Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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wer­den, wenn die von du Til­let lan­cier­ten Ge­schäf­te ein Fal­lis­se­ment nö­tig ma­chen soll­ten, und Cla­paron wuß­te das auch. Aber für einen ar­men Teu­fel, der me­lan­cho­lisch auf den Bou­le­vards mit ei­nem Ver­mö­gen von vier­zig Sous in der Ta­sche her­um­lief, als sein frü­he­rer Ka­me­rad du Til­let ihm be­geg­ne­te, wa­ren die klei­nen Ge­winnan­tei­le, die für ihn bei je­dem Ge­schäft ab­fie­len, ein El­do­ra­do. Da­her lie­ßen sei­ne Freund­schaft und sei­ne Er­ge­ben­heit für du Til­let, noch ver­stärkt durch ein un­will­kür­li­ches Dank­bar­keits­ge­fühl und er­höht durch den Zwang der Be­dürf­nis­se, die ein lie­der­li­ches, un­or­dent­li­ches Le­ben mit sich brach­te, ihn zu al­lem »Ja und Amen« sa­gen. Da er au­ßer­dem sah, daß sei­ne ver­kauf­te Ehre mit größ­ter Vor­sicht aufs Spiel ge­setzt wur­de, emp­fand er schließ­lich für sei­nen frü­he­ren Ka­me­ra­den ein Ge­fühl der An­häng­lich­keit, wie ein Hund für sei­nen Herrn. Cla­paron war zwar ein sehr häß­li­cher Pu­del, aber im­mer be­reit, den Cur­ti­uss­prung zu tun. Bei der jetzt ein­ge­fä­del­ten Kom­bi­na­ti­on soll­te er die eine Hälf­te der Ter­rains­käu­fer re­prä­sen­tie­ren, de­ren an­de­re Cäsar Bi­rot­teau dar­stell­te. Die Wer­te, die Cla­paron von Bi­rot­teau er­hielt, soll­ten dann von ei­nem der Wu­che­rer, des­sen Na­men du Til­let vor­schie­ben konn­te, es­komp­tiert wer­den, um Bi­rot­teau in den Ab­grund ei­nes Fal­lis­se­ments zu stür­zen, wenn Bo­guin mit des­sen Gel­de ge­flo­hen war. Die Kon­kur­s­syn­di­ci wür­den dann nach den Di­rek­ti­ven du Til­lets han­deln, der als Be­sit­zer der Ta­ler, die der Par­füm­händ­ler her­ge­ge­ben hat­te, und als Gläu­bi­ger un­ter ver­schie­de­nen Na­men die Ter­rains zur Ver­stei­ge­rung brin­gen und sie für die Hälf­te des Wer­tes wür­de er­wer­ben kön­nen, in­dem er sie mit dem von Ro­guin her­ge­ge­be­nen Gel­de und der Di­vi­den­de des Kon­kur­ses be­zahl­te. Der No­tar ging auf die­sen Plan ein, weil er auf einen reich­li­chen An­teil an der dem Par­füm­händ­ler und sei­nen Mi­t­in­ter­es­sen­ten ab­ge­jag­ten Beu­te rech­nen zu kön­nen glaub­te; aber der Mann, des­sen Be­lie­ben er sich aus­ge­lie­fert hat­te, muß­te sich na­tür­lich den Lö­wen­an­teil si­chern und tat das auch. Ro­guin, der du Til­let vor kei­nem Ge­richt ver­kla­gen konn­te, war schließ­lich glück­lich, daß ihm all­mo­nat­lich ein Kno­chen zum Ab­na­gen in ei­nem ver­bor­ge­nen Orte in der Schweiz hin­ge­wor­fen wur­de, wo er sich mit Frau­en­zim­mern zu her­ab­ge­setz­ten Prei­sen be­gnüg­te. Die Ver­hält­nis­se und nicht etwa ein über eine Int­ri­ge grü­beln­der Tra­gö­di­en­dich­ter hat­ten die­sen ab­scheu­li­chen Plan ent­ste­hen las­sen. Haß ohne das Ver­lan­gen nach Ra­che ist wie ein Saat­korn auf Gra­nit; aber die Ra­che, die du Til­let Cäsar ge­lobt hat­te, ent­sprach ei­ner Re­gung der Men­schen­na­tur, oder man müß­te den ewi­gen Kampf der ge­fal­le­nen En­gel mit den En­geln des Lich­tes leug­nen. Du Til­let konn­te nicht ohne große Unan­nehm­lich­kei­ten den ein­zi­gen Men­schen in Pa­ris, der sei­nen Haus­dieb­stahl kann­te, er­mor­den; aber er konn­te ihn in den Kot hin­ab­sto­ßen und ihn so tief er­nied­ri­gen, daß sein Zeug­nis wert­los wur­de. Lan­ge Zeit hat­te die Ra­che in sei­nem Her­zen ge­keimt, ohne auf­blü­hen zu kön­nen, denn auch der stärks­te Has­ser hat in Pa­ris we­nig Ge­le­gen­heit, Plä­ne zu schmie­den; das Le­ben ist hier zu has­tig und zu be­wegt, es gibt hier zu vie­le un­ver­mu­te­te Zwi­schen­fäl­le; aber wenn auch das stän­di­ge Auf und Ab kei­ne lan­g­aus­schau­en­de Vor­be­rei­tung ge­stat­tet, so ist es doch sehr ge­eig­net, einen tief im Her­zen ver­steck­ten Ge­dan­ken die flüch­ti­gen Chan­cen er­spä­hen zu las­sen. Als Ro­guin du Til­let sein Herz aus­ge­schüt­tet hat­te, sah der Kom­mis hier­bei von fer­ne die Mög­lich­keit, Cäsar zu ver­der­ben, und er hat­te sich dar­in nicht ge­täuscht. Da dem No­tar be­vor­stand, sein Idol ver­las­sen zu müs­sen, woll­te er sich noch an dem Rest des Lie­bes­tran­kes in dem zer­bro­che­nen Be­cher er­la­ben; er be­gab sich alle Tage nach den Champs-Elysées und kehr­te erst am frü­hen Mor­gen heim. Die miß­traui­sche Frau Bi­rot­teau hat­te also recht ge­habt. So­bald ein Mensch sich ent­schlos­sen hat, eine Rol­le zu spie­len, wie du Til­let sie Ro­guin über­tra­gen hat­te, zeigt sich bei ihm die Be­ga­bung ei­nes großen Schau­spie­lers, die Scharf­sich­tig­keit ei­nes Luch­ses, das Ah­nungs­ver­mö­gen ei­nes Hell­se­hers und die Fä­hig­keit, sein Op­fer zu ma­gne­ti­sie­ren; so hat­te der No­tar Bi­rot­teau längst be­merkt, be­vor die­ser ihn ge­se­hen hat­te, und als der Par­füm­händ­ler ihn er­blick­te, streck­te er ihm schon von wei­tem die Hand ent­ge­gen.

