Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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zu; aber da­mit nicht zu­frie­den, be­saß er die Frech­heit, bei den Bör­sen­spe­ku­la­tio­nen, die er für sie mach­te, sich mit ei­nem Ge­gen­spie­ler zu ver­stän­di­gen, der ihm den Be­trag even­tu­el­ler Ver­lus­te er­setz­te, denn er spe­ku­lier­te so­wohl für sei­ne Kli­en­ten wie für sich sel­ber. So­bald er fünf­zig­tau­send Fran­ken be­saß, war er fest über­zeugt, daß er ein großes Ver­mö­gen er­wer­ben wür­de; mit dem ihm ei­ge­nen Raub­vo­gelblick be­ob­ach­te­te er die da­ma­li­gen po­li­ti­schen Pha­sen; er spe­ku­lier­te als Bais­sier wäh­rend des fran­zö­si­schen Feld­zu­ges und ging in die Haus­se, als die Bour­bo­nen zu­rück­kehr­ten. Zwei Mo­na­te nach der Rück­kehr Lud­wigs XVIII. be­saß Frau Ro­guin ein Ver­mö­gen von zwei­hun­dert­tau­send Fran­ken und du Til­let hun­dert­tau­send Ta­ler. Der No­tar, dem die­ser jun­ge Mann als Ret­tungs­en­gel er­schi­en, hat­te sei­ne Geld­ver­hält­nis­se wie­der ins Gleich­ge­wicht ge­bracht. Aber die schö­ne Hol­län­de­rin mach­te al­les wie­der zu­nich­te; sie ward die Beu­te ei­nes ab­scheu­li­chen fres­sen­den Ge­schwürs, ei­nes ehe­ma­li­gen Pa­gen des Kai­sers, na­mens Ma­xi­me de Trail­les. Den rich­ti­gen Mäd­chen­na­men die­ser Frau er­fuhr du Til­let, als er ein­mal einen No­ta­ri­ats­akt für sie auf­nahm. Sie hieß Sa­rah Gob­seck. Über­rascht, daß die­ser Name mit dem ei­nes Wu­che­rers, von dem er hat­te re­den hö­ren, über­ein­stimm­te, be­gab er sich zu dem al­ten Wech­sel­schie­ber, dem Schutz­en­gel der Fa­mi­li­ensöh­ne, um fest­zu­stel­len, wel­chen Kre­dit sei­ne Ver­wand­te bei ihm be­sä­ße. Die­ser Bru­tus der Wu­che­rer zeig­te sich zwar sei­ner Nich­te ge­gen­über un­ver­söhn­lich, aber du Til­let ver­stand es, sein Ge­fal­len zu er­re­gen, in­dem er sich als Sa­rahs Ban­kier aus­gab, der für sie Gel­der nutz­brin­gend an­le­gen wol­le. Die Cha­rak­tere des Nor­man­nen und des Wu­che­rers paß­ten zu­ein­an­der. Gob­seck brauch­te da­mals ge­ra­de einen ge­wand­ten jun­gen Men­schen, der eine klei­ne Gel­d­ope­ra­ti­on im Aus­lan­de für ihn über­wa­chen soll­te.

