ge­wis­sen Mül­ler, gern ha­ben möch­te, und nach zwei­jäh­ri­ger Kor­re­spon­denz mit Deutsch­land hat Bérard end­lich ein Exem­plar auf­ge­trie­ben, ein Avant la lettre auf chi­ne­si­schem Pa­pier; es kos­tet fünf­zehn­hun­dert Fran­ken, mein Jun­ge. Das soll un­ser Wohl­tä­ter heu­te in sei­nem Vor­zim­mer, wenn er uns hin­aus­be­glei­tet, vor­fin­den; über­zeu­ge dich auch, daß es ge­rahmt ist. Wir, mei­ne Frau und ich, wer­den auf die­se Wei­se in sei­ner Erin­ne­rung blei­ben; was die Dank­bar­keit an­langt, so be­ten wir seit sech­zehn Jah­ren täg­lich für ihn zum lie­ben Gott. Ich selbst, ich wer­de sei­ner nie­mals ver­ges­sen; aber die­se in die Wis­sen­schaft ver­gra­be­nen Ge­lehr­ten, Po­pi­not, ver­ges­sen al­les, ihre Frau­en, ihre Freun­de und die ih­nen zu Dank Ver­pflich­te­ten. Wir, mit un­se­rer schwa­chen In­tel­li­genz, wir kön­nen we­nigs­tens ein war­mes Herz ha­ben. Aber die­se Her­ren von der Aka­de­mie, bei de­nen ist al­les Ge­hirn, du wirst dich da­von über­zeu­gen; in der Kir­che sind sie nie­mals zu tref­fen. Herr Vau­que­lin ist be­stän­dig in sei­nem Ar­beits­zim­mer oder in sei­nem La­bo­ra­to­ri­um, ich hof­fe, daß er bei sei­nen Ana­ly­sen we­nigs­tens an Gott denkt. Also das ist ab­ge­macht, ich gebe dir das Geld, du be­kommst das Re­zept mei­ner Er­fin­dung und ich bin zur Hälf­te be­tei­ligt, ei­nes Ver­tra­ges be­darf es zwi­schen uns nicht. Und nun wol­len wir auf den Er­folg hof­fen! Wir wer­den uns­re Flö­ten schon stim­men. Also lauf, mein Jun­ge, ich gehe jetzt ins Ge­schäft. Hör mal, Po­pi­not, ich gebe in drei Wo­chen einen großen Ball, laß dir einen Frack ma­chen, da­mit du schon als selb­stän­di­ger Kauf­mann auf­tre­ten kannst …«

      Die­ser Zug von Güte rühr­te Po­pi­not der­art, daß er die di­cke Hand Cäsars er­griff und sie küß­te. Der gute Mann hat­te den Lie­ben­den durch die­se Äu­ße­rung glück­lich ge­macht, und Ver­lieb­te sind zu al­lem fä­hig.

      »Ar­mer Kerl,« sag­te Bi­rot­teau, als er ihn quer durch den Tui­le­ri­en­gar­ten we­gei­len sah, »wenn ihn Cäsa­ri­ne viel­leicht doch lieb hat­te? Aber er hin­kt doch und hat rote Haa­re, und die jun­gen Mäd­chen sind doch so emp­find­lich; nein, ich glau­be nicht, daß Cäsa­ri­ne … Und dann die Mut­ter, die sie an einen No­tar ver­hei­ra­ten will. Alex­an­der Crot­tat wür­de sie zu ei­ner rei­chen Frau ma­chen, und Reich­tum macht al­les er­träg­lich, dem Elend aber hält kein Lie­bes­glück stand. Na, ich bin ja ent­schlos­sen, mei­ne Toch­ter selbst über ihre Hand ver­fü­gen zu las­sen, wenn sie nicht ge­ra­de eine un­sin­ni­ge Sa­che will.«

      Bi­rot­te­aus Nach­bar war ein klei­ner Kauf­mann, der mit Re­gen­schir­men, Son­nen­schir­men und Stö­cken han­del­te; er hieß Cay­ron, stamm­te aus dem Langue­doc, mach­te schlech­te Ge­schäf­te und hat­te sich schon mehr­mals von Bi­rot­teau hel­fen las­sen. Es war ihm sehr lieb, sei­nen La­den ver­klei­nern und dem rei­chen Par­füm­händ­ler die bei­den Zim­mer im ers­ten Stock ab­tre­ten und sei­nen Miet­zins ent­spre­chend ver­rin­gern zu kön­nen.