      »Ich habe eben das Te­sta­ment ei­ner ho­hen Per­sön­lich­keit auf­ge­nom­men, die kei­ne acht Tage mehr zu le­ben hat,« sag­te er mit dem un­be­fan­gens­ten Tone der Welt; »aber man hat mich wie einen Dor­f­arzt be­han­delt; ho­len lie­ßen sie mich im Wa­gen und jetzt muß ich zu Fuß heim­keh­ren.« Die­se Wor­te zer­streu­ten die leich­te Wol­ke von Miß­trau­en, die die Stirn des Par­füm­händ­lers ver­dun­kelt und die Ro­guin be­merkt hat­te; der No­tar hü­te­te sich auch, zu­erst von der Ter­rain­an­ge­le­gen­heit zu re­den, bis er sei­nem Op­fer den ent­schei­den­den Schlag ver­set­zen konn­te.

      »Nach Te­sta­men­ten und Hei­rats­kon­trak­ten«, sag­te Bi­rot­teau, »muß auch das ge­wöhn­li­che Le­ben wie­der in sei­ne Rech­te tre­ten. Das bringt mich auf die Fra­ge: wann ma­chen wir Hoch­zeit mit der Ma­de­lei­ne; he, Papa Ro­guin?« füg­te er hin­zu und klopf­te ihn auf den Bauch.

      Die scham­haf­tes­ten Bour­geois ha­ben, wenn sie ohne Frau­en zu­sam­men sind, das Be­stre­ben, als Spaß­vö­gel zu er­schei­nen.

      »Wenn das nicht heu­te ge­schieht,« er­wi­der­te der No­tar mit di­plo­ma­ti­schem Ge­sichts­aus­druck, »dann wird es nie­mals wer­den. Wir fürch­ten, daß die Sa­che ruch­bar wird, und ich wer­de schon von zwei mei­ner reichs­ten Kli­en­ten leb­haft be­drängt, die sich auf die­se Spe­ku­la­ti­on ein­las­sen wol­len. Es muß also jetzt ja oder nein hei­ßen. Gleich nach zwölf Uhr neh­me ich den Akt auf, Sie ha­ben nur bis ein Uhr Zeit, sich zu be­tei­li­gen. Adieu. Ich bin ge­ra­de im Be­griff, den Ent­wurf durch­zu­se­hen, den Xan­d­rot mir die­se Nacht hat aus­ar­bei­ten müs­sen.«

      »Nun, dann also ab­ge­macht, Sie ha­ben mein Wort«, sag­te Bi­rot­teau, der hin­ter dem No­tar her­ge­lau­fen war und ihm sei­nen Hand­schlag ge­ge­ben hat­te. »Neh­men Sie die hun­dert­tau­send Fran­ken, die für die Mit­gift mei­ner Toch­ter be­stimmt wa­ren.«

      »Schön«, sag­te Ro­guin und ent­fern­te sich.

      Wäh­rend der kur­z­en Zeit, die Bi­rot­teau brauch­te, um zu dem klei­nen Po­pi­not zu­rück­zu­kom­men, emp­fand er ein hef­ti­ges Bren­nen in den Ein­ge­wei­den, sein Zwerch­fell zog sich zu­sam­men und er hat­te Klin­gen in den Ohren.

      »Was ist Ih­nen denn, Herr Bi­rot­teau?« frag­te der Kom­mis, als er das blei­che Ge­sicht sei­nes Prin­zi­pals sah.

      »Ach, mein Jun­ge, ich habe eben mit ei­nem ein­zi­gen Wor­te ein großes Ge­schäft ab­ge­schlos­sen, und in sol­chem Fal­le ist nie­mand Herr über sei­ne Er­re­gung. Im üb­ri­gen bist du ja kein Frem­der für mich. Des­halb bin ich auch mit dir hier­her ge­gan­gen, wo uns nie­mand hö­ren kann, um un­ge­niert mit dir re­den zu kön­nen. Dei­ne Tan­te be­fin­det sich in Ver­le­gen­heit, wo­bei hat sie denn ihr

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