      Ein Au­di­teur des Staats­rats, der durch die Rück­kehr der Bour­bo­nen über­rascht wor­den war, hat­te, um dem Hof einen Dienst zu er­wei­sen, die Idee ge­habt, nach Deutsch­land zu ge­hen und dort die Ur­kun­den der von den Prin­zen wäh­rend der Emi­gra­ti­ons­zeit kon­tra­hier­ten Schuld­ver­pflich­tun­gen auf­zu­kau­fen. Den Ge­winn aus die­sem Ge­schäft, das für ihn eine rein po­li­ti­sche An­ge­le­gen­heit war, woll­te er de­nen über­las­sen, die ihm die hier­zu nö­ti­gen Gel­der vor­stre­cken wür­den. Der Wu­che­rer woll­te die­se Be­trä­ge nur ge­gen die ein­zel­nen zu­rück­ge­kauf­ten Schuld­for­de­run­gen und nach de­ren Prü­fung durch einen ge­ris­se­nen Ver­tre­ter her­ge­ben. Ver­trau­en schen­ken die Wu­che­rer nie­man­dem, sie wol­len si­che­re Un­ter­la­gen ha­ben; bei ih­nen rich­tet sich al­les nach der Ge­le­gen­heit; ei­sig, wenn sie kei­nen nö­tig ha­ben, wer­den sie lie­bens­wür­dig und ent­ge­gen­kom­mend, wenn sie ih­ren Vor­teil da­bei fin­den. Du Til­let war be­kannt, wel­che un­ge­heu­re Rol­le heim­lich am Pa­ri­ser Plat­ze die Wer­brust und Gi­gon­net als Wech­se­l­agen­ten des Han­dels der Rue Saint-De­nis und der Rue Saint-Mar­tin und Pal­ma als Ban­kier des Fau­bourg Pois­son­niè­re spiel­ten, die fast im­mer mit Gob­seck zu­sam­men­ar­bei­te­ten. Er ließ sich nun, ge­gen Stel­lung ei­ner Kau­ti­on in bar, eine Pro­vi­si­on von die­sen Her­ren zu­si­chern, in­dem er sie bat, das Geld, das er ih­nen zur Ver­fü­gung stel­len wür­de, in ih­ren Ge­schäfts­un­ter­neh­mun­gen mit­ar­bei­ten zu las­sen; so ver­schaff­te er sich einen fes­ten Stütz­punkt. Dann be­glei­te­te er Herrn Cle­mens Char­din des Lu­peaulx auf sei­ner Rei­se nach Deutsch­land, die sich über die hun­dert Tage aus­dehn­te, und kehr­te bei der zwei­ten Re­stau­ra­ti­on zu­rück, wo­bei er mehr die Grund­la­gen für sein Ver­mö­gen als das Ver­mö­gen selbst ver­bes­sert hat­te. Er hat­te einen Ein­blick in die Ge­heim­nis­se der ge­schick­tes­ten Rech­ner von Pa­ris er­langt und hat­te sich die Freund­schaft des Man­nes, für den er die Über­wa­chung aus­ge­übt hat­te, er­wor­ben, denn die­ser ge­ris­se­ne Geld­mann hat­te ihm die Trieb­fe­dern und die Ju­rispru­denz der ho­hen Po­li­tik klar­ge­legt. Du Til­let war ein Kopf, der jede An­spie­lung ver­stand, und er bil­de­te sei­ne Fä­hig­kei­ten wäh­rend die­ser Rei­se noch wei­ter aus. Bei sei­ner Rück­kehr fand er, daß Frau Ro­guin ihm treu ge­blie­ben war. Was den ar­men No­tar an­langt, so er­war­te­te er Fer­di­nand mit eben­sol­cher Un­ge­duld wie sei­ne Frau; die schö­ne Hol­län­de­rin hat­te ihn von neu­em rui­niert. Du Til­let frag­te die­se dar­über aus und konn­te un­ter ih­ren Aus­ga­ben kei­ne fin­den, die der ver­schwen­de­ten Sum­me ent­sprach. Da ent­deck­te er das Ge­heim­nis, das Sa­rah Gob­seck ihm sorg­fäl­tig ver­schwie­gen hat­te, ihre wahn­sin­ni­ge Lei­den­schaft für Ma­xi­me de Trail­les, des­sen De­büt in sei­ner Kar­rie­re des Las­ters und der Aus­schwei­fung schon zeig­te, was er für ein We­sen war: ei­ner je­ner po­li­ti­schen Tau­ge­nicht­se, die jede gute Re­gie­rung braucht, und ein Mensch, der in­fol­ge sei­ner Spiel­wut un­er­sätt­lich ist. Als er die­se Ent­de­ckung mach­te, ver­stand du Til­let, wes­halb Gob­seck für sei­ne Nich­te un­zu­gäng­lich war. Un­ter die­sen Um­stän­den riet der Ban­kier du Til­let – denn er wur­de nun Ban­kier – Ro­guin ein­dring­lich, sich »eine Bir­ne für den Durst« auf­zu­be­wah­ren, in­dem er sei­ne reichs­ten Kli­en­ten in ein Ge­schäft hin­ein­ver­wi­ckel­te, bei dem er eine hohe Sum­me für sich bei­sei­te brin­gen konn­te, wenn er bei er­neu­ten Bank­spe­ku­la­tio­nen fal­lie­ren soll­te. Nach mehr­fa­chen Haus­se- und Bais­se­ge­schäf­ten, aus de­nen al­lein du Til­let und Frau Ro­guin Nut­zen zo­gen, schlug für den No­tar end­lich die Stun­de sei­ner Zah­lungs­un­fä­hig­keit. Aber noch sein To­des­kampf wur­de von sei­nem bes­ten Freun­de aus­ge­beu­tet. Das Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäft mit den Ter­rains um die Ma­de­lei­ne­kir­che hat­te du Til­let aus­ge­heckt. Na­tür­lich wur­den die hun­dert­tau­send Fran­ken, die Bi­rot­teau Ro­guin über­ge­ben hat­te, da­mit er sie an­le­ge, du Til­let zu­ge­stellt, der, um den Par­füm­händ­ler zu ver­der­ben, Ro­guin be­greif­lich mach­te, daß er we­ni­ger Ge­fahr lie­fe, wenn er sei­ne in­tims­ten Freun­de in sei­ne Net­ze ver­strick­te. »Ein Freund«, sag­te er, »legt sich auch noch im Zor­ne Mä­ßi­gung auf.«

      We­ni­ge ha­ben heu­te eine Ah­nung, wie ge­ring in je­ner Zeit ein Qua­drat­me­ter der Ter­rains um die Ma­de­lei­ne­kir­che be­wer­tet wur­de; aber die­se Ter­rains muß­ten not­ge­drun­gen hö­her, als ihr au­gen­blick­li­cher Wert war, wie­der ver­kauft wer­den, weil man ge­nö­tigt war, Bau­lus­ti­ge zu fin­den, die von der güns­ti­gen Ge­le­gen­heit Ge­brauch ma­chen woll­ten; du Til­let woll­te nun eine sol­che Po­si­ti­on da­bei ein­neh­men, daß er den Ge­winn ein­steck­te, ohne den Ver­lus­ten ei­ner Spe­ku­la­ti­on auf lan­ge Sicht aus­ge­setzt zu sein. Mit an­dern Wor­ten: sein Plan ging dar­auf hin­aus, das Ge­schäft selbst tot zu ma­chen, um sich dann den Ka­da­ver zu­schla­gen zu las­sen, den wie­der le­ben­dig zu ma­chen, er sich stark ge­nug fühl­te. Bei sol­chen Ge­le­gen­hei­ten pfleg­ten die Gob­seck, die Pal­ma, Wer­brust und Gi­gon­net Hand in Hand zu ar­bei­ten; du Til­let war mit ih­nen noch nicht in ge­nü­gend in­ti­men Be­zie­hun­gen, um sie mit zur Hil­fe her­an­zu­zie­hen; er wünsch­te auch bei der gan­zen An­ge­le­gen­heit sei­ne lei­ten­de Hand so ver­steckt zu hal­ten, daß er den Nut­zen aus dem Be­tru­ge ein­ste­cken konn­te, ohne daß ein schmach­vol­les Licht auf ihn fiel; er sah sich

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