      »Also, lie­ber Nach­bar«, sag­te Bi­rot­teau in fa­mi­li­ärem Tone, als er bei dem Schirm­händ­ler ein­trat, »mei­ne Frau ist mit der Ver­grö­ße­rung un­se­res Ge­schäfts­lo­kals ein­ver­stan­den! Wenn Sie wol­len, kön­nen wir um elf Uhr zu Herrn Mo­li­neux ge­hen.«

      »Mein ver­ehr­ter Herr Bi­rot­teau«, er­wi­der­te der Schirm­händ­ler, »ich habe bis­her nichts von Ih­nen für die­se Ab­tre­tung be­an­sprucht, aber Sie wis­sen ja, ein gu­ter Kauf­mann muß aus al­lem Geld schla­gen.«

      »Oho,« ant­wor­te­te der Par­füm­händ­ler, »ich bin nicht so reich, wie Sie den­ken. Ich weiß auch noch nicht, ob mein Archi­tekt, den ich er­war­te, die Sa­che für durch­führ­bar hal­ten wird. Be­vor wir uns dazu ent­schlie­ßen, hat er mir ge­sagt, müs­sen wir uns erst über­zeu­gen, daß die Fuß­bö­den das glei­che Ni­veau ha­ben. Dann muß Herr Mo­li­neux zu­stim­men, daß wir die Mau­er durch­bre­chen; ist es eine Grenz­mau­er? End­lich muß ich bei mir die Trep­pe ver­schie­ben, da­mit der Trep­pen­ab­satz fort­kommt und eine Zim­mer­flucht her­ge­stellt wird. Das al­les wird sehr viel Geld kos­ten, und ich will mich doch nicht rui­nie­ren.«

      »Ach, Herr Bi­rot­teau,« sag­te der Süd­fran­zo­se, »ehe Sie rui­niert sind, muß die Son­ne mit der Erde Kin­der ge­kriegt ha­ben.«

      Bi­rot­teau strei­chel­te sein Kinn, hob sich auf die Fuß­spit­zen und ließ sich dann auf die Ha­cken zu­rück­fal­len.

      »Üb­ri­gens«, be­gann Cay­ron wie­der, »ver­lan­ge ich ja nichts an­de­res, als daß Sie mir die­se Pa­pie­re hier ab­neh­men sol­len …«

      Und er prä­sen­tier­te ihm ein klei­nes Pa­ket, das aus sech­zehn Wech­seln über zu­sam­men fünf­tau­send Fran­ken be­stand.

      »Ach so«, sag­te der Par­füm­händ­ler, »Klein­zeug, zwei Mo­na­te, drei Mo­na­te …«

      »Neh­men Sie sie we­nigs­tens zu sechs Pro­zent«, sag­te der Händ­ler in de­mü­ti­gem Tone.

      »Bin ich etwa ein Wu­che­rer?« er­wi­der­te Bi­rot­teau vor­wurfs­voll.

      »Mein Gott, lie­ber Herr, ich war schon bei Ihrem frü­he­ren Kom­mis du Til­let; er woll­te sie um kei­nen Preis neh­men, wahr­schein­lich woll­te er her­aus­be­kom­men, wie­viel ich von dem Be­tra­ge ab­las­sen wür­de.«

      »Die Na­men hier sind mir ganz un­be­kannt«, sag­te der Par­füm­händ­ler.

      »Ach, wir ha­ben beim Schirm- und Stock­han­del so merk­wür­di­ge Na­men, das sind Kol­por­teu­re!«

      »Nun, ich wer­de zwar nicht alle neh­men, aber mit den kurz­fris­ti­gen wird es sich ma­chen las­sen.«

      »Ach, las­sen Sie mich doch nicht we­gen der tau­send Fran­ken mit vier Mo­nat Sicht hin­ter den Blut­sau­gern her­lau­fen, die uns das Letz­te von un­serm Nut­zen weg­neh­men, neh­men Sie doch alle, lie­ber Herr Bi­rot­teau. Ich kann so we­nig dis­kon­tie­ren, ich habe kei­nen Kre­dit, das rui­niert uns Klein­händ­ler.«

      »Also gut, ich neh­me sie, Cöles­tin wird die Abrech­nung ma­chen. Also auf elf Uhr, hal­ten Sie sich be­reit. Da kommt ja mein Archi­tekt, Herr Grin­dot«, füg­te der Par­füm­händ­ler hin­zu, als er den jun­gen Mann er­schei­nen sah, mit dem er sich am Abend vor­her bei Herrn von Bil­lar­diè­re ver­ab­re­det hat­te. »Sie sind, ge­gen die Ge­wohn­heit ge­nia­ler Men­schen, pünkt­lich, Herr Grin­dot«, sag­te Cäsar zu ihm, in­dem er sei­ne höchs­te kauf­män­ni­sche Lie­bens­wür­dig­keit ent­fal­te­te. »Wenn die Pünkt­lich­keit, nach dem Wor­te je­nes Kö­nigs, der ein eben­so geist­vol­ler Mann wie ein großer Po­li­ti­ker war, die Höf­lich­keit

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